Der Präsident tritt ab: Ude ist wieder ein normaler OB
MÜNCHEN - Vier Jahre war der Münchner Oberbürgermeister Chef des Städtetags und hat einige Erfolge erringen können. Jetzt muss er turnusgemäß seinen Posten aufgeben. Seine Nachfolgerin ist die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU).
Vier Jahre lang durfte er am hohen Barren der Bundespolitik turnen, zwischen München und Berlin hin- und herjetten. Er bekam Applaus noch aus dem kleinsten Städtchen, war in allen deutschen Zeitungen zu lesen und auf fast allen Radiostationen zu hören. Wunderbar! Ganz nach seinem Geschmack. Christian Udes Geschmack.
Doch heute gibt er nach vier Jahren sein Amt als Präsident des Deutschen Städtetages auf. Die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) wird seine Nachfolgerin. Turnusgemäß ist die CDU an der Reihe. Er wird ihr Vize. Dafür betritt Ude nun das internationale Olympia-Parkett.
Als Präsident konnte unser OB das, was er in München nicht kann: mit Schwarzen zusammenarbeiten. Man muss ihn darüber einmal schwärmen gehört haben. Auch die Treffen des Roten mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten ihren Reiz. Nichts im Vergleich zur Tiefkühl-Atmosphäre bei Udes Treffen unter Gerhard Schröder.
Noch nie stand ein Städtetagspräsident so im Blickpunkt
Erst sollte Christian Ude 2005 nur auf zwei Jahre zum Präsidenten gewählt werden. Der damalige Leipziger OB Wolfgang Tiefensee (SPD) sollte ihm nachfolgen. Doch Tiefensee wurde Bundesminister – und Ude durfte bleiben.
Dem Amt und der Person hat das nicht geschadet. Mehr noch: Es hat ihn enorm angespornt. Noch nie stand ein Städtetagspräsident derart im Blickpunkt, noch nie hatte das Amt eine so große Aufmerksamkeit wie unter Ude. „Er hat eben die große rednerische Gabe, sich zu verkaufen“, sagen Vertraute. Und noch nie wurde die Macht des Amtes so geschickt ausgespielt.
In harten Kämpfen hat Ude die Gewerbesteuer für die Kommunen gerettet – sonst gingen heute viel mehr Städte am Bettelstab. Er hat gegen den Privatisierungswahn geätzt und dabei auch die trotz der Bankenkrise Gewinn bringenden Sparkassen gerettet.
Fast täglich riefen die Journalisten aus ganz Deutschland an und begehrten Interviews – die der perfekte Selbstdarsteller gerne gab. „Er liebt die Journalisten,“ sagen seine Mitarbeiter neidisch. Sie bekamen oft nur bei Udes kurzen Reinschling-Mittagessen einen Termin – Journalisten dagegen (fast) immer.
Jetzt erzählt Ude jedem, er bekomme ohne den Präsidenten-Posten „mehr Ruhe“. In der Regierungsetage im Rathaus bricht da homerisches Gelächter aus: „Dieser Mann braucht keine Ruhe.“ Auch wenn es sein Albtraum ist, dass er allein auf der Galeere rudert und alle schauen ihm zu. „Das ist eine psychologische Sache,“ erklärt ein Vertrauter: „Wer 17 Stunden am Tag arbeitet, der muss sich sagen, er habe viel mehr Zeit. Ohne diesen Schutzmechanismus schafft er es nicht.“
Jetzt ist er international für Olympia unterwegs
Udes Kalender ist schon das nächste halbe Jahr rappelvoll. „So sind eben die Vollblutpolitiker“, meinen Mitarbeiter, „man muss eine große Liebe zum Job und zur Stadt haben.“ Und Rathaus-Dinos erinnern sich: „Als Hans-Jochen Vogel in den 60er Jahren die Olympischen Spiele vorbereitet hatte, haben er und seine Leute sogar im Büro auf dem harten Feldbett geschlafen.“
Darauf kann sich Ude einstellen – er darf in der Olympia-Winter-Bewerbung 2018 weltweit Flagge zeigen. Und wenn das auch nicht reicht? Im Jahr 2011 darf die SPD wieder den Städtetagspräsidenten vorschlagen.
Willi Bock