"Parteipolitischer Blödsinn": Landtagsdebatte bringt Innenminister auf die Palme

Es kam wie vorhergesehen: Der Antrag der Grünen, das Mindestalter von 40 Jahren für den bayerischen Ministerpräsidenten aus der Landesverfassung zu streichen, stieß bei der ersten Lesung im bayerischen Landtag auf Ablehnung einer breiten Mehrheit aus CSU, Freien Wählern und AfD. Lediglich die SPD signalisierte Zustimmung.
In den nächsten Wochen durchläuft der Vorstoß die zuständigen Landtagsausschüsse. Ein anderes Stimmungsbild ist auch dort nicht zu erwarten.
Laut Verfassung: Ein Ministerpräsident in Bayern muss mindestens 40 Jahre alt sein
Nach der 1946 in Kraft getretenen bayerischen Verfassung muss ein Ministerpräsident im Freistaat mindestens 40 Jahre alt sein. Mit der grünen Fraktionsvorsitzenden Katharina Schulze wäre diese Regelung theoretisch bei der jüngsten Landtagswahl tragend geworden. Inzwischen feierte Schulze aber ihren 40. Geburtstag, sodass sie uneingeschränkt für das Spitzenamt kandidieren könnte.
Womöglich habe der aussichtslose Grünen-Antrag auf Streichung der Altersgrenze nur die Funktion, den Geburtstag Schulzes "auf großer Bühne" nachzustellen, spottete der Freie-Wähler-Abgeordnete Felix Locke.
Toni Schuberl (Grüne): Söder zwar oberhalb der Altersgrenze, aber "ohne nötige Reife"
Mit der Unterstützung der Regierungsfraktionen von CSU und Freien Wählern hatte der Grünen-Rechtspolitiker Toni Schuberl wohl auch nicht gerechnet, weil er die Begründung des Antrags mit Attacken auf den amtierenden Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) spickte.

Der mit 51 Jahren ins Amt gelangte Söder sei das beste Beispiel dafür, dass jemand auch oberhalb der Altersgrenze nicht die nötige Reife für das Amt mitbringen könne, ätzte der Grünen-Politiker wenig diplomatisch.
Die 40-Jahre-Grenze sei "willkürlich" und "nicht mehr zeitgemäß". Die Bürger sollten die Freiheit erhalten, auch jüngere Politiker zu wählen. Diese Freiheit allerdings könnten sie nur indirekt nutzen, denn der Regierungschef wird vom Landtag gewählt.
Negativbeispiel Österreich: Alexander Dietrich (CSU) verweist auf Ex-Kanzler Sebastian Kurz
Der CSU-Rechtspolitiker Alexander Dietrich warnte davor, die Verfassung dem Zeitgeist zuliebe zu ändern. Junge Regierungschefs in anderen Ländern wie etwa Finnland, Neuseeland und Frankreich seien alles andere als erfolgreich gewesen.
Dabei erwähnte Dietrich auch den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz von der Schwesterpartei ÖVP, der mit 31 Jahren dieses Amt übernommen und wegen "Skandalen ohne Ende" (Dietrich) wieder verlassen musste. Zu seiner Amtszeit wurde Kurz von der bayerischen Schwesterpartei CSU hofiert und trat einmal sogar als Hauptredner auf einer Wahlkampf-Abschlussveranstaltung auf.
Horst Arnold (SPD): Selbst Bundeskanzler darf man schon mit 18 werden
Dietrich verwies außerdem darauf, dass der Bundespräsident und die Richter am Bundesverfassungsgericht 40 Jahre alt sein müssten.
Mit 25 Jahren könne eine Person ins Schöffenamt berufen werden, mit 18 Bundeskanzler und Bürgermeister werden, hob der SPD-Rechtspolitiker Horst Arnold hervor. Es sei auch nicht bekannt, dass Staaten mit jungen Regierungschefs "mehr Not leiden als andere".
Wie Willy Brandt forderte Arnold den Landtag auf, "mehr Demokratie zu wagen". Da in Bayern Verfassungsänderungen nicht nur einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Landesparlament, sondern auch der Zustimmung aller wahlberechtigten Bürger in einer Volksabstimmung bedürfen, solle man doch die Wähler entscheiden lassen, schlug Arnold vor.
"Klamauk ohne Inhalt": Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in Rage
Das brachte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in Rage. Es sei unverantwortlich, Millionen für die Durchführung einer Volksabstimmung für "parteipolitischen Blödsinn" zu verschwenden, schimpfte Herrmann. Für einen solchen "Klamauk ohne Inhalt" bestehe nun wirklich kein Anlass.
Auch die Grünen könnten keine Persönlichkeit unter 40 Jahren vorweisen, die für das Amt des Ministerpräsidenten geeignet wäre. Den Antrag des AfD-Abgeordneten Christoph Maier, den Grünen-Vorstoß gleich durch Schlussabstimmung nach der ersten Lesung zu beerdigen, lehnten alle anderen Fraktionen trotz des klar negativen Stimmungsbilds ab. Er freue sich über die Behandlung in den Ausschüssen, sagte Freie-Wähler-Abgeordneter Locke.