"Danke für nichts": FDP-Politiker Albert Duin aus München attackiert Christian Lindner scharf

Das Mitgliedervotum über den Verbleib in der Ampel hat begonnen. Wie Bayerns Liberale die Abstimmung sehen und warum der Münchner Albert Duin sich zum Enfant terrible der FDP entwickelt – die AZ hat mit ihm gesprochen.
von  Heidi Geyer
Albert Duin hat einen Brandbrief geschrieben.
Albert Duin hat einen Brandbrief geschrieben. © Foto: dpa

München/Berlin - "Danke für nichts!" Es sind harsche Worte, die der ehemalige FDP-Chef in Bayern und Ex-Landtagsabgeordnete Albert Duin benutzt. In einem Brandbrief an Christian Lindner hat er seinem Parteichef und Finanzminister große Vorwürfe gemacht. Die Ampel kommt dabei nicht gut weg: "Es werden Gesetze am Fließband produziert und kein Mensch blickt mehr durch."

Im Gespräch mit der AZ sagt Duin, dass die Ampel zu wenig wie ein Unternehmen handle. Er führt selbst eine Firma und sieht schlicht handwerkliche Fehler – aktuell etwa beim Agrardieselpreis für Landwirte. Denn dieser werde schlicht zu höheren Kosten für Verbraucher führen. Durch die Abschaffung der Steuerprogression werde das aber nicht aufgefangen: "Das kann einfach nicht richtig sein!"

Das Risiko, dass sich die FDP selbst zerfleische, sieht auch Duin. Aber als eine Art liberalen "Wagenknecht" empfindet er sich nicht, solche Ambitionen habe er nicht. "Ich bekomme aber sehr viel Zuspruch!", sagt Duin. Er räumt aber auch ein, dass er nicht so wirklich damit rechne, dass das Votum mit einem Ampel-Aus endet. Bindend ist es ohnehin nicht.

Albert Duin: Kampfkandidatur am Parteitag – FDP-Basis stimmt über Ampel-Koalition ab

Duin hatte beim FDP-Parteitag überraschend gegen Martin Hagen als Vorsitzenden kandidiert, war aber knapp unterlegen. Schon damals hatte er gegen die Ampel mobil gemacht. Der Münchner ist für Überraschungen gut: "Sonst strebe ich nichts mehr an... außer Bundesvorsitzendem." Kein Witz: "Ich überlege mir, 2025 als Bundesvorsitzender anzutreten, wenn es so weiter geht."

Der Brandbrief kommt zu einer Unzeit, denn am Montag hat das Mitgliedervotum in der FDP begonnen, das noch bis 1. Januar 2024 läuft. "Soll die FDP die Koalition mit SPD und Grünen als Teil der Bundesregierung beenden?", lautet die Frage. Bayerns FDP-Chef Martin Hagen wird mit "nein" stimmen. Zwar sei er mit der Performance der Bundesregierung auch nicht vollumfänglich zufrieden. "Aber die Performance kann nur mit einer durchsetzungsstarken FDP wieder besser werden." Mit einer Flucht aus der Verantwortung bereite man nur einer Großen Koalition den Weg. "Wir sollten die Befragung schnell hinter uns bringen und Klarheit schaffen. Es gibt große Herausforderungen im Land, da darf sich eine Regierungspartei nicht zu lange mit sich selbst beschäftigen", sagt Hagen der AZ. Notwendig sei es jedoch, die Frage zu klären.

Duins Brief finde er vom Stil her nicht gut, aber seinen Frust könne er verstehen. Dass sie beide aus dem Landtag gefallen sind, "daran hat die Ampel eine gehörige Mitschuld".

Brandbrief an FDP-Chef Christian Lindner: Frage falsch gestellt?

Die ehemalige FDP-Abgeordnete Julika Sandt distanziert sich ebenfalls vom Stil des Briefes. "Ein Ja heißt praktisch ein Ja zur Groko oder einer rot-grünen Minderheitsregierung. Ich glaube nicht, dass die die Probleme besser in den Griff kriegen würden", sagt Sandt. Nach "roten Linien" zu fragen, wäre ihr lieber gewesen. Von Duins Haltung, aber auch seinem Stil ist sie nicht unbedingt begeistert. Der Münchner Bundestagsabgeordnete Daniel Föst sieht das offenbar ähnlich. "Ein ehemaliger Landesvorsitzender sollte wissen, dass man interne Dinge intern klärt. Wer offene Briefe schreibt, will eher Aufmerksamkeit als Lösung", sagt Föst der AZ. Zwar müsse die Ampel "geräuschloser und effizienter" werden. Aber: "Sich einfach aus der Verantwortung zu stehlen, kann nicht der Weg der Liberalen sein."

Susanne Seehofer stimmt Duin mit seiner Kritik ebenfalls stellenweise zu. "Aber mit anderen Schlussfolgerungen", sagt sie der AZ. Es müsse der FDP jetzt in den schwierigen Haushaltsverhandlungen gelingen, das liberale Profil zu schärfen. "Deutschland hat kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem."

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