Funkels Abrechnung
Nach der 0:2-Pleite gegen St. Pauli ätzt der Löwen-Trainer Friedhelm Funkel über die Erwartungshaltung im Klub-Umfeld. „Damit kann ich überhaupt nichts anfangen“, sagt er. Auch die Spieler werden attackiert.
München - Friedhelm Funkel wählte seine Worte mit Bedacht. Sprengstoff boten sie auch so genug. 100 Tage war Funkel am Dienstag im Amt bei 1860. Doch nach der 0:2-Pleite gegen St. Pauli war Funkel nicht zum Schunkeln zumute. Im Gegenteil: Mittags ließ Funkel von der 1860-Pressesprecherin spontan die Reporter zusammentrommeln – und rechnete anschließend gnadenlos ab. Rund 25 Minuten ließ Funkel Dampf ab. Worüber sich Funkel ärgert:
Die zu hohe Erwartungshaltung bei den Löwen: Vier Spiele hatte 1860 vor der Pleite gegen Pauli gewonnen, am Montag hätten sie auf Rang drei springen können – und versagten mal wieder im entscheidenden Moment. Die Fans, die schon Höhenluft gewittert hatten, gingen am Montag enttäuscht nach Hause. Funkel aber sagte: „Hier herrscht eine Erwartungshaltung, die nicht immer gerechtfertigt ist. Das ist mir hier viel zu viel. Man muss nicht immer denken, dass man mit einem Sieg nach oben klettern kann, sondern muss auch auf den Abstand nach unten gucken.“ Mit dem Aufstieg hätte 1860 derzeit nichts zu tun. „Das ist gar kein Thema bei uns. Wir müssen realistisch bleiben und das spielen, was wir können“, sagte Funkel. Wie man gegen St. Pauli sehen konnte, ist das eben: oft nur Stückwerk. Seine Philippika gegen die zu großer Euphorie im Umfeld beschloss Funkel dann so: „Ich kann mit der Erwartungshaltung hier überhaupt nichts anfangen!"
Die Offensiv-Schwäche seiner Spieler: 16 Tore schossen die Löwen in in 18 Spielen – Minus-Rekord! Benny Lauth ist seit 1262 Minuten ohne Torerfolg, traf zuletzt am dritten Spieltag. Und Rob Friend, ehemaliger Erstligaspieler, hat in zehn Einsätzen nur einen Treffer erzielen können. „Unsere Stürmer haben nicht die Form finden können, die man erwartet hat. Anspruch und Wirklichkeit liegen halt häufig auseinander“, so Funkel. Dennoch, oder gerade deshalb, möchte er weiter an seiner Defensiv-Taktik festhalten, die zuvor so erfolgreich war. „Ich kann nur das spielen lassen, was der Kader hergibt“, sagt Funkel. Und das heißt: Defensiv. Keine Auszeichnung für Lauth und Co.
Die Reservisten: Seit Wochen spielt Funkel mit den gleichen Spielern. Was auch daran liegt, dass die Spieler aus der zweiten Reihe nicht genug Druck machen. Vor allem mit Marin Tomasov und den zwei Torlos-Stürmer Stephan Hain und Bobby Wood ist Funkel nicht zufrieden. „Sie müssen viel mehr Bereitschaft zeigen“, forderte Funkel, „müssen sich viel mehr einbringen und zerreißen.“ Auch die Körpersprache der drei gefällt ihm nicht. Funkel hofft nun auf eine Leistungssteigerung der drei im Trainingslager in der Winterpause. „Sonst wird es schwer für sie bei uns. Jeder, der die Vorgaben nicht umsetzt, hat keine Chance zu spielen“, sagte er.
Die Kaderplanung: Dass Funkel gerne ein paar Verstärkungen haben würde, ist nicht neu. Doch zum ersten Mal forderte Funkel diese nun auch konkret. „Wir halten Augen und Ohren offen, damit wir uns noch breiter aufstellen können“, sagte er. Vor allem im Offensiv-Bereich sieht er deutlichen Handlungsbedarf. „Florian Hinterberger (Sportchef, d. Red.) weiß bereits ganz genau, welche Spieler ich haben möchte“, sagte der Trainer. Funkel möchte dann die Vorbereitung nutzen, um die neuen Spieler zu integrieren und kündigt schon an: „Die Vorbereitung wird ganz hart werden!“