"Kein Frankfurt an der Isar": Noch diesen Sommer stimmt München über Hochhäuser ab
München - Fast 60 rote Ordner in gelben Kisten schieben der CSU-Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper und seine Unterstützer auf Rollwagen ins KVR. Darin abgeheftet sind laut Brannekämper Listen mit fast 50.000 Unterschriften, mit ihnen will er noch in diesem Sommer einen Bürgerentscheid durchsetzen. "Das ist die Antwort der Münchner auf die irren Pläne an der Paketposthalle", sagt Brannekämper.
Dort soll ein Areal mit rund 1200 Wohnungen und 3000 Arbeitsplätzen entstehen. Und – was Brannekämper und seine Initiative am meisten stört: auch zwei Hochhäuser, die mit ihren 155 Metern die Frauenkirche "überragen" würden.

2004 hatten die Münchner eigentlich in einem Bürgerentscheid mehrheitlich entschieden, dass es in der ganzen Stadt keine so hohen Häuser geben darf. Rechtlich bindend ist die Entscheidung nicht mehr. Und die Frage von damals wäre wohl so auch nicht mehr zulässig.
Türme an Paketposthalle München: Initiative will die Hochhäuser auf 60 Meter begrenzen
Deshalb richtet sich das Bürgerbegehren nun nur gegen die Türme an der Paketposthalle. "Sind Sie dafür, dass die Stadt München alle rechtlich zulässigen Maßnahmen ergreift, damit in Neuhausen im Umfeld der Paketposthalle KEIN Hochhaus gebaut wird, das über 60 Meter hoch ist", lautet die Frage, für die fast 50.000 Menschen unterschrieben haben.

Doch Brannekämper ist überzeugt, dass es um mehr geht. "Die Türme sind der Einstieg, dass München eine Hochhaus-Stadt wird", sagt er. Oder anders formuliert: Er geht davon aus, wenn er mit seinem Bürgerbegehren Erfolg hat, dass sich dann so schnell kein anderer Investor traut, ein Hochhaus zu planen – auch wenn der Stadtrat 2023 Gebiete festgelegt hat, wo weitere Wolkenkratzer denkbar sind, etwa am Frankfurter Ring.
Brannekämper fing mit seiner Initiative "Hochhaus-Stop" bereits 2022 an, Unterschriften zu sammeln. "Am Anfang war es mühsam. Die Leute wussten nicht, um was es geht", sagt er. Das habe sich geändert.
Die Mehrheit im Stadtrat ist für die Türme
Ins KVR begleiten ihn mindestens 20 Unterstützer. Manche haben Plakate dabei: "München darf kein Frankfurt an der Isar werden!" steht darauf zum Beispiel. Auch der Stadtvorsitzende der Münchner ÖDP Steffen Gölzner und Linken-Chef Stefan Jagel sind gekommen. Sie erzählen, dass sie aus ökologischen Gründen (ein Hochhaus zu errichten und zu betreiben, verbrauche viele Ressourcen) und aus sozialen Gründen (so weit oben könnten sich nur Superreiche eine Wohnung leisten) gegen das Projekt sind.
Im Stadtrat ist aber die Mehrheit dafür. Grüne, SPD, CSU und FDP wollen, dass der Investor die Türme bauen darf. Ein Argument ist für sie, dass er zugesagt hat, dass die Hälfte der Wohnungen auf dem Areal bezahlbare sein sollen – wenn auch nicht ganz oben. Außerdem will er die denkmalgeschützte Paketposthalle sanieren und einen Konzertsaal im Untergrund bauen.
Sind die Hochhaus-Gegner erfolgreich, würde "die gesamte Entwicklung um die Paketposthalle verhindert", teilt die Büschl-Gruppe mit. Stattdessen bleibe das Gelände ein Logistik- und Gewerbestandort. Für Gewerbe hat der Investor bereits ein Baurecht. Der Stadtrat könnte es also nicht verhindern, wenn er nur weitere Büros baut.
Zehn Tage hat das KVR, die Unterschriften zu prüfen
Wie geht es nun weiter? Die nächsten zehn Tage prüfen bis zu 70 KVR-Mitarbeiter, ob alle 48.000 Unterschriften gültig sind. Damit es zu einem Bürgerentscheid kommt, wären laut KVR eigentlich nur rund 33.000 notwendig. Doch es ist möglich, dass in den letzten drei Jahren Menschen, die unterschrieben haben, weggezogen oder verstorben sind. Auch doppelt darf keiner unterschrieben haben.
Innerhalb eines Monats muss der Stadtrat entscheiden, ob das Bürgerbegehren zulässig ist. Voraussichtlich tut er das am Mittwoch, 30. April. Fällt die Entscheidung positiv aus, findet wohl innerhalb von drei Monaten, also noch vor den Sommerferien, ein Bürgerentscheid statt. Denkbar ist, dass sich Grüne, CSU, SPD und FDP auf eine Frage einigen, die sie den Hochhaus-Gegnern entgegensetzen können. Noch haben sich die Fraktionen dazu aber nicht abgestimmt.
Wahrscheinlich ist der Entscheid über die Hochhäuser nicht der einzige in diesem Jahr. Auch über Olympische Sommerspiele werden die Münchner voraussichtlich abstimmen.