Olaf Scholz macht SPD-Wahlkampf auf dem Marienplatz in München: Buhrufe für den Bundeskanzler
München - Als um 17 Uhr das Glockenspiel am Rathaus erklingt, ist vorübergehend Ruhe. Die Kakofonie aus Zwischenrufen und Trillerpfeifen-Getöse verstummt – was allerdings auch daran liegt, dass auf der Bühne, die Bayerns Sozialdemokraten auf dem Marienplatz aufgebaut haben, gerade keiner spricht, den man dabei stören könnte.
Das ändert sich, als Bundeskanzler Olaf Scholz ans Mikrofon tritt. Da wird es wieder laut im Herzen der Stadt. Rund 3000 Menschen sind gekommen, um den Regierungschef beim Wahlkampfauftakt der Bayern-SPD am Freitag zu sehen. Unter ihnen sind auch einige Gegendemonstranten. Sie tragen Schilder mit Aufschriften wie "Klimalüge, Klimadiktatur – bitte entsorgen", "Grüne Ampel-Politik – nein danke!" oder "Rentenkasse statt Kriegskasse". Manche stehen der AfD nahe, manche dem Querdenker-Milieu und andere sind einfach unzufrieden.

Wahlkampf-Auftritt auf dem Marienplatz in München: Olaf Scholz kämpft gegen den Krach
Doch Scholz lässt sich von dem Krach nicht beirren, auch wenn er derart gegen den Lärm anschreien muss, dass ihm manchmal die Stimme bricht. Der Kanzler hält eine durchaus kämpferische Rede, für die ihn viele der Anwesenden feiern, und die er mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine beginnt.
Es sei richtig, dass Deutschland und viele andere Staaten ein Land gegen einen imperialistischen Angriff unterstützten. "Dazu gehört auch, dass wir Waffen liefern", ruft Scholz – und erhält donnernden Applaus. "Wir haben das jedes Mal sorgfältig überlegt und werden das auch weiterhin tun", verspricht er, während im Publikum einige Plakate mit der Forderung nach der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern hochhalten. Zudem werde die Regierung alles unternehmen, "dass es nicht zu einer Eskalation zwischen Russland und der Nato kommt".

"Verlogenste Regierung": SPD-Wahlkampf in München unter erschwerten Bedingungen
An die Adresse der Kriegsgegner – auch sie sind auf dem Marienplatz vertreten – sagt Scholz, dass es nichts mit Friedensliebe zu tun habe, den Ukrainern zu empfehlen, dass sie ihr Land einfach erobern lassen sollten. Wer als Friedenstaube auf dem Platz umherlaufe, sei ein "gefallener Engel aus der Hölle", der dem Kriegstreiber Putin das Wort rede.
Und während jenseits der Absperrung einer mosert, die Ampel sei doch die "verlogenste Regierung überhaupt, nur Deutschlandvernichter und Kriegshetzer", zählt der Kanzler auf der Bühne auf, was das Dreierbündnis bereits erreicht habe: von der Anhebung des Mindestlohns bis hin zum Fachkräftezuwanderungsgesetz und dem "Deutschland-Tempo" beim Bau von LNG-Terminals.
"Herzliche Grüße an die Landesregierung": Hilft der Scholz-Effekt SPD-Kandidat Florian von Brunn?
Außerdem verspricht er, dass es keine Erhöhung des Renteneintrittsalters geben wird, solange die SPD an der Regierung ist: "Nicht mit uns." Zudem garantiere er ein stabiles Rentenniveau auch über 2025 hinaus. "Diese Gesetze sind bereits jetzt in der Mache."
Und weil Scholz ja in München ist, um die bayerische SPD und ihren Spitzenkandidaten Florian von Brunn im Landtagswahlkampf zu unterstützen, darf die eine oder andere Spitze gegen Ministerpräsident Markus Söder (CSU) natürlich nicht fehlen.

"Wenn die großen Stromleitungen aus dem Norden und Osten Deutschlands schon in den Südwesten gebaut wären, hätten wir jetzt schon geringere Strompreise. Mit herzlichen Grüßen an die bayerische Landesregierung!", sagt Scholz. Denn es waren unter anderem der heutige Ministerpräsident und der aktuelle Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) die sich jahrelang gegen den Bau der "Monstertrassen" gewehrt hatten.
"Populisten stehen für eine düstere Zukunft": Olaf Scholz schießt gegen Rechts
In Sachen Kernenergie teilt Scholz ebenfalls in Richtung Staatskanzlei aus: "Wer jetzt ein neues Atomkraftwerk bauen will wie der Atomkraftgegner Söder – der ja einmal gesagt hat, er wolle, dass alle geschlossen werden, sonst müsse er zurücktreten –, der verkennt: Bauzeit 15 Jahre, Kosten 15 bis 20 Milliarden und realisierbar irgendwann Ende der 2030er Jahre mit Strompreisen, die beim Doppelten, bis Dreifachen dessen liegen, was wir mit den Erneuerbaren Energien bezahlen müssen, die wir dann längst flächendeckend ausgebaut haben."
Immer wieder verteidigt der Kanzler die Politik seiner Regierung gegen die Dauer-Kritik von Rechts. "Ja, die rechten Populisten sind schlecht für den Wohlstand. Sie stehen für eine düstere Zukunft und darum haben sie auch immer so viel schlechte Laune. Das ist der Grund", sagt er. Aber die Zukunft sei hell, demokratisch und frei. "Sie besteht aus einem Land, in dem wir unterschiedlich sind, aber gerne zusammenleben."
"Die AfD hat keine Lösung": Scholz und von Brunn wollen ein SPD-Bollwerk gegen Rechtsextremismus
Als vom Rand einmal mehr "Lügner, Lügner, Lügner"-Rufe ertönen, richtet sich Scholz "mit schönen Grüßen an die AfD" und direkt "an die anwesenden Querdenker": "Also Demokratie und Freiheit ist, dass man sagen kann, dass man seine Meinung nicht sagen kann." Vor Scholz hatte sich auch Florian von Brunn mit deutlichen Worten von den rechten Kräften abgegrenzt. "Die AfD besteht aus lupenreinen Rechtsextremisten. Sie haben keine Lösungen. Sie können nur Zerstörung und Spaltung", sagte er.
Mit der AfD könnten Deutschland und Bayern nur verlieren. "Sie sind keine Alternative, sondern: Schande für Deutschland – und Gefahr für unsere Demokratie und unseren Wohlstand!" Die SPD sei ein Bollwerk gegen Rechtsextremismus und stehe zudem für faire Mieten, gute Pflege, kostenfreie Kitas und eine starke Wirtschaft.