Kritik

Herbert Pixner in der Residenz: Gegen kleinkarierte Klischees

Herbert Pixner mit seinem Quartett im Brunnenhof der Residenz.
Adrian Prechtel
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Herbert Pixner bei einem Konzert im Gasteig.
Herbert Pixner bei einem Konzert im Gasteig. © imago images/HMB-Media/Schumacher

Bald nach der kurzen Pause – im intimen Residenzhof mit seinen schönen, schlichten Sgraffito-Verzierungen ist es romantisch dunkel geworden - spielt Pixner eine seiner Schlüsselkompositionen: "Alps". Und weil er jedes der zwanzig Stücke dieses Sommerabends kurz an- oder abmoderiert, spricht er von diesem Stück. Es sei eine seiner Impressionen von den Bergen über 2.000 Meter, wo es nach altem Stein und Schnee riecht.

Das Akkordeon baut eine fast klagende, sanft klirrend-vibrierende Weite auf. Etwas sphärisch kommt die E-Gitarre von Manuel Randi dazu, der akustische Bass von Werner Unterlercher begleitet und die Harfe von Schwester Heidi Pixner hält verstärkt das ganze klanglich klar im Alpenraum. Es sei auch "ein Stück gegen rotweiß-kleinkarierte Klischees", sagt der Südtiroler, der vor Jahren schon ins österreichische Tirol gezogen ist. Und irgendwie hat man das Gefühl, dass er damit subtil auf den Alpin-Rockwahnsinn von Andreas Gabalier vor 100.000 Zuschauern in Riem anspielt.

Herbert Pixner: Völlig frei von Volkstümelei

Herbert Pixners Projekt einer Volksmusik "handcrafted from the Alps", wie er auf alle seine Alben schreibt, ist natürlich das Gegenteil vom krachkunstledernen Landhausstil des Volks-Rock'n'Rollers aus der Steiermark. Von dort hat Pixner nur seine Ziach, sein streirisches diatonisches Akkordeon. Und wenn Pixner selbst die Rockkarte spielt und gar "hart harziges" spielt, wie den "Lörget Blues" der neuen CD, ist seine Musik völlig frei von Volkstümelei.

Den ersten Teil hatte Pixner dem neuen Album "Schian!" gewidmet. Auf dem ist auch der Pianist Alessandro Trebo zu hören, aber auf Tour ist Pixner nur im Quartett - und das ist kein Verlust, weil auf dem Album musikalisch unklar bleibt, was ein Konzertflügel musikalisch ergänzen kann, was nicht entbehrlich wäre. Überhaupt ist das Live-Konzert akustisch bewegender als die CD, weil hier in der Sommerabendluft der Klang nicht zu einem dichten Strom verschmilzt, sondern sich die verschiedenen Instrumente - Pixner greift auch noch zu Saxophon, Klarinette und Horn - gut heraushören lassen, auch wenn die verstärkte Harfe etwas untergeht.

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Nicht immer erschließt sich der E-Gitarren-Sound

Pixner, der wie Karl Valentin auf seinem Stuhl sitzt und mit seinen langen Beinen nicht weiß wohin, eine lustige Fliege zur Weste und weißem Hemd trägt, will alles sein: Moderner Heimatpfleger im 7/8-Takt, sanfter Seelentröster seines Publikums "in diesen schwierigen Zeiten" und auch Rock'n'Roller, der ohne Drums Druck machen kann. Manchmal wünscht man sich den ein oder anderen Song mehr unplugged, erschließt sich nicht immer der Einsatz von E-Gitarre und E-Bass, wenn man im nächsten Stück wieder den traditionelleren Klang der akustischen Instrumente hört.

Am Ende - aus Lärmschutzgründen auf 22 Uhr angesetzt, was Pixner aber lächelnd entspannt interpretiert - bedankt er sich beim Publikum: "Schian, dass da seid's!" Und: Ausverkauft sei heute ja schon, was zur Hälfte voll ist. Aber in München gab es wirklich gleich zwei Abende keinen freien Platz mehr. Und Pixner lobt: "Man hat zeitweise keine Stecknadel fallen hören." Was ebenfalls stimmte, so konzentriert waren die überwiegend mittelalterlichen, entspannt gut aufgelegten Zuhörer, von denen auch niemand störende Handyaufnahmen während des Konzerts machte. Mit der Zugabe nach eiinem "Notturno" und dem Wiegenlied "Ninna Nanna" ging es mit "Gernstl unterwegs" zum Ausgang in die Sommernacht, die auch montags in der Innenstadt noch angenehm belebt war.


Herbert Pixner spielt wieder am 23. Oktober in der Isarphilharmonie.

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