AZ-Check: Das sind die besten Lastenräder
München - Kinder, Einkauf, Getränkekisten, Grillzeug, Hunde, kurze Reisen: Die Möglichkeiten, ein Lastrenradl mit Elektroantrieb zu nutzen, sind vielfältig. Die Nachfrage ist riesig.
Die Zahl der Modelle, die auf den Markt drängen, wird immer größer. Und die Aufpreisliste ist lang und teuer, je nachdem, wofür Sie das Fahrzeug genau brauchen.
Viele Lasten-Radl haben einen Bosch-Elektromotor mit 75 bis 85 Newtonmeter Drehmoment: Bis zu 400 Prozent der eigenen Tretkraft sind so möglich, je nach Unterstützungsstufe. Aber auch Motoren von namhaften Herstellern wie Yamaha, Shimano oder Brose sind solide.
Lastenrad: Akku für bis zu 100 Kilometer
Die meisten Batterien bieten 400 bis 500 Wattstunden Energie. Beim Lasten-Radl hat man damit eine Reichweite zwischen 40 bis 70 Kilometern. Mit einem Doppelakku reicht's oft für mehr als 100 Kilometer.
Die sechs von uns probegefahrenen Modelle hat uns das Haidhauser Radgeschäft Munix Finest Bicycles geliehen. Insgesamt bin ich für Sie rund 600 Kilometer geradelt, mal mit, mal ohne Last.
Es gibt zwei Konzepte: zwei Räder oder drei. Manche Dreiräder haben Neigetechnik. Das soll sich dann so anfühlen wie auf einem Zweirad. Wer sich interessiert, sollte viel testen, um das passende Lastenradl zu finden.
Stefanie Meier und Thomas Jung, beide Mitarbeiter der Deutschen Bank, planten eigentlich gar nicht, sich mal ein Lastenrad mit elektrischem Antrieb zu holen. Und bald nach ihrem Kauf 2019 merkte die Familie schnell: Das Dreiradl kann ja viel mehr, als nur die sechsjährige Tochter Valentina von A nach B zu bringen.
"Der Kauf war eine der besten Entscheidungen", sagt Jung. Einer der Gründe für den Kauf des elektrischen Dreirads vom dänischen Hersteller "Christiania" war eigentlich technischer Natur. "Valentina ist für ihr Alter schon recht groß gewachsen", sagt Jung, "deshalb passte sie nicht mehr in den Anhänger, mit dem ich sie bis vor zwei Jahren in die Kita fuhr."
Frauen bevorzugen dreirädrige Lastenräder
Mit dem Auto wollte Jung diese Kurzstrecken nicht fahren. Also war klar: "Wir brauchen etwas anderes, vielleicht einen neuen Anhänger?" Stefanie Meier wollte aber unbedingt ein Lastenrad, weil sie so Tochter Valentina stets vor sich im Blick hat - und zwar ein Lasten-Dreirad.
Thomas Jung hätte sich auch von einem elektrischen Lasten-Zweirad begeistern lassen, aber das war ihm nicht so wichtig. Einige Testfahrten später war klar: Ein elektrisches Dreiradl wird's.
Ähnliche Geschichten erzählen einem übrigens sehr viele Verkäufer in Radl-Shops: Frauen können sich viel seltener als Männer vorstellen, ein Lastenrad mit zwei Rädern zu fahren und neigen zum dreirädrigen.
"Aber egal ob Männer oder Frauen: Viele lassen sich nach einer kurzen Probefahrt auf zwei Rädern auch vom Gegenteil überzeugen", erzählen mehrere Radl-Händler unabhängig voneinander der AZ.
Zurück zur Familie Jung/Meier aus Obergiesing: 4.200 Euro zahlte sie 2019 für ihr Dreirad. "Später kamen die 1.000 Förderung von der Stadt zurück, als kostete es uns in etwa 3.200 Euro", erzählt Jung - und kann es selbst kaum glauben, wofür die Familie das Rad eigentlich täglich nutzt.
Unterwegs mit dem Dreiradl
"Der Kilometerzähler steht bei deutlich mehr als 3.000", sagt Jung und zählt auf, wofür das Dreiradl alles unterwegs ist: "Einkaufen, Kita-Fahrten, in den Biergarten, Touren an die Isar, zum Eis kaufen und auch täglich zur Arbeit!"
Häufig sei es so, dass Stefanie Meier und Thomas Jung in der Arbeitsstelle untereinander das Lastenrad gegen das einfache Radl tauschen, damit der andere Valentina abholen kann. "Einmal habe ich damit sogar meine Frau von einem Konzert im Olympiapark nach Hause gefahren, weil ihr Rad einen Platten hatte", erzählt Jung.
Vom Einkaufen mit dem Lastenrad ist der Finanzexperte begeistert: "Es passen insgesamt vier Getränkekisten in die Lastenbox, da ist der Wocheneinkauf überhaupt kein Problem", sagt er.
Niederländische Badewanne
Irgendwo am Horizont muss doch ein Deich kommen! Oder wie einer der Chefs bei Munix Finest Bicycles sagt: "Hollandrad halt". Dieses gemütlich-flotte Gefühl stellt sich ein, wenn auf dem niederländischen Urban Arrow (Modell "Family") der Wind um die Ohren streichelt.

Aufrechte Sitzposition, breiter Lenker, ordentlicher Vortrieb. Die Box ist hoch, ein gutes Sicherheitsgefühl bei Kindern. Dazu passen die schlauen Gurte mit Magnetclip. Dieses Radl ist bei vielen Händlern Bestseller unter Familienlastern.
Bis zu 65 Prozent Marktanteil, heißt es. Die einzige Frage ist, warum ausgerechnet auf die Dämpfung verzichtet wird, vorne wie hinten. Nach etwa 40 Kilometern auf dem Urban Arrow - mit stark aufgepumpten Reifen - spürte ich deutlich meine Rückenpartie. www.urbanarrow.com
Wunderschön und ungelenk
Damit könnten Sie auch Eis verkaufen", sagt eine Obergiesingerin im Vorbeigehen. "Das stimmt", sage ich und schwinge mich wieder auf das Modell Butchers and Bicycles MK-1 E auf der Tegernseer Landstraße. Auf dem Sattel denke ich mir wieder: So schade, dass hier vielleicht nicht genauso viel Geld in die Technik geflossen ist wie ins Design.

Es stecken viele gute Ideen drin, wie die Front-Einstiegstüre. So etwas haben nur wenige Hersteller. Auch die Getränkemulde direkt vor dem Lenker ist schick und sinnvoll. Das Regendach kann vorne oder hinten geöffnet werden, super. Doch das Fahrgefühl ist bei unserem Testmodell dürftig.
Ob es nun an den vielen Kilometern des Testrades liegt oder nicht: Das MK-1 E wirkt nicht stabil. Wer damit über gröberes Kopfsteinpflaster fährt, der hat schnell das Gefühl, eine Schubkarre vor sich herzuschieben. Es klappert, knarzt, das Gestell wirkt instabil und unzuverlässig.
Die Kurven-Neigetechnik der Vorderräder fühlt sich auch nicht solide an. Kurven zu fahren, erfordert ein bisschen Geschick und wird manchmal einen Tick abenteuerlich. Aber probieren Sie es selbst aus.
Denn das hübscheste Lastenrad in unserer Testreihe hat weltweit sehr viele Fans. Und ein neues Modell mit Riemenantrieb (statt Kette) ist gerade erschienen. UVP: ab 6.199 Euro
Unterschätzter Alleskönner
Ein elektrisches Lastenrad, das aussieht wie ein normales Radl: Das ist das Tern GSD. Die Abkürzung steht für "Get things done". Und das Motto ist Programm bei dem unscheinbaren, aber kompakten und vielseitigen E-Lastenrad, das ebenfalls von der Stadt gefördert wird.

Was bei anderen Lastenrädern die vordere Kiste wegpackt, kann das Tern im hinteren Bereich, dort, wo der Gepäckträger in etwa angeschraubt ist. Hier gibt es verschiedenste Aufbauten. Sogar ein komplett überdachtes Abteil für zwei Kinder (ab etwa vier bis fünf Jahren) ist erhältlich - oder eben die einfache Rahmenkonstruktion mit Sitzfläche und Fußrasten (wie im Bild).
In den Rahmen passt eine Standardkiste. So wird das Ganze zum offenen Minikofferraum. Dabei kommt man flott voran, beladen oder unbeladen. Das Tern GSD könnte die Ideallösung für alle sein, die keine Lastenbox, aber viel transportieren wollen.
Besonderes Feature: Das Rad lässt sich senkrecht abstellen, zum Beispiel an der Garagenwand - oder auch im Aufzug kann man es so in die Wohnung mitbringen.
Tänzelnder Asphalt-Flo
Relativ frisch auf dem Markt, ringt der Hersteller Chike um Kunden. Und wahrscheinlich hat er recht gute Chancen. Das Drei-Radl wirkt vertrauenswürdig und leichtfüßig. Die komplexe Neigetechnik der Vorderräder vermittelt ein gutes Fahrgefühl. Aber: Wehe, es wird uneben. Da hieß es für mich: langsamer werden.

Wie ein Floh tänzelt das Rad dann - aber alles noch beherrschbar. Weiterer Haken: Die Automatikschaltung von Shimano kracht beim Gangwechsel. Manuelles Schalten fühlt sich besser an. Schön gelöst: Verschließbare Boxen auf beiden Seiten (je 140 Euro Aufpreis) bieten allerlei Stauraum. UVP "Chike e-Kids": Ab 5.799 Euro.
Kurvenräubernder Sportler
Eines vorweg: In dieses Modell habe ich mich ein wenig verliebt. Auf den ersten Blick sieht das neueste Lastenrad "Packster 70" vom deutschen Hersteller Riese und Müller mit seiner großen Hartschaumbox zwar mächtig aus. Die ersten Fahreindrücke: interessant bis gewöhnungsbedürftig.

Aber wer mal fünf Kilometer hinter sich hat und gerne etwas sportlicher fährt, der wird sich auf diesem Schiffchen sehr wohl fühlen. Vorne gedämpft, das Sattelrohr ebenfalls. Dazu eine weiche Seil-Lenkung (keine Lenkstange, wie sehr häufig), die ganz viel verzeiht und korrigiert. Flott lässt sich um die Kurven düsen.
Schlaue Lösungen gefallen, wie etwa ein Handschuhfach knapp unter Kniehöhe sowie zwei integrierte Batterien im Rahmen, links und rechts, eingelassen wie Schubladen. Sie sorgen für eine komfortable Reichweite von 100 bis 130 Kilometer. Fazit: echter Kurvenräuber. UVP: ab 6.299 Euro
Elektrisches Panzergefühl
Dieses Schwerlastgerät des österreichischen Herstellers Gleam ist ganz sicher kein Kompromiss. Im Gegenteil. Wer so etwas fährt, der hat definitiv viel zu schleppen. "B to B" sagt man im Fachjargon. Vereinfacht gesagt: Die Zielgruppe für das Modell Gleam Escape besteht aus Berufsgruppen wie Handwerkern.

Ob Maler, Elektriker, Bodenverleger, Bauarbeiter: Mit diesem Dreirad lässt sich ähnlich viel transportieren wie mit einem durchschnittlichen Pkw. Die Box kann da locker mithalten. Fassungsvermögen: Rund 300 Liter, 200 Kilogramm Zuladung sind mit dem Aufbau im Foto möglich.
Dabei fährt sich der elektrische Panzer erstaunlich wendig, nachdem man die ersten Kilometer gelernt hat, das etwa 70 Kilogramm schwere Gefährt zu steuern.
Die Federungen, der kräftige Elektromotor und der Akku-Doppelpack tragen dazu bei, dass man trotz der wuchtigen Ausmaße kein Hindernis auf Radwegen ist. Die Dämpfung funktioniert gut, genauso wie die butterweiche Automatikschaltung. Spektakulär. UVP: ab 6.950 Euro
Förderung durch die Stadt München
München führt das Förderprogramm Elektromobilität seit Januar 2021 weiter, vorerst bis zum Jahresende. Neben vierrädrigen, elektrischen Fahrzeugen wird auch der Kauf von elektrisch unterstützten Lastenrädern gefördert. Die Fördersumme beträgt maximal 25 Prozent des Netto- Kaufpreises, gedeckelt mit höchstens 1.000 Euro.
So will die Stadt dazu beitragen, dass weniger Kohlendioxid in die Luft gelangt und sich auch der Lärm in der Stadt reduziert. Vorsicht, nicht alle Fahrzeuge werden gefördert. Kleiner Tipp: Im Zweifel kennen sich hier auch die Rad-Händler aus und können einen gut beraten, welches Modell den Zuschuss erhält und welches nicht.
Die Regel lautet: Grundsätzlich werden Lastenräder gefördert, die eine mögliche Mindestzuladung von 40 Kilogramm haben und deren Elektromotor die eigene Tretkraft bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h verstärkt.
S-Pedelecs werden nicht gefördert
Nicht gefördert werden dementsprechend Lastenräder, die als sogenannte S-Pedelecs ausgewiesen sind. Sprich Räder, deren elektrische Motoren die eigene Tretkraft bis zu 45 km/h unterstützen.
Solche Fahrzeuge dürfen nur mit Helm und einem versicherungspflichtigen "Moped- Kennzeichen" gefahren werden. Auch einfache E-Bikes, also elektrisch unterstützte Räder ohne größere Transportmöglichkeit (außer mit dem Gepäckträger) fallen nicht unter die Förderrichtlinien.
Wer gleichzeitig einen Pkw oder ein sogenanntes Leichtfahrzeug verschrottet, bekommt einen Extrabonus von der Stadt in Höhe von 500 bis 1.000 Euro. Und so beantragen Sie die Förderung: Suchen Sie nach "Förderprogramm "München emobil" unter www.muenchen.de.
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