Nach Winter-Chaos bei der Bahn: Die 500-Millionen-Frage

BERLIN - Wer bekommt die Überschüsse der Bahn? Das Geld ist bis 2014 für den Bundeshaushalt verplant. Länder und Kommunen fordern jetzt stattdessen Investitionen in neue Züge und den Service.
Palaver nach dem (Schnee-) Sturm: Unter dem Eindruck der vielfachen Kälte-Pannen im Bahnverkehr der vergangenen Wochen trafen sich am Montag die Verkehrsminister der Länder. Der Konzern soll ab heuer bis ins Jahr 2014 jährlich 500 Millionen Euro Dividende an den Bund ausschütten – dieses Geld wollen viele Landespolitiker lieber in Wartungsarbeiten und besseres Material investiert wissen.
Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) sprach von einem „großen Investitionsstau“. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Schienenpersonennahverkehr (BAG- SPNV), die die Besteller vertritt, kritisierte den Sparkurs der Bahn in den vergangenen Jahren. In Deutschland sei nur jede zweite Weiche beheizt, das reiche nicht, sagte die Hauptgeschäftsführerin der Organisation, Susanne Henckel. Zudem müsse es mehr Überholmöglichkeiten für Züge und generell mehr Flexibilität im Schienennetz geben, damit nicht jede Verspätung im Fernverkehr Auswirkungen auf die Regionalverbindungen habe.
Die Dividende ist allerdings schon für die Sanierung der öffentlichen Finanzen verplant. „Die 500 Millionen Euro, die stehen nicht zur Disposition“, hieß es am Montag im Bundesfinanzministerium. Auch ohne Dividende an den Bund habe dieser in den vergangenen Jahren jährlich vier Milliarden Euro für Bahn-Investitionen ausgegeben.
Der Bund schiebe immer noch eine Rekord-Neuverschuldung vor sich her, sagte auch der haushaltspolitische Sprecher der FDP, Otto Fricke. Die Deutsche Bahn mache Gewinn und gehöre dem Steuerzahler – deswegen solle sie dazu beitragen, die Neuverschuldung zu verringern.
Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Winfried Hermann (Grüne), sagte dagegen, bisher sei sehr viel Geld ausgegeben worden, damit Züge auf bestimmten Strecken 300 Stundenkilometer fahren könnten. Dadurch aber sei das System Schiene insgesamt anfälliger geworden. „Statt Milliarden in eine fragile Hochgeschwindigkeits-Bahn zu stecken, hätte man in die Stabilität des Schienenverkehrs und ins Bestandsnetz investieren müssen."
Eine besonders teure Baustelle für die Bahn ist die Berliner S-Bahn. Dort kam der Verkehr im Winter teilweise zum Erliegen. Bahnchef Rüdiger Grube bezifferte die Kosten für das S-Bahn-Chaos bis einschließlich 2014 auf rund 700 Millionen Euro. Unklar ist, wie hoch die Entschädigungszahlungen an Kunden ausfallen werden, die im Winter lange auf Züge warteten.
sun