Pressestimmen: "Die FIFA ist überall"
München - Der FIFA-Skandal erschüttert den Fußball-Weltverband unmittelbar vor seinem 65. Kongress in seinen Grundfesten. Pressestimmen zu der Razzia und den Festnahmen.
Sport Express (Russland): "Einen Image-Verlust erleidet Russland (von dem Skandal) ebenso wie die FIFA und Katar. Sie sitzen alle in einem Boot und wenn einer von ihnen verdächtigt wird, fällt der Schatten automatisch auf die beiden anderen. Und es ist egal, dass im Fall von Katar Menschen ertappt wurden und gegen Russland bei allen Bemühungen nichts gefunden wurde. Im Informationskrieg ist alles erlaubt. Das Wichtigste ist, dass es jetzt keine echten Gründe dafür gibt, Russland die Weltmeisterschaft wegzunehmen."
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New YorkTimes: "Schon seit Jahren stand die einst als 'byzantinisch und undurchdringbar' bezeichnete FIFA, die zwischen 2011 und 2014 insgesamt 5,7 Mrd. Dollar einnahm und größtenteils hinter verschlossenen Türen arbeitet, in der Kritik. Es gab eine Vielzahl von Anschuldigungen von Journalisten und Whistleblowern. Mitglieder des Exekutivkomitees wurden wegen der Anwerbung von Schmiergeldern ausgeschlossen, aber es folgten keine Reformen. Die FIFA darf dieses Mal nicht so tun, als gehe es um ein paar korrupte Funktionäre. Ein erster Schritt wäre, sofort Herrn Blatter zu schassen und die FIFA umzustrukturieren. Die Auswahl Russlands und Katars (als WM-Gastgeber) muss strengstens untersucht werden. Die Entscheidung für Katar sollte zurückgenommen werden, wenn keine überzeugende Beweise dafür vorgelegt werden, die Hinweise auf Fehlverhalten bei der Vergabe an Katar widerlegen und wenn nicht schnellstens Schritte unternommen werden, die Bedingungen für ausländische Arbeiter zu verbessern."
La Stampa (Italien): "In einer normalen Welt würde der Mann, der der FIFA seit 20 Jahren vorsteht, von einem solchen Skandal zugrunde gerichtet. Aber die FIFA hat dunklere Regeln und verhöhnt das Gesetz mit einer Arroganz eines Schiedsrichters, der ein gerechtfertigtes Tor annulliert. Blatter kommt trotz aller Anschuldigungen stets ungeschoren davon, weil er die FIFA mit List und Tücke so aufgebaut hat, dass sie einem Spiegel-Schloss gleicht, in dem sich sein Abbild und seine Macht überall widerspiegeln und seine Fingerabdrücke unsichtbar sind."
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Süddeutsche Zeitung: "Das Besondere an der FIFA im Gegensatz zu Nordkorea, dem Sudan und Somalia ist, dass sie nicht am Ende der Welt in einem abgeschlossenen Gebiet agiert. Sie ist überall, als Geschäftspartner von Regierungen und Konzernen. Auch in Deutschland. Jeden, der Spielen der Nationalmannschaft mit Leidenschaft folgt, von der FIFA lizenzierte Fanartikel kauft - solche etwa, die das Land regelmäßig in eine schwarz-rot-goldenes Außenspiegel-Überzieher-Meer verwandeln -, jeden, der eine Reise zu einem großen Turnier bucht oder, wie die Deutschen 2006, es gleich selbst organisiert: Im Prinzip alle, deren Herz für dieses Spiel schlägt, geht die FIFA an. Sie besitzt den Fußball."
Lidove noviny (Tschechien): "Die Lage ist sehr ernst. Der Weltfußball erlebt einen der größten Korruptionsskandale seiner Geschichte. Die Gegner von FIFA-Präsident Joseph Blatter blicken nun hoffnungsvoll auf den Gegenkandidaten. Der jordanische Prinz Ali bin al-Hussein soll derjenige sein, der dem Weltfußball sein sauberes Image zurückgibt und aus der Krise führt! Das ist eine schöne, aber etwas naive Vorstellung. ... Die FIFA ist eine in sich geschlossene Organisation, deren Entscheidungen die Öffentlichkeit nicht direkt beeinflussen kann. Das Fußballumfeld ist derzeit so sehr mit Blatter verwachsen, dass der Schweizer trotz aller Kritik klarer Favorit für die Wiederwahl bleibt."
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