Gewalt gegen Beamte: Prügelknabe Polizist
München – München (dapd-bay). Beleidigt, bespuckt, verprügelt: Jeder dritte
 bayerische Polizist ist im vergangenen Jahr Opfer physischer oder
 psychischer Gewalt geworden. Insgesamt seien 12.913 Beamte betroffen
 gewesen, teilte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Mittwoch in
 München mit. 1.638 Polizisten wurden bei Attacken verletzt, 31 von
 ihnen schwer.
 
 Die Zahlen gehen aus einer detaillierten Statistik zur Gewalt
 gegen Polizeibeamte im Jahr 2010 hervor, die aufgrund des Anstiegs
 der Fallzahlen in der weniger spezifischen Kriminalstatistik der
 Vorjahre erstellt wurde. Von den 6.278 Fällen waren die meisten
 Beleidigungen (2.235), gefolgt von 2.178 Körperverletzungen.
 Erschreckend seien die elf versuchten Tötungen, sagte der Minister.
 Wegen der Attacken seien mehr als 2.500 Diensttage ausgefallen,
 bleibende Schäden habe aber niemand davongetragen.
 
 Das neue, „fundierte Lagebild“ gibt Herrmann zufolge Aufschluss
 über die Täter und die Situationen, in denen Polizisten Opfer von
 Gewalt werden. Demnach sind die Angreifer meist Heranwachsende bis
 25 Jahre, zu etwa 80 Prozent deutsch und männlich. 70 Prozent seien
 berauscht. Herrmann konstatierte: „Alkohol ist der
 Aggressionsverstärker Nummer eins.“ Gerade bei jungen Leuten sehe er
 eine zunehmende „Enthemmung“, auf Polizisten loszugehen.
 
 Übergriffe vor allem in den Städten
 
 Übergriffe sind den Angaben zufolge in allen Landesteilen zu
 beobachten, vorwiegend in den Städten. Besonders betroffen sind
 demnach Regensburg, Ingolstadt und Augsburg, aber auch Memmingen,
 Kempten, Aschaffenburg und Amberg. Meist treffe es Polizisten im
 Streifendienst auf öffentlichen Plätzen und Straßen.
 
 Herrmann sagte, der Beamte in Uniform sei weniger „tabu“ als
 früher. Dies werde er nicht „schicksalsergeben“ hinnehmen. Er
 forderte eine konsequentere und schnellere Bestrafung der Täter
 durch die Gerichte. Der Bundestag solle zügig das Gesetz
 verabschieden, das die Erhöhung der Strafandrohung bei Widerstand
 gegen Polizeibeamte von zwei auf drei Jahre vorsieht.
 
 Die Beamten werden dem Minister zufolge künftig besser auf
 Einsätze vorbereitet. In Schulungen solle trainiert werden,
 Konfliktsituationen verbal zu entschärfen. Auch die Ausrüstung werde
 verbessert, ein Gehörschutz soll beim Einsatz in Demonstrationen vor
 einem Knalltrauma schützen.
 
 SPD fordert mehr Unterstützung für Beamte
 
 Die SPD warf Herrmann vor, die Polizisten bislang nicht genug
 unterstützt zu haben. „Wer in Bayern als Polizist Opfer einer
 Straftat wird und verletzt im Krankenhaus liegt, braucht mehr als
 einen Blumenstrauß vom Innenminister oder vom Polizeipräsidenten“,
 sagte der Abgeordnete Harald Schneider. Bisher habe die
 Staatsregierung ihren Polizeibeamten konsequent einen effektiven
 Rechtsschutz verweigert.
 
 Der Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG)
 forderte die Regierung auf, die Beamten bei der Durchsetzung von
 Schmerzensgeldansprüchen gegen mittellose Gewalttäter zu
 unterstützen und gegebenenfalls in Vorleistung zu treten. Außerdem
 müsse die Abwicklung von Formalitäten bei Dienstunfällen endlich
 erleichtert werden.
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