TSV 1860 München: Die Löwen in der Gefühls-Achterbahn
München - Erst der Ergebnis-Stress. Dann die Reisestrapazen. Um 10.30 Uhr hätte der Tross des TSV 1860 gestern nach dem Ausflug zum VfL Osnabrück wieder in München landen sollen. Nix da: Flugzeug kaputt! Und keine späteren Alternativen. Also fuhren Chefcoach Daniel Bierofka und Co. nach Düsseldorf, wo am frühen Nachmittag die Maschine abhob. Ankunft in München: früher Donnerstagabend. Mit an Bord: ein Zähler – und eine gemischte Gefühlslage.
Die Löwen wurden "entdreiert"
2:2 bei den Niedersachsen, die zuvor mit der Maximalausbeute von zwei Siegen aus zwei Spielen gestartet waren: durchaus ein Achtungserfolg für 1860. Schließlich ist man, wie Bierofka gerne betont, Regionalliga-Aufsteiger. Dumm nur, dass die Löwen kurz nach der Pause schon mit 2:0 führten, gut zehn Minuten in Überzahl agierten – und erst in der Nachspielzeit noch "entdreiert" wurden.
Drei Spiele in der Dritten Liga, drei Gefühlswelten: Unter dem Strich stehen beim TSV vier Punkte. Je ein Sieg, ein Remis und eine Pleite, Rang zehn. Nach dem verlorenen Auftakt beim 1. FC Kaiserslautern auf dem Betzenberg: Frust, gepaart mit ein bisschen Stolz auf einen ordentlichen Fußball. Gefolgt vom 5:1-Traumstart auf Giesings Höhen gegen Lotte: Freude und Jubel pur! Jetzt gesellt sich nach dem Last-Minute-Ausgleich ein großes Maß an Enttäuschung hinzu. Und vielleicht die Genugtuung eines soliden Starts in die höhere Spielklasse. Unterlegen, obenauf, wieder geerdet – das ist Sechzig, das ist Giesinger Gefühlsachterbahn!
Quirin Moll: "Gefühlte Niederlage"
"Wenn ich die letzten drei Spiele sehe: Lautern bei der Kulisse war gefühlt ein Zweitligaspiel. Gegen Lotte haben wir ein Super-Spiel hingelegt, auch jetzt waren wir stark", urteilt Torjäger Adriano Grimaldi über die ersten drei Auftritte der jungen Saison: "Da sind eben auch Kleinigkeiten wichtig, wie vielleicht, unsere Konter besser auszuspielen. Ich will hier nicht kritisieren, aber es sind eher die kleinen Dinge, die fehlen."

Drahtzieher Quirin Moll fügte an: "Solche Spiele sind wie eine gefühlte Niederlage. Dass du hier auswärts 2:0 vorne bist – besser kannst du es dir nicht aussuchen." Am Anfang hätte man einen Punkt in Osnabrück laut Moll als "in Ordnung" befunden, obwohl man freilich "jedes Spiel gewinnen" wolle.
Verteidiger Phillipp Steinhart, der wie Daniel Wein erneut einen Treffer per Standard vorbereitete und Sechzigs Stärke am ruhenden Ball unterstrich, erkannte: "Du musst auf diesem Niveau nicht nur 90 Minuten aufpassen, sondern 95." Das ist es, was auch Bierofka und Sportchef Günther Gorenzel bereits des Öfteren predigten: Enge Matches bis zum Schluss, jeder kann jeden schlagen. Willkommen in der 3. Liga!
Hauptrolle von Adriano Grimaldi
Eine Hauptrolle spielte einmal mehr ein Löwe, der in den vergangenen Jahren schon drittklassig kickte: Neu-Torjäger Grimaldi. Der 27-Jährige erzielte nicht nur seinen zweiten Saisontreffer, er glänzte auch als Vorlagengeber vor Simon Lorenz‘ zweitem Tor, bevor er verletzungsbedingt runter musste. "Ich war tot und hatte bei jedem Schritt das Gefühl, dass die Wade platzt", so Grimaldi: "Es war wahnsinnig bitter, von draußen zuzusehen."
Der Ex-Osnabrücker (2012 bis 2014) war zuvor nicht gerade herzlich empfangen worden, weil er vor seinem Wechsel zu 1860 für VfL-Rivale Preußen Münster kickte. Der Deutsch-Italiener dazu: "Es ist doch geil, ausgepfiffen zu werden." Noch geiler wäre für Grimaldi und Co. weiß-blauer Siegestaumel gewesen. Schwer vorherzusagen, welche Richtung die Sechzger-Bahn am Sonntag (13 Uhr, im AZ-Liveticker) gegen den KFC Uerdingen einschlägt, doch eins ist klar: Langweilig wird’s mit diesen Löwen nicht.