Imam bei Günther Jauch: Gute, alte Opferrolle

Am Sonntagabend lud Günther Jauch zum Islam-Talk - Konfliktpotential vorprogrammiert. Ein Gast stellte die Geduld aller Anwesenden auf die Probe. Am Ende blieb trotz allem Unklarheit.
Markus Giese
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Imam Abdul Adhim Kamouss zu Gast bei Günther Jauch.
imago/AZ Imam Abdul Adhim Kamouss zu Gast bei Günther Jauch.

Am Sonntagabend lud Günther Jauch zum Islam-Talk - Konfliktpotential vorprogrammiert. Ein Gast stellte die Geduld aller Anwesenden auf die Probe. Am Ende blieb trotz allem Unklarheit.

"Was geht Ihnen gerade durch den Kopf, wenn Sie dieser Tage diesen Mann sehen? Misstrauisch sind Sie ihm womöglich gegenüber. Und wie ungerecht ist das eventuell, weil Sie ihn doch gar nicht kennen".

Mit diesen Worten begrüßte Moderator Günther Jauch den Imam Abdul Adhim Kamouss - nichtsahnend, wie der Islam-Prediger die Nerven der Gäste, der TV-Zuschauer und vor allem die des Talkmasters auf die Probe stellen würde.

Was Jauch sagen wollte: Sind wir etwa nicht voreingenommen, wenn wir einem vollbärtigen Mann mit Turban gegenüber stehen? Starker Gedanke. Wegschalten (selbst nach dem seichten Köln-Tatort) ausgeschlossen.

Lesen Sie hier: Wer ist Imam Abdul Adhim Kamouss?

Die Gäste neben Abdul Adhim Kamouss: CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach, ARD-Journalist Stefan Buchen, Spiegel-Redakteurin Özlem Gezer und Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD). Das Thema "Gewalt in Allahs Namen - wie denken unsere Muslime?". Ein Erklärungsversuch der schrecklichen Gräueltaten im Irak und in Syrien und den Dschihad-Tourismus deutscher Jugendlicher im Namen einer Religion unter Generalverdacht.

Was folgte, war eine abstruse One-Man-Show, der angestrengte Versuch eines Islam-Predigers, den Ruf des radikalen Salafisten loszuwerden. Alle Mittel waren recht. Da wurde den Gesprächspartnern permanent ins Wort gefallen. Die Stimme überstrapaziert, die Rhetorik pathetisch, um gleichzeitig nich einmal das entspannt spitzbübische Lächeln zu verlieren. Eine Art, die vor allem dem Blutdruck des talkshow-gestählten Neuköllner Bürgermeisters zu schaffen machte.

Konfrontiert mit Ungereimtheiten wie regelmäßge Auftritte in der berüchtigten Berliner Al-Nur-Moschee, ein gemeinsames Video mit dem Berliner Dschihadisten Denis Cuspert (Deso Dogg), oder äußert fragwürdige Aussagen über die Rolle der Frau, wurden gebetsmühlenartig mit auswendig gelernten Floskeln und Fremdwörtern relativiert. Man wolle als Prediger schließlich jeden erreichen - auch die Radikalen. Außerdem sei man ja ein "Mensch aus Fleisch und Knochen" und jeder mache Fehler. Mit Islamismus habe man jedenfalls nichts zu tun.

Lesen Sie hier: Wolfgang Bosbach nach "WWM"-Auftritt: "Kein PR-Gag für Angela Merkel"

Als Kamouss schließlich die "Islamophobie" in Deutschland als Ursprung allen Unglücks ausmachte, platzte dann dem CDU-Innenexperten Wolfgang Bosbach der Kragen. Endlich dachte man sich als Zuschauer, der beim maßlos überforderten Moderator mehr Entschlossenheit erwartet hätte, den hochmotivierten Propagandisten einzubremsen. Bosbach: "Junger Mann, diese Sendung heißt nicht 'Jauch interviewt einen Imam'."

Der sonst so humorvolle CDU-Mann war ohnehin der einzige, der an diesem Abend rhetorisch mit dem Imam Schritt halten konnte, berief sich auf Grundsätzlichkeiten solch einer Diskussion wie die freiheitlich demokratische Grundordnung und den Rechtsstaat. Bei aller Toleranz gegenüber den verschiedenen Religionen sei "für die Scharia beim besten Willen kein Platz. Punkt!" Bosbach weiter: "Ich möchte nicht, dass unsere jungen Menschen verheizt werden, dass sie andere Menschen jagen, töten und radikalisiert zurück nach Deutschland kehren. Das hat mit Islamophobie gar nichts zu tun!" Beifall vom Publikum. Beifall hörte man übrigens auch immer wieder nach den Ansagen des Islam-Predigers. Immer die gleichen vier Gäste, wie Jauch nebenbei bemerkte.

Neben den beiden Protagonisten Kamouss und Bosbach hatten die anderen Diskussionsteilnehmer herzlich wenig zu melden, auch wenn Buschkowsky mit dem Einwurf Beifall erntete, er habe endlich mal auf eine Erklärung eines richtigen Salafisten gehofft, treffe jetzt aber wieder nur einen Weichspül-Prediger, der mit dem ganzen nicht zu tun haben will. Auch Spiegel-Redakteurin Gezer und ARD-Mann Buchen punkteten mit ihren Recherchen aus dem islamistischen Milieu in Deutschland, zumindest, bis ihnen wieder ins Wort gefallen wurde.

Was dem irritierten Zuschauer am Ende dieses Abends bleibt ist Unklarheit. Darüber, was dieser Imam, von dem man sich so viel Aufklärung versprochen hatte, überhaupt repräsentiert. Darüber, wie Menschen in einem Land wie Deutschland im Namen einer Religion für Hass, Terror und Mord instrumentalisiert werden können. Darüber, wie der Großteil der rechtschaffenen und integrierten Moslems über das Thema denkt. Und darüber, wie man dieses verflixte Misstrauen nun endlich loswird.

 

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