Köhler hält Steuersenkungen für möglich
Berlin (dpa) - Bundespräsident Horst Köhler hat der Union bei ihren Steuersenkungsplänen den Rücken gestärkt. «Es ist möglich, wenn einige Dinge zusammenkommen», sagte er am Sonntag im ZDF mit Blick auf das Vorhaben von CDU und CSU.
Voraussetzung sei, dass es wieder Wirtschaftswachstum und damit höhere Staatseinnahmen gebe. Es sei wichtig, dass diejenigen, die für Arbeitsplätze, Innovationen und Ideen sorgten, belohnt würden. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) lehnte sowohl Steuererhöhungen als auch Steuersenkungen bis 2011 ab. Die Versprechen von Union und FDP nannte er unglaubwürdig.
Steinbrück attackierte die Pläne scharf: «Die CDU hat sich durch unterschiedliche Vorschläge auf dem Steuergebiet gerade an den Rand der Lächerlichkeit manövriert», sagte er der «Bild am Sonntag». «Und bei der FDP sind sie bei diesem Thema völlig durchgeknallt.» Im Deutschlandradio Kultur sagte der Minister zu den FDP-Plänen: «Da fliegen einem die letzten Haare weg.» Der FDP-Finanzpolitiker Hermann Otto Solms wies die Kritik zurück: «Wir brauchen keine Belehrungen vom Schuldenkönig Steinbrück. Auf diesen unerbetenen Nachhilfeunterricht können wir gut verzichten», sagte Solms der «Leipziger Volkszeitung».
CDU und CSU (versprochenes Volumen: 15 Milliarden Euro) und die FDP (35 Milliarden Euro) setzen zum Ankurbeln der Konjunktur auf Steuersenkungen nach der Bundestagswahl am 27. September. Die Union lässt ein Datum für die Erleichterungen aber bisher offen, als Voraussetzung wird ein Ende der tiefen Rezession genannt.
Steinbrück schloss jedoch auch Steuererhöhungen aus. Diese schöpften Kaufkraft ab und würden in der Krise die Spiralbewegung nach unten verstärken. «Ich halte für die Zeit der Wirtschaftskrise Steuererhöhungen ebenso für schädlich wie Steuersenkungen, weil diese die Einnahmen von Kommunen, Ländern und Bund bis zur Handlungsunfähigkeit beschädigen.»
SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sagte, die Unionspläne würden zu harten sozialen Einschnitten führen. «Entweder diese Versprechen sind nicht ernst gemeint - dann ist es Hokuspokus und Wählertäuschung», sagte der Außenminister im «Tagesspiegel». «Oder sie sind ernst gemeint. Dann führen sie unweigerlich zu massiven sozialen Einschnitten.»
Bundespräsident Köhler sagte im ZDF: «Ein einfacheres Steuersystem ist ein besseres Steuersystem.» Man brauche ein System, das besonders die Mittelschicht und Familien entlaste. «Das ist eine Aufgabe, die sich stellt. Sie ist auch möglich.» Deutschland stehe vor großen Herausforderungen. «Wir haben ein Problem vor uns in der Republik, das so noch nie da war in der Dimension dieser Verschuldung.»
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) verteidigte das Steuerwahlversprechen der Union. «Wir brauchen mehr Wachstum. Und Steuersenkungen, vor allen Dingen für Leistungsträger, führen auch zu mehr Wachstum», sagte er Radio NRW. Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) sagte der dpa, Steuersenkungen seien für Wachstum sinnvoll. Es gelte aber auch, den Haushalt zu sanieren und in Bildung zu investieren.
CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagte im Deutschlandfunk, Erbschaft- und Unternehmensteuer würden «blitzschnell, vielleicht sogar in einem 100-Tage-Programm» geändert. Im rbb bekräftigte CDU- Generalsekretär Ronald Pofalla, dass es keine Steuererhöhungen geben soll - trotz geplanten neuen Schulden des Bundes von 310 Milliarden Euro bis 2013, riesigen Steuerausfällen und teuren Rettungspaketen.
Einer Umfrage des Allensbach-Instituts zufolge glauben 64 Prozent der Befragten, dass es nach der Wahl zu Steuererhöhungen kommen wird. «Vor allem die Anhänger von Union und SPD halten es angesichts der Haushaltslage nicht für möglich, die Steuern zu senken», schreibt Allensbach-Chefin Renate Köcher in der «Wirtschaftswoche».