Klangschönes Isarflimmern

Ein Konzertsaal auf der Museumsinsel würde das Deutsche Museum nicht stören – doch das Projekt wird auf die lange Bank geschoben
Robert Braunmüller |
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Es endete wie das Hornberger Schießen. So nennt man sprichwörtlich eine Angelegenheit, die mit großem Getöse angekündigt wird, bei der aber nichts herauskommt.

Der Lärm kostete diesmal 200 000 Euro und klingt eigentlich wohllautend in den Ohren: Für diesen Preis erstellte das Düsseldorfer Büro HPP Architekten eine Machbarkeitsstudie zu einem Konzertsaal auf der Museumsinsel. Es sollte geklärt werden, ob ein solcher Bau im oder an der Stelle des maroden Kongresssaals möglich wäre, ohne dem Deutschen Museum, das 400 Millionen Euro schwere Expansionsabsichten hat, die Luft zum Atmen zu nehmen.

Das Ergebnis ist ein klares Ja. Die Düsseldorfer Architekten bevorzugen eine Neubaulösung, bei dem sich das Zukunftsforum des Museums und der Konzertsaal den Eingang teilen. Die Isarphilharmonie wäre durch eine transparente Hülle erkennbar, daneben wäre genügend Platz für großzügig dimensionierte Vortrags- und Ausstellungsräume. Bei der alternativen „Bestandslösung“ würde der Altbau mit einem transparenten Foyer umgeben und für die Räume des „Forums der Zukunft“ der zwischen dem Kongresssaal und der Bibliothek gelegene Posthof überbaut.

Das Ergebnis darf nicht verwundern: Kunstminister Wolfgang Heubisch will den Konzertsaal. Das heißt allerdings nicht, dass das Projekt hiermit beschlossene Sache sei. Denn nun kommt das Hornberger Schießen ins Spiel: Das gestrige Gipfeltreffen bei Ministerpräsident Horst Seehofer, bei dem in Anwesenheit von Vertretern des Museums und des Bayerischen Rundfunks die Studie präsentiert wurde, endete mit einem Dämpfer für Heubisch.

Denn nach Seehofers Willen wird nun weitergeprüft, um die skeptischen Vertreter des Museums ruhig zu stellen. „Die Gesprächsteilnehmer waren sich einig, dass eine Reihe von Fragen noch intensiv geprüft und diskutiert werden müssen“, hieß es. „Dabei sollen die Fragen alternativer Standorte für den Konzertsaal, die Anforderungen an ein Betreiberkonzept sowie technische und finanzielle Aspekte der Realisierbarkeit geklärt werden.“

Das heißt: Es soll Zeit bis zur Landtagswahl gewonnen werden. Wenn Heubischs FDP nicht mehr gebraucht wird, kann der Konzertsaal bequem entsorgt werden. Denn alle anderen Standorte haben längst bekannte Nachteile wie eine schlechte Erreichbarkeit, Zentrumsferne oder die mögliche Gefährdung der Parklandschaft am Finanzgarten.

Weiter offen ist auch die Finanzierung. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks will den Saal, weil die Musiker unter der schlechten Gasteig-Akustik und der schwierigen Planung wegen des Erstbelegungsrechts der Münchner Philharmoniker im städtischen Kulturtempel leiden. Der Sender darf aus rechtlichen Gründen aber keinen Saal bauen. Weil die Stadt als glückliche Besitzerin des bis 2030 abzubezahlenden Gasteig keinen Neubau will, ist der BR auf den Staat angewiesen. Angesichts der laufenden Debatte um die Staatsnähe und den Gebührenhunger des öffentlich-rechtlichen Rundfunks könnte das Projekt einen massiven Streit auslösen, der allen Beteiligten schadet.

Allerdings hat Seehofer unvorsichtigerweise dem Orchester nach dem Neujahrskonzert der Bayerischen Vertretung in Berlin im Januar des vorigen Jahres den Saal versprochen. Seit Heubisch den Kongresssaal ins Gespräch gebracht hatte, läuft das Kuratorium des Deutschen Museums Sturm. Für Direktor Wolfgang Heckl ist „ein Konzertsaal an diesem Platz keine Option“ - obwohl der Kongresssaal in der Nachkriegszeit bis zur Eröffnung des Gasteig als Konzertsaal diente und von dem Neubau Synergien zu erwarten wären, von dem die Klassische Musik und das Technikmuseum profitieren würden.

Heubisch hat durch seine Alleingänge viel Porzellan zerschlagen. Und das ist schade, weil erfolgreiche Konzertsaal–Neubauten wie das Luzerner KKL beweisen, dass solche Großprojekte nur in einem breiten Konsens verwirklicht werden können. Die Denkmalpfleger fühlen sich ebenso übergangen wie die Landtagsopposition. SPD und Grüne sprechen davon, dass durch die Machbarkeitsstudie nur Zeit und Geld verschwendet wurde. Wer die blasse Zusammenfassung liest, die heute öffentlich wurde, ist geneigt, ihnen zuzustimmen.

Und es ist die Frage, ob es wirklich immer gleich ein Neubau sein muss. Der Staat besitzt den Herkulessaal der Residenz, der im Publikumsbereich wie hinter der Bühne dringend für die Zukunft ertüchtigt werden müsste. Mit einem Einbau eines zweiten Rangs könnte die Platzkapazität erweitert werden. Es wäre nicht ganz so spektakulär - dafür aber eine nachhaltige Lösung.

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