Neudecker-Posse beim TSV 1860: Kleinkarierter Konter des DFB

In der Gelbsperren-Farce um 1860-Spielmacher Richard Neudecker beruft sich der DFB auf das Regelwerk und kritisiert die Löwen: "1860 München ist seiner Sorgfaltspflicht bei der Prüfung nicht nachgekommen."
von  Matthias Eicher
Wie bitte? Hier wollte 1860-Spielmacher Richard Neudecker wohl Fingerspitzengefühl statt Gelb - es folgte die Farce um seine Sperre.
Wie bitte? Hier wollte 1860-Spielmacher Richard Neudecker wohl Fingerspitzengefühl statt Gelb - es folgte die Farce um seine Sperre. © imago images/Picture Point

München - Am Montagabend postete Richard Neudecker bei Instagram ein Foto. Es zeigt ihn bei der Arbeit: im 1860-Trikot auf dem Platz. Und mit einer Geste der Klage, des Unverständnisses.

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Kein Wunder, denn: Der Deutsche Fußballverband (DFB) verhängte gegen den Spielmacher des TSV 1860 für das Traditionsduell am Montagabend gegen den 1. FC Kaiserslautern (19 Uhr/Magenta Sport und im AZ-Liveticker) eine Gelbsperre, die der 25-Jährige bereits abgesessen hat - zumindest, wenn es nach den Löwen geht.

Gelb-Farce um Neudecker: DFB schiebt die Schuld auf den TSV 1860

Sport-Boss Günther Gorenzel und Co. hatten sich wiederum an den Fakten und nicht an einem Fehler im DFB-System orientiert. Nun erklärt der DFB: Der Fauxpas hätte den Löwen auffallen müssen, um die (erneute) Sperre zu verhindern.

"Bei jedem Spiel der Dritten Liga werden die Eintragungen im Spielbericht vom Schiedsrichter vorgenommen, anschließend sind die Klubs zur sofortigen Prüfung und Bestätigung angehalten", erklärte der Verband in einer Presseaussendung zur neudeckerschen Gelbsperren-Farce: "Im vorliegenden Fall kam es im September 2021 beim Spiel des TSV 1860 in beiden Prozessschritten zu Versäumnissen. Zunächst nahm der Schiedsrichter in Bezug auf die Gelbe Karte offenbar eine fehlerhafte Eintragung vor, danach kam 1860 München nicht seiner Sorgfaltspflicht bei der Prüfung nach."

Folgenschwere Verwechslung: Bankdrücker Cocic sah Gelb für ein Foul

Heißt: Dass Schiedsrichter Dr. Robin Braun im Spiel gegen den SV Wehen Wiesbaden (3:2) zwar Neudecker verwarnt, im Anschluss aber den gar nicht eingesetzten Spieler Milos Cocic fälschlicherweise mit Neudeckers gelber Karte bedacht hatte, hätte der TSV nicht nur bemerken, sondern auch in einem gewissen Zeitfenster reagieren müssen.

Bei Junglöwe Milos Cocic wurde nach dem Spiel gegen Wiesbaden fälschlicherweise eine Gelbe Karte eingetragen, obwohl er gar nicht spielte.
Bei Junglöwe Milos Cocic wurde nach dem Spiel gegen Wiesbaden fälschlicherweise eine Gelbe Karte eingetragen, obwohl er gar nicht spielte. © IMAGO / Ulrich Wagner

"Die Statuten regeln klar, dass nach Ablauf der Einspruchsfrist eine eingetragene Gelbe Karte rechtsbindende Wirkung hat. Gemäß § 12 der DFB-Rechts- und Verfahrensordnung muss im Falle von Personenverwechslungen dieser Einspruch durch den Klub spätestens am Tag nach dem Spiel erfolgen."

Ein entsprechender Einspruch zum vorliegenden Fall seitens des TSV sei beim DFB jedoch nicht eingegangen: "Auch die Frist für eine mögliche Korrektur des Spielberichts durch die Spielleitung ist abgelaufen."

Neudecker saß eine Sperre ab, die es vom DFB gar nicht gab

Der Verband beruft sich hier auf § 28 Abs. 5 der Durchführungsbestimmungen zur Spielordnung: "Die Spielleitung kann offensichtliche Eintragungsfehler im Spielbericht im Einvernehmen mit dem Schiedsrichter berichtigen, wenn der Fehler bis spätestens am Werktag vor dem nächsten Spiel der Mannschaft in dem jeweiligen Wettbewerb angezeigt wurde." Dies sei "ebenfalls nicht geschehen."

Irrwitzig: Neudecker geht somit wohl als erster Löwe in die Historie ein, der (beim 1:0 bei Viktoria Köln) eine Sperre abgesessen hat, die es eigentlich gar nicht gab. Im DFB-System waren schließlich abzüglich der Cocic-Verwarnung nur vier Gelbe. Den Löwen sei zwar zugute gehalten, dass der Ausgangsfehler nicht bei den Blauen lag. Eventuell auch, dass die Giesinger zu dieser Zeit mit der Corona-Infektion mehrerer Spieler ganz andere Probleme hatten.

Fakt ist und bleibt, trotz aller nachvollziehbarer Wut von Gorenzel: 1860 hat besagte Prüfung verschlafen. Ein Schlupfloch im Sinne der Gerechtigkeit wird es auch künftig nicht geben - nur einen DFB-Appell an alle Beteiligten zu "maximaler Sorgfalt."

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