Was von 2011 bleibt
Die Deutschen wählen zu oft. Und machen zu wenig Politik. AZ-Politikchef Frank Müller über den Start der Parteien ins Megawahljahr.
So jung 2011 noch ist, es lässt sich schon eine politische Bilanz ziehen: Es wird am Ende ein Jahr sein, in dem die Politik Deutschland zwar durch sieben Wahltermine, aber ansonsten nicht viel weiter gebracht hat. Für diese Euphoriebremse spricht der sehr gebremste Elan, mit dem uns die beiden mittelgroßen Volksparteien zum Auftakt beglücken.
Etwa die Union: Auf ihre wacklige Position in den Umfragen reagiert die CDU jetzt mit ihrem Uralt-Ladenhüter: der konservativen Stammwählerschaft. Von der weiß zwar keiner, ob es sie überhaupt noch gibt. Aber egal: traditionelle Werte und Pro-Wirtschaftskurs werden immer gern genommen, wenn einem sonst nichts mehr einfällt.
Kaum besser die Lage bei der SPD: Die verwaltet ihr Agenda 2010-Erbe mit einem entschiedenen Sowohl-als-auch: Parteichef Sigmar Gabriel schafft regelmäßig das Kunststück, sich von den eigenen damaligen Hartz-IV-Beschlüssen zu distanzieren – und sie zugleich zur Grundlage des jetzigen Wachstums zu erklären.
Solch programmatischer Stillstand liegt auch an unserem System: In Deutschland gibt es zu viele Bundesländer mit zu vielen Wahlterminen. Würde hier etwas aufgeräumt, etwa mit einem gemeinsamen Urnengang für alle Länder in der Mitte der Legislaturperiode des Bundestags, dann wäre der Zwischenwahlkampf heftig, aber kurz. So aber sieht man zwei Parteien, die bei sieben Wahlen an die Macht wollen. Wir hätten gerne noch erfahren, warum und wozu. Aber dafür bleibt 2011 keine Zeit.
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