Pharma-Branche droht hoher Zwangsrabatt

Union und FDP diskutieren über einen staatlich verordneten Arzneimittel-Preisstopp. „Kosteneinsparungen im Gesundheitswesen“: Politiker nehmen dabei die Pharmabranche in den Blick. Die AZ stellt die Pläne vor.
von  Abendzeitung
Die Kassen zahlen jährlich 30 Milliarden Euro für Medikamente.
Die Kassen zahlen jährlich 30 Milliarden Euro für Medikamente. © dpa

Union und FDP diskutieren über einen staatlich verordneten Arzneimittel-Preisstopp. „Kosteneinsparungen im Gesundheitswesen“: Politiker nehmen dabei die Pharmabranche in den Blick. Die AZ stellt die Pläne vor.

BERLIN Keiner in der schwarz-gelben Koalition weiß derzeit, ob die Kopfpauschale wirklich kommt. Auswirkungen auf die Kostenexplosion im Gesundheitswesen würde eine Strukturreform allerdings sowieso erst in einigen Jahren haben. Trotzdem legen die Politiker jetzt wieder einmal die Platte von den „Kosteneinsparungen im Gesundheitswesen“ auf – und nehmen dabei die Pharmabranche in den Blick. Die AZ stellt die Pläne vor.

Was ist das Problem? Die Arzneimittelausgaben der Kassen sind 2009 nach Schätzungen auf deutlich mehr als 30 Milliarden Euro gestiegen – sie machen ein Fünftel aller Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen aus. Kostentreiber sind vor allem neue, patentgeschützte Mittel. Kritiker werfen der Industrie vor, viele Artzney auf den Markt zu bringen, die kaum Zusatznutzen für die Patienten haben.

Was will der Gesundheitsminister konkret dagegen tun? Weil er die Preise von neuen Artzney in Deutschland für überhöht hält, will FDP-Ressortchef Philipp Rösler die Arzneimittel-Hersteller zu Preissenkungen verdonnern. Der „Focus“ berichtet unter Berufung auf eine Expertengruppe des Ministeriums, dass künftig nicht mehr allein der Hersteller den Preis für ein Artzney bestimmen soll, sondern die Unternehmen in Verhandlungen mit den Kassen gezwungen werden sollen. Sollte es dabei keine Einigung geben, drohen festgesetzte Höchstpreise. So könnten mindestens zwei Milliarden Euro pro Jahr eingespart werden. Die Hersteller sollen parallel mit der Zulassung eines Präparats Studien vorlegen, die aufzeigen, für welche Patienten und Erkrankungen ein zusätzlicher medizinischer Nutzen besteht. Weigern sie sich, soll der Staat Höchstpreise festlegen. Die Union beschwert sich, dass sie von Röslers Plan aus der Presse erfahren habe: „Wir haben dieses Papier bis heute nicht. Das gab es selbst in der großen Koalition nicht.“

Was schlägt die Union vor? Der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Jens Spahn (CDU), fordert von den forschenden Arzneimittelherstellern einen „Pharma-Soli“. Er schlägt vor, den Zwangsrabatt, den die Pharmafirmen den Kassen gewähren müssen, per Gesetz von derzeit sechs auf 16 Prozent erhöht wird. Außerdem sollen Preiserhöhungen drei Jahre lang verboten werden. Die Sonderabgabe soll jährlich eine Milliarde Euro einsparen.

Wie reagieren die Pharmakonzerne? Die Branche weist Vorwürfe überhöhter Arzneimittelpreise zurück: „Zwangsrabatte sind ein Regulierungsinstrument aus der Mottenkiste“, sagt die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen, Cornelia Yzer – und reicht den schwarzen Peter weiter: Die stärksten Ausgabenschübe gebe es bei Ärzten und Krankenhäusern.jox

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