TSV 1860 München: Dieter Reiter: Millionen für Kultur - aber nicht für Sechzig?

München - Es ist der Traum vieler Löwen-Fans: ein ausgebautes Grünwalder Stadion. Flutlicht, unten der Auer Mühlbach, oben die Tegernseer Landstraße, ein lautes "Seeeechziiiig" hallt durch die Luft, selbst die Nachbarn hängen himmelblaue Fahnen aus ihren Fenstern.
Friedlich, harmonisch, leidenschaftlich - Giesing eben. Und damit auch ein ursprüngliches Stück München. Doch das Grünwalder, im Stadtgespräch selbst von den Bürgern ohne Bezug zum Fußball "das Sechzger" genannt, ist nicht mehr zeitgemäß. Die Lager beim TSV 1860 sind tief gespalten.
Gespaltene Lager beim TSV 1860
Die einen werfen den, vorsichtig formuliert, Nostalgikern Sozialromantik und Träumerei vor. Die Freunde und Fans des Grünwalder Stadions wehren sich mit dem Einwand, dass die Heimat der Löwen nur auf Giesings Höhen sein könne. Die Stadt München denkt pragmatischer, sanierte den Sehnsuchtsort vieler Bürger zwischen 2010 und 2014 für kolportiert 10,8 Millionen Euro.
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Die Westkurve aber wurde wohl nicht ausreichend saniert, weswegen das Versäumnis nun nachgeholt werden muss, damit zur kommenden Saison 15.000 statt bislang 12.500 Zuschauer reingehen. Die Kosten für die Sanierung - zum Beispiel werden Geländer ("Wellenbrecher") ausgetauscht und Betonstufen ausgebessert - dürften, mit Verlaub, überschaubar sein.
Gleichzeit investiert die Stadt an anderer Stelle in ganz anderen Dimensionen. Noch im Frühjahr hatte der Stadtrat eine Komplettsanierung des Kulturzentrums Gasteig für satte 450 Millionen Euro beschlossen. Ist das noch verhältnismäßig? Müsste die Stadt nicht auch in einen Ausbau des Grünwalders investieren? In das Kulturgut Fußball? Diese Frage stellte die AZ dem obersten Stadtvater, Dieter Reiter.
Neubau von Grünwalder Stadion sei nicht möglich
"Die These ist unzutreffend. Beim Grünwalder Stadion stellt sich nicht die Frage der Investitionshöhe, sondern die des Planungsrechts. Und das besagt, dass das Grünwalder Stadion nicht beliebig erweitert werden und an dieser Stelle auch kein neues Stadion gebaut werden kann", erklärte der SPD-Politiker.
Ein um- oder sogar an gleicher Stelle neugebautes Grünwalder sei aufgrund der heutigen Bau- und Lärmschutzvorschriften nicht denkbar, erzählte der Oberbürgermeister weiter. "Aktuell werden die Baumaßnahmen in der Westkurve durchgeführt, um die Zuschauerkapazität ab der neuen Saison auf 15.000 erhöhen zu können. Ein neues, aus Steuergeldern finanziertes Stadion für 1860 war nie Thema in den Gesprächen, die ich mit Vertretern des Vereins und mit dessen Investor geführt habe."

Oberbürgermeister der Stadt München: Dieter Reiter von der SPD. (Foto: ho)
Zwar sei der Wunsch nach einem eigenen, neuen Stadion mehrfach geäußert worden, allerdings wurde auch immer betont, dass die notwendigen Mittel dafür vom Verein beziehungsweise dem Investor bereitgestellt werden, meinte Reiter ferner. Soweit, so nachvollziehbar.
Versprechen von Hasan Ismaik
Markant: Zwischenzeitlich hatte der für seine Sprunghaftigkeit bekannte Investor Hasan Ismaik den Löwen-Fans versprochen, prüfen lassen zu wollen, ob ein Ausbau nicht doch möglich sei. Reiter beharrt derweil darauf, dass das Investment in Gasteig und ein mögliches Budget für Maßnahmen im städtischen Stadion nicht miteinander verglichen werden dürften.
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"Der Gasteig ist übrigens mehr als Philharmonie und klassische Musik. Er erfüllt als Standort der Münchner Volkshochschule und der Stadtbibliothek für jährlich nahezu zwei Millionen Besucherinnen und Besucher neben der Kultur auch eine wichtige Bildungs- und Integrationsfunktion", meinte der 59-Jährige. "Ich bin froh, dass wir die Sechzger und den Gasteig haben, die müssen wir nicht gegeneinander ausspielen."
Fans des TSV 1860 werden wiederkommen
Es ist eine unmissverständliche Aussage vom Oberbürgermeister. Die Stadionfrage bei den Löwen löst das nicht. Zugegeben, ist die Lösung aber auch nicht in erster Linie Aufgabe der Stadt, sondern der Profi-KGaA selbst. Es bleibt spannend. Ohnehin, sollte die Mannschaft von Daniel Bierofka zuerst in die Dritte Liga aufsteigen und dann, mittelfristig, noch höhere Ziele angreifen.
Die Giesinger und viele weitere Münchner zumindest werden wieder kommen, an ihren Sehnsuchtsort. Unten der Auer Mühlbach, oben die Tegernseer Landstraße, Flutlicht, ein lautes "Seeeeechziiiiig" hallt durch die Luft.