Streit um die Saurüsselalm am Tegernsee eskaliert: Droht nun die Schließung?
München/Bad Wiessee - Das Urteil im Prozess um die Saurüsselalm im Tegernseer Tal lautet: kein Urteil. Völlig überraschend ließ der Bauherr der als Luxus-Eventlocation verschrienen Gasthütte, Franz Haslberger, über seinen Anwalt mitteilen, dass er seinen Bauantrag zurückzieht. Die Saurüsselalm wird also zum Schwarzbau. Im Verfahren am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München am Donnerstag sollte eigentlich die Frage nach der Rechtmäßigkeit der bereits erfolgten Baugenehmigung geklärt werden. Sowohl der Verein zum Schutz der Bergwelt (Kläger) als auch Haslberger hatten nach dem ersten Prozess 2022 Berufung eingelegt.
Schon 2022 kam es nach Luxus-Sausen zum Prozess um die Saurüsselalm
Die Saurüsselalm sorgt schon seit Jahren für Streit. Der Verein war von Anfang an wenig begeistert von der Gasthütte im Söllbachtal. Vor dem Umbau 2021 war die Alm - damals noch Söllbachaualm - eher abgelegen inmitten der Natur und ein reiner Landwirtschaftsbetrieb. Nun ist die Saurüsselalm für Luxus-Sausen bekannt, die den Umweltschützern ein Dorn im Auge sind. Die Alm hat zwar regulär sieben Tage die Woche für Wanderer geöffnet, der Betreiber und ehemalige Leibkoch von Altkanzler Helmut Kohl, Martin Frühauf, darf aber bis zu 15-mal im Jahr besondere Events für geschlossene Gesellschaften ohne zeitliche Beschränkungen veranstalten. Champagner, Shuttle-Service und Gourmet-Menüs sind dort keine Seltenheit. 2022 kam es schon vor dem Verwaltungsgericht München zum Prozess. Die Genehmigung für die Sonderveranstaltungen wurde daraufhin vom Gericht aufgehoben - und die Klage sonst abgewiesen.
Gaststätte inmitten der Natur - rechtmäßig?
Größter Knackpunkt im jetzigen Berufungsprozess ist die Privilegierung, sozusagen die Ausnahmeregelung, dass die Gaststätte inmitten der Natur, gebaut werden durfte. Das Gericht tut sich in dieser Frage sichtlich schwer. Wie die Anwältin der Klägerseite, Anja Schilling, vorträgt, sind die Umweltschützer der Ansicht, dass die Alm in einem Gebiet liegt, das zuvor nicht touristisch erschlossen war. Der Anwalt des Bauherren, Herbert Kaltenegger, widerspricht: "Die Leute fahren doch hin", sagt er und verweist auf den Erfolg der Gastalm. Zudem sei die Gemeinde Bad Wiessee damals auf seinen Mandanten zugekommen und hätte gerade wegen der vielen Wanderer um den Umbau gebeten.
Besitzer der Saurüsselalm zieht vor Gericht die Reißleine
Eine Revision hätte es nach diesem Vormittag wohl in jedem Fall gegeben. Der Naturschutzverein erhoffte sich ein Grundsatzurteil für zukünftige Fälle. Dem kam der Bauherr zuvor und ließ die Rücknahme des Bauantrags verlautbaren. "Diese schwierige Entscheidung ging einem jahrelangen Gerichtsprozess voraus, bei dem jegliches Maß auf Seiten des Klägers verloren gegangen scheint", teilt die Anwaltskanzlei nach dem Prozess mit. "Obwohl der Alm-Betreiber maximal auf die Forderungen eingegangen ist, wollte der Verein selbst in der mündlichen Verhandlung nicht von seiner Linie abweichen", heißt es zur Begründung der Entscheidung.
Saurüsselalm ist nun ein Schwarzbau
Wie das Landratsamt Miesbach der AZ bestätigt, liegt das weitere Vorgehen nun im Ermessen der Behörde. Der Verzicht auf die Baugenehmigung bedeute zunächst, dass ein weiterer Betrieb der Saurüsselalm formell baurechtswidrig wäre. Fans des Lokals können aber aufatmen: Die Alm bleibt erstmal geöffnet. Das bestätigt die Kanzlei von Haslberger: "Der Betreiber der beliebten Almwirtschaft möchte den Betrieb fortsetzen und setzt auf einen konstruktiven Austausch zwischen dem Landrat, der Gemeinde und dem Verein." Auch das Landratsamt will zunächst das Gespräch suchen.
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