Keine Barzahlung mehr auf der Wiesn? ÖDP zeigt klare Kante

Die Stadtratsfraktion ÖDP/München-Liste positioniert sich mit ihrem Antrag: Wenn auf dem Oktoberfest zukünftig nur noch Kartenzahlung akzeptiert sei, widerspreche das dem Prinzip der Wahlfreiheit.
Guido Verstegen
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Ruth Frömmer
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Auf Nachfrage der AZ zeigte sich die Riege der Wiesn-Wirte eher ablehnend beim Thema Bargeld abschaffen. Otto Lindinger von Bodo's Cafézelt: "Es gehört zu unserem Geschäftsgebaren als serviceorientierte Dienstleister, dass der Gast entscheidet – nicht nur, was er essen und trinken mag, sondern eben auch, wie er bezahlen möchte." (Symbolbild)
Auf Nachfrage der AZ zeigte sich die Riege der Wiesn-Wirte eher ablehnend beim Thema Bargeld abschaffen. Otto Lindinger von Bodo's Cafézelt: "Es gehört zu unserem Geschäftsgebaren als serviceorientierte Dienstleister, dass der Gast entscheidet – nicht nur, was er essen und trinken mag, sondern eben auch, wie er bezahlen möchte." (Symbolbild) © imago/Monkey Business 2

Die Münchner Stubn führt auf der Wiesn heuer das bargeldlose Bezahlen ein. "Der Erste, der es macht, bekommt das größte Bashing ab", sagte Wirtin Kathrin Wickenhäuser-Egger der AZ. Jetzt fordert die Stadtratsfraktion ÖDP/München-Liste in einem Antrag, dass die Bargeldannahme bei städtisch vergebenen Ständen und Festzelten auf dem Oktoberfest verpflichtend bleibt.

ÖDP-München-Liste fordert: Wahlfreiheit beim Bezahlen sicherstellen 

Die Wahlfreiheit beim Bezahlen dürfe nicht eingeschränkt werden, weil sonst die Teilhabe aller Besucher unabhängig von Alter, Einkommen oder digitaler Ausstattung nicht sichergestellt sei, argumentiert die Fraktion.

Konkret geht es ihr darum, dass bei allen städtisch vergebenen Verkaufs- und Gastronomieständen auf dem Oktoberfest künftig eine Bargeldannahmepflicht vertraglich festgeschrieben wird. Die Verwaltung soll entsprechende Vergaberichtlinien entwickeln, damit diese Regelung bereits ab 2026 umgesetzt wird.  

Alexander Egger und Kathrin Wickenhäuser-Egger sind sich sicher, dass sie mit ihrer Entscheidung mit der Zeit gehen.
Alexander Egger und Kathrin Wickenhäuser-Egger sind sich sicher, dass sie mit ihrer Entscheidung mit der Zeit gehen. © Münchner Stubn

Die Botschaft von Münchner-Stubn-Wirtin Kathrin Wickenhäuser-Egger ist ebenso eindeutig. Sie erklärt den Schritt mit vielen Nachteilen, die die Barzahlung bisher mit sich gebracht habe. Einzahlautomaten, Geldtransporte, Mehraufwand in der Buchhaltung und Probleme mit Falschgeld stünden nicht mehr im Verhältnis.

Wirtin Wickenhäuser-Egger: Es wird immer seltener mit Bargeld bezahlt

Bargeldzahlungen seien in den letzten Jahren massiv zurückgegangen, erklärt die Wirtin. "Bargeldlose Zahlungen haben hingegen drastisch zugenommen." Der Anteil an Kartenzahlungen habe in der Münchner Stubn zuletzt sogar bei rund 80 bis 90 Prozent gelegen, internationale Gäste hätten ohnehin längst kein Bargeld mehr dabei.

Tobias Ruff: "Uns geht es nicht um Nostalgie, sondern um Fairness, Selbstbestimmung und soziale Gerechtigkeit."
Tobias Ruff: "Uns geht es nicht um Nostalgie, sondern um Fairness, Selbstbestimmung und soziale Gerechtigkeit." © Sigi Müller

Wenn komplett auf Kartenzahlung umgestellt und kein Bargeld mehr angenommen werde, führe dies dazu, dass Menschen ohne digitale Zahlungsmittel benachteiligt oder gar ausgeschlossen werden, hält die ÖDP/München-Liste dem entgegen. Bargeld sei das einzige gesetzliche Zahlungsmittel in Deutschland und ein wichtiger Bestandteil von Freiheit, Datenschutz und Selbstbestimmung, begründet die Fraktion ihren Vorstoß.

Tobias Ruff: "Uns geht es um Fairness, Selbstbestimmung und soziale Gerechtigkeit"

"Das Oktoberfest ist für alle da. Wo kämen wir hin, wenn Kinder und Jugendliche mit ihrem Taschengeld keine Karussell-Fahrten oder gebrannte Mandeln kaufen könnten? Oder sich nur derjenige eine Maß im Bierzelt gönnen könnte, der eine Kredit- oder EC-Karte hat?", sagt der Fraktionsvorsitzende Tobias Ruff.

Auch hygienische Bedenken seien unbegründet, so die ÖDP/München-Liste: Die Bundesbank habe mehrfach betont, dass von Bargeld kein erhöhtes Infektionsrisiko ausgehe. Die Verbraucherzentrale rufe Menschen zudem auf, Situationen zu melden, in denen nur mit Karte gezahlt werden kann. (Symbolbild)
Auch hygienische Bedenken seien unbegründet, so die ÖDP/München-Liste: Die Bundesbank habe mehrfach betont, dass von Bargeld kein erhöhtes Infektionsrisiko ausgehe. Die Verbraucherzentrale rufe Menschen zudem auf, Situationen zu melden, in denen nur mit Karte gezahlt werden kann. (Symbolbild) © imago/Sabine Gudath

Die Entscheidung, ob man mit Karte oder mit Bargeld zahlen wolle, müsse jeder selbst treffen können. Bargeld funktioniere auch ohne Strom und Netz, schütze die Privatsphäre und ermögliche gesellschaftliche Teilhabe. Ruff: "Uns geht es nicht um Nostalgie, sondern um Fairness, Selbstbestimmung und soziale Gerechtigkeit."

Yvonne Heckl: "Viele haben Geld im Portemonnaie und nicht auf der Bank"

Yvonne Heckl, Sprecherin der Wiesn-Schausteller, findet, dass es gerade bei den Verkaufsständen und Karussellen auch Bargeldzahlung geben muss. Viele Menschen hätten Geld im Portemonnaie und nicht auf der Bank, sagt Heckl. "Wenn zum Beispiel der Dispo nicht ausreicht und sie an ihr Sparschwein gehen."

Yvonne Heckl.
Yvonne Heckl. © IMAGO/B. Lindenthaler (www.imago-images.de)


Oder der Klassiker: Kinder, die von der Oma ein kleines Wiesn-Taschengeld zugesteckt bekommen. Allein deshalb wird es gerade bei Fahrgeschäften und Verkaufsständen immer gemischt bleiben, sagt Heckl.
Aber natürlich nehme auch bei den Schaustellern die Kartenzahlung seit Jahren zu. Seit Corona bieten fast alle diese Möglichkeit an. Heckl schätzt, dass etwa 40 Prozent der Besucher mit Karte und 60 Prozent noch mit Bargeld bezahlen. Und das werden sie auch in den nächsten Jahren noch können.

Peter Inselkammer: "Wirskollegen sind gerade an einer Vereinfachung der Kartenzahlung dran."

Peter Inselkammer betreibt das Armbrustschützenzelt und ist Sprecher der Wiesnwirte. Er sagt: "Bei uns wird es ganz sicher so bleiben, dass wir Bargeld annehmen." Aber die Kartenzahlung werde natürlich weiter zunehmen. "Meine Wirtskollegen und ich sind bereits an einer Vereinfachung der Kartenzahlung dran. Wie gut das funktioniert, sieht man ja bereits auf großen Events."

Peter Inselkammer.
Peter Inselkammer. © IMAGO/STL Studio Liebhart (www.imago-images.de)


Inzwischen gäbe es technisch neue Möglichkeiten, bald werde bargeldloses Bezahlen sogar schneller als Barzahlung gehen. Und da gibt Inselkammer seiner Kollegin Wickenhäuser-Egger Recht: "Das Handling mit dem Bargeld ist schon aufwendig."
Aber im Moment ist das alles noch Zukunftsmusik, die großen Bierzelte werden laut Inselkammer in den nächsten Jahren weiter Bargeld annehmen. "Ich glaube, in der momentanen Situation ist so ein Antrag nicht erforderlich."

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