Leben mit Corona: Nicht nur Masken werden zur Pflicht
München (dpa/lby) - Nach Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern führt Bayern nun doch eine Maskenpflicht in Geschäften und im öffentlichen Nahverkehr ein. Von der kommenden Woche an sollen Mund-Nasen-Schutz, Alltagsmasken oder auch Schals Pflicht sein, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag in einer Regierungserklärung im Landtag in München. "Man nennt das im Allgemeinen auch eine Maskenpflicht." Diese werde im gesamten öffentlichen Nahverkehr gelten und in allen Geschäften, die schon jetzt geöffnet haben. Dazu zählen auch Supermärkte.
Der Freistaat ist das erste westdeutsche Bundesland, welches damit das von Bund und Ländern verabredete Maskengebot nachträglich verschärft. In Sachsen muss seit Montag beim Einkauf und im Nahverkehr ein Mund-Nasen-Schutz oder Schal getragen werden, in Mecklenburg-Vorpommern vom 27. April an im Nahverkehr. Am Donnerstag hatte Bayerns Kabinett noch auf ein "Mundschutzgebot" gesetzt.
Kommunen könnten aber schon ab sofort die Maskenpflicht anordnen, sagte Söder. Dies sei bei regionalen Hotspots durchaus sinnvoll. Als Beispiel nannte er das niederbayerische Straubing, hier soll die teilweise Maskenpflicht schon am Donnerstag eingeführt werden.
Zudem kündigte Söder an, dass Bayern seine Corona-Finanzhilfen erneut nachjustieren wird: Ein wichtiger Punkt ist dabei, dass Eltern in Bayern für die kommenden drei Monate keine Kindergarten- oder Kita-Gebühren bezahlen müssen, solange diese geschlossen sind. Eine staatlich verordnete Schließung dürfe nicht zu einer finanziellen Belastung der Eltern führen. Derzeit ist nicht absehbar, wann Kindergärten und Kindertagesstätten wieder öffnen können.
Das Geld soll laut Söder aus einem neuen "Topf" über 500 Millionen Euro kommen, es solle jenen helfen, die von den schon zur Verfügung gestellten Soforthilfen nicht profitierten. Die Koalition sei sich hier einig und das Kabinett werde dies schon am Dienstag beschließen.
Auch die rund 30 000 Künstler, die auch in der Künstlersozialkasse organisiert sind, sollen Geld bekommen. Wie in Baden-Württemberg sollen sie auch in Bayern monatlich 1000 Euro bekommen. Anders als kulturelle Einrichtungen sei diese Gruppe bislang zugegebenermaßen "durch jedes Raster" gefallen, sagte Söder.
Weitere Profiteure könnten Rehakliniken werden, die einen Teil ihrer Betten zur Corona-Versorgung zu Verfügung gestellt haben. Von der Bundesregierung gebe es zwar schon einen Ausgleich, trotzdem wolle die Staatsregierung "50 Euro pro Bett und Tag drauflegen", sagte Söder. Privatkliniken, Mutter-Kind-Einrichtungen, Jugendherbergen, Schullandheime, Sozialeinrichtungen, Familienberatungen und Studentenwerke sollen ebenfalls Hilfen bekommen. Die Pauschalen für Sportvereine und Sportstätten würden verdoppelt.
Grundsätzlich sei Bayern in der seit Wochen andauernden Pandemie auf einem guten Weg, betonte Söder, dennoch müsse allen klar sein, dass noch nicht einmal die Halbzeit der Krise erreicht sei. Derzeit würden sich die Corona-Infektionen in Bayern rechnerisch nur noch alle 34 Tage verdoppeln. Der Freistaat liege inzwischen bei den "wesentlichen Kennzahlen zum Teil unter dem Bundesdurchschnitt", obwohl Bayern wegen seiner Nähe zu Italien und Österreich besonders betroffen war.
Die Zahl der mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 infizierten Menschen ist in Bayern seit Ausbruch der Pandemie auf 38 232 gestiegen. Dies teilte das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Erlangen am Montag (Stand 10.00 Uhr) mit. Die Zahl der Toten, die mit dem Virus infiziert waren, stieg auf 1299. Ein großer Teil der Erkrankten ist aber inzwischen wieder genesen, seriös ist dies aber nicht bezifferbar. Unklar ist auch, wie hoch die Dunkelziffer der Infizierten und wieder genesenen unter den nicht getesteten ist.
Da es in den Kliniken noch Kapazitäten in der Intensivmedizin gebe, will der Freistaat zudem erneut schwer erkrankte Covid-19-Patienten aus Frankreich und Italien aufnehmen. "Wir werden für weitere 20 Betten die Möglichkeit schaffen zu helfen", sagte Söder. Der Freistaat hatte in den vergangenen Wochen schon Franzosen und Italiener zur medizinischen Betreuung nach Bayern geholt.
Trotz Corona-Krise soll es laut Söder künftig auch in Bayern wieder Möglichkeiten für Demonstrationen geben. Denkbar sei die Erlaubnis von Versammlungen mit bis zu 20 Personen. Es sei wichtig, schnell zu Ergebnissen zu kommen, da Grundrechte auch in der Krise gelten.
Auch bei Gottesdiensten deutete Söder eine Lockerung an. Ab 3. Mai seien Treffen von Glaubensgemeinschaften unter strengen Auflagen vorstellbar. Die Lockerungen sollen für alle Glaubensgemeinschaften gelten. "Wir brauchen auch für den gesamten Ramadan eine Lösung."
Wegen der strengen Ausgangsbeschränkungen war das Demonstrationsrecht in den vergangenen Wochen ausgesetzt. Wegen jüngst rückläufiger Ansteckungszahlen in Bayern hatte die Staatsregierung mit Beginn dieser Woche begonnen, einige Maßnahmen zu lockern - unter anderem dürfen seit diesem Montag wieder Baumärkte und Gärtnereien öffnen. Ab dem 27. April sollen auch wieder die ersten Schulklassen starten.
Nach der Kritik des Oberstem Rechnungshofs am Corona-Rettungsschirm der Staatsregierung kündigte Söder Nachbesserungen an: Für den Bayern-Fonds solle es ein parlamentarisches Begleitgremium geben. Die Behörde hatte kritisiert, dass die zur Finanzierung des Bayern-Fonds erforderliche Schuldenaufnahme vom Landtag nicht kontrollierbar in einem Extrahaushalt erfolgt und nicht direkt im Staatshaushalt.
Die Opposition nutzte die Landtagssitzung zu einer umfassenden Kritik an Söders Krisenmanagement. Mit unterschiedlichen Schwerpunkten monierten SPD, Grüne, AfD und FDP, dass sie in Bayern noch massiven Änderungsbedarf bei der Kinderbetreuung, bei den Lockerungsmaßnahmen beziehungsweise den noch andauernden Beschränkungen und auch bei der Aufstellung der Wirtschaftshilfen sehen. Insbesondere bei der für Ende der Woche anstehenden Aufstellung des Nachtragshaushalts mit weiteren Milliardenhilfen attackierten sie die Regierung direkt.
Söder warb dennoch weiter für Vertrauen in die seine Exit-Strategie: Einen überstürzten Kaltstart dürfe es nicht geben, "Corona bleibt tödlich". Lockerungen in den Bereichen Gastronomie und Hotellerie seien daher nicht in Sicht. "Jeder, der heute einen Fahrplan verspricht und meint, ein Datum setzen zu können, unabhängig vom Infektionsgeschehen, der setzt sich dem Vorwurf zumindest aus, dass er nicht den gesamten Ansatz des Dramatik verstanden hat."