TSV 1860 München: Peter Grosser über Schicksalsspiel gegen Heidenheim
Peter Grosser spielte von 1963 bis 1969 für den TSV 1860, er war Kapitän der legendären Meisterlöwen, die 1966 den Titel holten.
AZ: Herr Grosser, die Löwen stehen – mal wieder – am Abgrund. Am allerletzten Spieltag in Heidenheim droht sogar noch der direkte Abstieg in die 3. Liga. Jetzt hat Investor Hasan Ismaik Trainer Vitor Pereira unter Druck gesetzt. Offenbar geht es bei einem Abstieg auch um seinen Job.
PETER GROSSER: Der Trainer ist natürlich gefordert. Wer sonst? Es kann nur der Trainer die Mannschaft einstellen und aufstellen.
Genau in diesen Bereichen scheint Pereira aber einige falsche Entscheidungen getroffen zu haben.
Naja, im Laufe seines Engagements hat sich bei den Sechzgern nicht allzu viel geändert. Der Verein ist mit großen Erwartungen in die Rückrunde gegangen, Erwartungen, die sich nicht erfüllt haben.
Und der Portugiese polarisiert mit seiner Art.
Ich habe volles Verständnis für ihn, weil er sicher selbst mehr erwartet hatte. Da kann man schon mal ausflippen. Das würde ich ihm nicht anlasten.
Was ist mit seinem Fußball? Er wirkt sehr systemtreu.
An seinem System finde ich überhaupt nichts Negatives. Die Frage ist, wie die Mannschaft es umsetzt. In Dresden haben die Spieler ein hervorragendes Forechecking gezeigt, die Abwehr so unter Druck gesetzt, dass sie nur noch zu ihrem Torwart zurückspielen konnte. Dass sie dann im vermeintlich leichteren Spiel und zu Hause genau das Gegenteil gemacht haben, ist mir unverständlich. Dass es gegen Bochum keine einzige Gelbe Karte gegen die Sechzger gab, sagt alles über die Einstellung aus.
Es wird diskutiert, ob Pereira der richtige Mann für den Abstiegskampf ist.
Man soll jetzt keine Trainerdiskussion anfangen. Sicher spielt die Mannschaft so, wie der Trainer sie einstellt. Aber in Dresden war die Einstellung hervorragend. Ich bin überzeugt, dass 1860 in Heidenheim gewinnt und Pereira sowie Daniel Bierofka, der im Trainingslager dabei ist, für die richtige Einstellung sorgen.
Wer soll denn auf dem Platz in dieser Situation die Führungsrolle übernehmen?
Wir haben leider keinen Leader. Es kommt auch nicht auf einen Einzelnen an, sondern auf alle Elf. Dass sie versuchen, über den Kampf zu kommen.
Was ist mit Michael Liendl, Stefan Aigner, Abdoulaye Ba?
An ihnen kann sich die Mannschaft aufbauen. Es gilt, Akzente zu setzen. Aigner hat sich gegen Braunschweig in der zweiten Minute eine Gelbe Karte eingefangen. Sowas ist ein Signal an das eigene Team und den Gegner.
Mit Ba und Felix Uduokkai sind zwei Stammspieler angeschlagen.
Das darf nun keine Rolle spielen. Sie müssen auf die Zähne beißen und sagen: Ich setze mich für den Verein ein.
Ismaik erhöht offenbar nicht nur den Druck auf den Trainer. Einem Bericht zufolge wird das Nachwuchsleistungszentrum vernachlässigt – ein fatales Signal, oder?
Das ist ein absoluter Nebenschauplatz. Das darf jetzt überhaupt kein Thema sein. Ich finde absolut richtig, dass er jetzt Trainer und Mannschaft unter Druck gesetzt hat. Wenn nicht jetzt, wann dann. Das wird mit Sicherheit von den Spielern und dem Trainer angenommen und umgesetzt.
In seinem jüngsten Beitrag spricht Ismaik vom Klassenerhalt ohne Relegation.
Die Löwen müssen das Spiel in Heidenheim gewinnen. Alles andere liegt nicht im Einfluss von 1860. Ich bin mir aber sicher, dass von den drei Kontrahenten einer unentschieden spielt. Das würde für Sechzig genügen. Jetzt über die Relegation zu sprechen, ist verkehrt. Die Konzentration liegt auf Sonntag. Wir schaffen das!
Was macht Ihnen eigentlich Mut, dass es für den direkten Ligaverbleib reicht?
Wenn der Mannschaft das Wasser bis zum Hals steht, bringt sie die Leistung, die sie eigentlich zu leisten im Stande wäre.