Gletscherwanderung im Sommer: Jetzt ein Eis!

Knusprig tut es und frisch. Jedes Mal, wenn sich der Stahl ins Eis bohrt, klingt es, als würde der Boden leise kichern. Kchrrr. Kchrr. Kchrrr. Eine Wanderung auf einem schneefreien Gletscher ist ein bisschen, als würde man einen Riesen kraulen. Und hin und wieder, da gluckst er dann vor Freude ein wenig.
Jetzt im Sommer ist die optimale Zeit für eine Hochtour auf einen Gletscher. Denn: Die sind jetzt aper, also schneefrei. Das mindert die Gefahr, Gletscherspalten zu übersehen. Und man braucht weniger Ausrüstung. Deshalb, jetzt ein Eis! Und zwar ein großes: Knapp siebzehn Quadratkilometer Fläche hat etwa der Gepatschferner in den Ötztaler Alpen.
2700 Meter - da pumpert das Herz
Die AZ hat sich dorthin aufgemacht, um sich vom DAV Summit Club zeigen zu lassen, wie man es als Freizeitalpinist zu seiner ersten Hochtour bringt. Selbst wer öfter im Gebirge ist, darf sich da ruhig mal einen Bergführer nehmen. Erstens, weil die wissen, wie man’s macht (die wichtigsten Tipps, siehe unten). Zweitens, weil sie ein angenehmes Tempo vorgeben. Und drittens, weil man dann auf dem Weg Geschichten erzählt bekommt.
AZ-Reporter Christian Pfaffinger auf dem Gletscher.
Schöne, zum Beispiel von der Hütte, die einen erwartet. Und grausige, wie etwa die Tatsache, dass der Ferner, auf dem man stapft, der am schnellsten schrumpfende Gletscher Österreichs ist. Allein von 2014 auf 2015 zog er sich um 120 Meter zurück. Der Riese unter den Steigeisen, er ist eine schmelzende Schönheit.
Berge im Sommer - Die Königsdisziplin: Hochtourengehen
Und während man darüber sinniert, merkt man langsam die Höhe. Immerhin bis auf gut 2700 Meter wird es bei dieser Tour hochgehen. Da pumpert das Herz dann schon ein bisserl schneller, als man es gewohnt ist, wenn man es recht hastig angeht. Also Derweil lassen, langsam machen, wir sind schon auch zum Genießen da.
Am Geptaschferner empfiehlt sich die Rast auf der Rauhekopfhütte, wo an diesem Tag eine gschmackige Bündner Gerstensuppe aus dem Kessel auf dem Holzofen geschöpft wird. Wenn man dann dort vor der Hütte sitzt, löffelt und schaut, spürt man so richtig schön, wo man ist: im Hochgebirge. Wo sich die Dinge so groß anfühlen und man selbst so angenehm klein wird. Lohnt sich schon, da ganz hoch rauf auf den Riesen.
Zehn Punkte für ein sicheres Erlebnis im Hochgebirge – die Checkliste des Deutschen Alpenvereins
Von Ausrüstung bis Umweltschutz:
1. Gesund und fit in die Berge
Hochtouren verlangen viel Ausdauer. Herz und Kreislauf sowie Muskeln und Gelenke werden intensiv belastet. Die Gesundheit checken lassen und die eigene Fitness realistisch einschätzen.
2. Höhenanpassung beachten
Ab 2500 Metern braucht der Organismus Zeit zur Anpassung. Langsam aufsteigen. Wer höhenkrank wird, sollte besser den Rückweg antreten.
3. Sorgfältige Planung
Karten, Führer, Online-Portale – wer gut vorbereitet ist, geht weniger Risiko ein. Ein gutes Angebot ist der Tourenplaner alpenvereinaktiv.com.
4. Kleine Gruppen
Die ideale Gruppengröße beträgt zwei bis sechs Personen. Größere Gruppen sind ein Risikofaktor. Von Alleingängen ist abzuraten. Alle Mitglieder der Gruppe sollten sich über die Tour informieren.
5. Zweckmäßige Ausrüstung
Vor Absturz und Steinschlag schützen Seil und Helm, Steigeisen und Pickel geben Halt. An Sonnenschutz und Erste-Hilfe-Set denken. Für Einsteiger empfiehlt sich eine Beratung zur Ausrüstung (Klettergurt etc.), die man dann auch erst einmal leihen kann. Aufs Rucksackgewicht achten.
6. Verhältnisse checken
Wetter und Geländesituation vorher prüfen und während der Tour laufend beobachten. Rechtzeitig aufbrechen ist wichtig, das Wetter ist früher meist besser als später. Falls möglich, vor Ort fragen ob besondere Risiken, etwa Steinschlaggefahr vorliegen.
7. Laufende Orientierung
Im weglosen Gelände, auf Gletschern und bei starkem Nebel kann die Orientierung schwierig sein. Daher ist es wichtig, mit Karte, Höhenmesser, Kompass und GPS umgehen zu können. Im Zweifelsfall rechtzeitig umkehren.
8. Absichern
Am Gletscher anseilen, im Absturzgelände sichern: Auf Graten und Gletschern muss man Sicherungs- und Rettungstechnik beherrschen. Ausbilden lassen – oder einen Bergführer zur Einweisung und Sicherung dabeihaben.
9. Trittsicherheit
Stürze als Folge von Ausrutschen oder Stolpern sind die häufigste Unfallursache. Mit mehr Tempo oder Müdigkeit nimmt die Konzentration ab. Aufmerksam bleiben. Umgang mit Steigeisen und Pickel intensiv trainieren.
10. Respekt für die Natur
Das Hochgebirge ist eine ganz besondere Umwelt mit einzigartiger Wildnis – das gehört geschützt. Deshalb Rücksicht auf Tiere, Pflanzen und die Umgebung nehmen.