Wer wird der Weltfußballer des Jahres?
Zürich - Der FIFA-Präsident: gesperrt. Der UEFA-Boss: gesperrt. Der FIFA-Generalsekretär: Aus dem Verkehr gezogen. Eine Handvoll Vizepräsidenten: Im Knast. Wenn am Montagabend (18.30 Uhr/Sky, Eurosport und Sport1) im Kongresshaus Zürich der Weltfußballer 2015 gekürt wird, ist beim Fußball-Weltverband FIFA alles anders.
Doch am Ergebnis der prestigeträchtigen Wahl ändert sich (wieder einmal) nichts.
Lionel Messi (28) oder Real Madrids portugiesischer Vorjahressieger Cristiano Ronaldo (30) - zum achten Mal in Folge wird der Goldene Ball an einen der beiden Superstars gehen. Der kleine Argentinier (viermaliger Gewinner) reiste dabei als ganz klarer (Wett-)Favorit mit der Triple-Empfehlung des FC Barcelona und als Europas Fußballer des Jahres in die Schweiz.
Messis brasilianischer Teamkollege Neymar (23) ist als Dritter im Finale der bereits entschiedenen Wahl Außenseiter.
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Deutsche Weltmeister? Spielen bei der großen Gala nur eine Nebenrolle. "Solange Ronaldo und Messi auf diesem Niveau weiterspielen, wird es weiterhin schwierig für einen deutschen Spieler", sagte Rekordnationalspieler Lothar Matthäus der "Sport Bild": "Die beiden machen ja seit Jahren den Titel unter sich aus und so wird es auch noch einige Zeit bleiben."
Der 54-Jährige war der letzte Deutsche, der zum besten Spieler des Planeten gewählt worden war - vor knapp einem Vierteljahrhundert (1991). Zwar hatten es Toni Kroos (Real Madrid), Thomas Müller und Manuel Neuer (beide FC Bayern), der im vergangenen Jahr im Finale stand, unter die 23 Nominierten in der Vorauswahl geschafft - aber dann war Schluss.
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Bei den Frauen darf die inzwischen zurückgetretene Ex-Nationalspielerin und WM-Torschützenkönigin Celia Sasic (27) auf die Ehrung hoffen, ihre Konkurrentinnen sind Favoritin Carli Lloyd (33/USA) und die Japanerin Aya Miyama (30). Welttrainer wird wohl Barca-Coach Luis Enrique (45), nicht (Noch-)Bayern-Trainer Pep Guardiola (44).
Immerhin in der "Weltauswahl" könnten einige deutsche Nationalspieler stehen, theoretisch sogar zehn Bayern-Spieler - der Rekordmeister stellt insgesamt elf der 55 nominierten Profis. An den Feierlichkeiten nehmen die Bayern allerdings nicht teil, das Trainingslager in Katar hat Vorrang.
Die FIFA bezeichnete dies als "schade", zeigte aber Verständnis. "Deutschland hat eine Menge exzellenter Fußballer", sagte Torwart-Ikone Oliver Kahn, der bei der Wahl 2002 nah dran war, dann aber im Finale leer ausging: "Aber es gibt keinen Ronaldo oder Messi."
Matthäus meint, dass sich "ein Bayern-Spieler für 2016 Chancen ausrechnen" dürfe, "falls es bei der EM in Frankreich mit dem Titel klappen sollte. Ein Triple-Gewinn mit Bayern im Sommer würde natürlich auch helfen." Neuer wurde bei der Wahl 2014 trotz des WM-Titels nur Dritter.
Für den Weltverband folgte im Anschluss ein Jahr des Grauens. FIFA-Boss Joseph S. Blatter (Schweiz/79) und UEFA-Präsident Michel Platini (Frankreich/60) wurden Ende 2015 von der Ethikkommission für acht Jahre gesperrt, dem "General" Jérôme Valcke (Frankreich/55) droht eine noch längere Kaltstellung.
Zweimal, im Mai und im Dezember, schlug die US-Justiz in Zürich gnadenlos zu und ließ mit Hilfe der Kantonspolizei mehrere FIFA-Offizielle verhaften. Es geht um Korruption im ganz großen Stil. Im Kongresshaus werden viele Stühle leer bleiben. Den Präsidentenpreis (seit 2001 stets von Blatter vergeben) wird es deshalb nicht geben, "weil die FIFA sich in einer Übergangsphase befindet", teilte ein FIFA-Sprecher mit.
Warum Interimschef Issa Hayatou (Kamerun), der auch die Weltfußballer-Trophäe übergeben wird, den Preis nicht aushändigen kann, blieb offen. Die FIFA hofft in Zürich auf eine Feierstunde, in der endlich der Fußball wieder im Mittelpunkt steht. Es wird Pressegespräche mit den Nominierten geben.
Superstar Leona Lewis sorgt für den musikalischen Höhepunkt, bei der Gala stehen Highlight-Schnitte des vergangenen Jahres auf dem Programm. Die Bilder der Verhaftungen werden nicht dabei sein.