Machtpoker um Wiesn-Zelt: Wer wird Schönheitskönig(in)?
München - Ganz egal, ob die Wiesn heuer stattfindet oder auch nicht (wovon bei halbwegs klarem Verstand auszugehen sein dürfte), eine wichtige Oktoberfest-Vergabe wird sich schon in den nächsten Tagen entscheiden: Wer wird Schönheitskönig(in)?
Also neuer Wirt/neue Wirtin des bei Münchnern beliebten Festzeltes Zur Schönheitskönigin (1.800 Plätze) auf der Oidn Wiesn. Denn dieser Posten, der für Gastronomen einem Sechser im Lotto gleicht, ist vakant, seitdem Vor-Wirt Peter Reichert neuer Wirt der Bräurosl (8.400 Plätze) geworden ist – die Vorgänger-Familie Heide hatte sich zurückgezogen.

Ex von Peter Reichert bewirbt sich für die Schönheitskönigin
Seine Frau Gerda Reichert, genannt Gerdi, die aus der Hofbräu-Dynastie stammt und mit der Peter zusammen die Schönheitskönigin geführt hat, hat sich jetzt erstmals allein für dieses Zelt beworben.

Hintergrund: Die Reicherts leben getrennt, die Scheidung läuft und nimmt gerade jetzt, kurz vor der Zeltvergabe, deutlich Fahrt auf, denn ein Paar (wenngleich es auf dem Papier noch verheiratet ist), das auf dem größten Volksfest der Welt zwei verschiedene Zelte führt, das gab's noch nie. Und soll es auch nicht geben – so ein inoffizielles Wiesn-Gesetz.
Lorenz Stiftl ist ein weiterer potenzieller Kandidat
Am 16. Dezember 2020 war die Überraschung groß, als Andreas Steinfatt (Geschäftsführer von Paulaner und Hacker-Pschorr) mit Reichert die Bräurosl-Nachfolge bekanntgab.
Und hier kommt ein weiterer potenzieller Kandidat für die Schönheitskönigin ins Spiel: Lorenz Stiftl. Der bekannte Münchner Wirt (Hackerhaus, Zum Stiftl) hatte sich damals ebenfalls um die Bräurosl beworben – und ging leer aus. Nach AZ-Informationen hat er nun ein Auge auf die Schönheitskönigin geworfen.
Stiftl zur AZ: "Ja, es stimmt, ich habe mich beworben. Einen Tag nach der Absage für die Bräurosl habe ich die Bewerbung losgeschickt. Ich würde mich sehr freuen, wenn es mit der Schönheitskönigin klappt."

Auch diese Wirte interessieren sich fürs Festzelt
Neben Lorenz Stiftl und Gerdi Reichert interessieren sich nach AZ-Informationen noch andere Wirte für das Festzelt auf der Oidn Wiesn, dem Vernehmen nach die Familien Schöniger (Festhalle Bayernland), Fahrenschon (Schausteller und Wirte) und Wickenhäuser (Münchner Stubn). Doch der Machtpoker um die Schönheitskönigin schlägt schon vor der offiziellen Vergabe hohe Wellen.
Jürgen Kirner will mit Gerdi Reichert zusammenarbeiten
Das hat auch mit Jürgen Kirner zu tun, bis dato künstlerischer Leiter der Schönheitskönigin. Der Volkssänger, Kabarettist und Autor, auch bekannt durch die BR-"Brettl-Spitzen", hat sich in einem Brief an mehrere Münchner Stadträte, Referatsleiter und auch an Oberbürgermeister Dieter Reiter deutlich positioniert.
Darin schreibt Kirner: "Wenn das Ehepaar Reichert jeweils eigene Pfade beschreitet, ist das eine private Entscheidung. Meine Entscheidung dazu ist: Ich möchte gerne weiterhin und ausschließlich mit Gerdi Reichert zusammenarbeiten und in bewährter Weise zum Wohle der Schönheitskönigin tätig sein."

Und: "Da es im Vorfeld zur Wiesn 2021 zu dieser Thematik eine ganze Fülle an 'Schachzügen' jedweder Art gab, möchte ich festhalten, dass ich mich von niemanden instrumentalisieren lasse und auch nicht Bestandteil eines Macht- oder individuellen Interessenpokers bin." Hintergrund: Offenbar haben mehrere Bewerber Kirners Unterhaltungskonzept, das in seiner Form auf der Wiesn einzigartig ist, in ihrer Bewerbung aufgeführt.
Lorenz Stiftl verwundert der Vorgang. Er sagt, er habe bereits vor Weihnachten mit Kirner telefoniert und mit ihm besprochen, dass er sehr gern das musikalische Konzept für die Schönheitskönigin übernehmen würde – und somit Kirner als künstlerischen Leiter.
Stiftl: "Wir haben es nach unserem Telefonat schriftlich vereinbart und vertraglich festgehalten, dass Jürgen Kirner - sollte ich den Zuschlag für die Schönheitskönigin bekommen - mit mir an Bord ist."
Kirner will "nicht zum Spielball" werden
Kirner entgegnet, er habe Stiftl in einer Mail geschrieben, er dürfe sich zwar mit ihm bewerben – allein fürs Jahr 2021. Aber Gerdi Reichert sei für ihn als Wirtin erste Wahl: "Meine Präferenz gilt Gerdi, sonst niemandem." Nachdem mehrere Bewerber sein Konzept wohl gern hätten, wolle er "nicht zum Spielball in einem Machtgeplänkel" werden.
Wie dieses Machtgeplänkel ausgeht? Noch offen. Genau wie die Frage, ob und wann die Wiesn wieder stattfindet. Dazu ließ OB Reiter am Dienstag mitteilen: "Die Entscheidung ist noch nicht getroffen. Zum Thema große Volksfeste werde ich mich in Kürze mit dem bayerischen Ministerpräsidenten besprechen, da es ja sinnvoll wäre, die Entscheidung mit Blick auf alle großen bayerischen Volksfeste einheitlich zu treffen. Das Oktoberfest ist das größte Volksfest der Welt, deshalb gilt es natürlich auch, die weltweite Entwicklung der Pandemie zu berücksichtigen."