Kritik

Hagen Rether mit "Liebe" im Deutschen Theater: Hölzchen und Stöckchen

Hagen Rether mit einem Update seines Programms "Liebe" im Deutschen Theater.
Mathias Hejny |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Hagen Rether: Sein Kabarett ist kein einfaches Politiker-Bashing. (Archivbild)
Hagen Rether: Sein Kabarett ist kein einfaches Politiker-Bashing. (Archivbild) © Daniel Karmann/dpa

München - Marketing ist nicht seine Sache. Seit 2003 tourt Hagen Rether mit einem Programm, das ebenso schlicht wie monumental "Liebe" heißt, aber seither sechs "Updates" erlebte. 

Drei Stunden im Deutschen Theater: Für Hagen Rethers Verhältnisse ein Quickie

Die auffälligste Änderung ist das "Männlichkeitssymbol", das er sich während der Lockdown-Phasen ins Gesicht wachsen ließ. Frauen mögen keine Bärte, behauptet der Mann am Klavier, und damit sei auch dieses Thema endlich einmal vom Tisch. Und fast revolutionär ist die Ankündigung, die Show schon nach zwei Stunden zu Ende zu bringen.

Früher saß man noch um Mitternacht in der Halle oder im Theater und hatte trotzdem nie den Eindruck, gelangweilt zu werden. Jetzt sind es schließlich und immerhin noch drei Stunden, was für Hagen Rethers Verhältnisse ein Quickie ist. Das München-Gastspiel im Deutschen Theater war, wie so vieles, schon lange geplant. Anerkennend stellt der Kabarettist fest, dass viele Karten für diesen Abend "schon vor dem Krieg" gekauft worden sind.

Inzwischen haben wir Krieg auf dem eigenen Kontinent und bis zu den nächsten Lockdowns haben wir trotz der Minderheit, die sich die Freiheit leiste, ungeimpft die Unfreiheit der Mehrheit billigend in Kauf zu nehmen, ein paar Monate Freiheit. "Genießen Sie es!", empfiehlt er dringend, denn nicht nur sei die Impfpflicht gescheitert, sondern das Bild, das er von der Gegenwart und ihren Folgen malt, ist Nichts für Leute, die ohnehin schon zu Depressionen neigen.

Hagen Rether kanzelt Christian Lindner als "narzisstische Luftpumpe in der Adoleszenz" ab

Wie immer nährt er den Verdacht, dass auch Dramaturgie nicht zu seinen Kernkompetenzen gehört und scheinbar beplaudert einfach alles, was ihm gerade unter das inzwischen grau melierte Haupthaar mit dem langen Zopf gerät. Aber dort findet jedes Stöckchen auf wundersame Weise zu all den Hölzchen, mit denen es zusammenhängt: Ukraine-Krieg und Corona-Seuche sind dabei nicht so wichtig, denn seine Themen betreffen Lebensbereiche, in denen jeder etwas Sinnvolles tun oder auch sinnstiftend unterlassen könne: Fleischkonsum, Klimawandel, Umweltzerstörung, Pflegenotstand, soziale Schere, Altersarmut, Glauben an ein ewiges Wachstum, Glauben an den Papst, Querdenker, alte Nazis, neue Nazis, USA, CDU, CSU, AfD oder - das Allerschlimmste - die FDP.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Christian Lindner kanzelt er als "narzisstische Luftpumpe in der Adoleszenz" ab, die die Grünen daran hindere, den 16 Merkel-Jahren endlich hinterher zu räumen. Dabei ist sein Kabarett kein einfaches Politiker-Bashing. Einfach ist hier sowieso gar nichts und gnadenlos watscht er auch die ab, die ihm gerade ebenso tief betroffen wie schwerstbelustigt zuhören.

Daran, dass die Wähler klüger seien, als man denkt, glaubt er nicht, denn "die Wähler sind strunzdumm". Das weiß er, weil er seit zwei Jahrzehnten "Liebe" predigt. Niemand unternehme das Notwendige und nichts habe sich geändert. Dabei sei schon lange nicht mehr fünf vor Zwölf: "Bald ist es eins und dann ist Mittagspause."

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.