Kroosartige Karriere: Die Gründe für den Rücktritt von Toni Kroos
Hansi Flick war schon informiert, lange bevor bei der EM der erste Anpfiff ertönte. Auf einen der wichtigsten deutschen Nationalspieler der vergangenen zehn Jahre würde der künftige Bundestrainer bei seinem Projekt "Rückkehr in die Weltspitze" verzichten müssen, auf ihn: Toni Kroos (31).
"Ich habe mit Hansi bereits alles geklärt, weil ich möchte, dass er planen kann", sagte Kroos am Freitag der "Sport Bild", nachdem er seinen Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft offiziell verkündet hatte. Flick habe ihm signalisiert, "dass er gerne mit mir nach der EM zusammenarbeiten würde".
Kroos beendet nach 106 Länderspielen seine DFB-Karriere
Doch daraus wird nichts. Kroos macht Schluss - nach 106 Länderspielen und dem WM-Titel 2014 als Krönung. Eine kroosartige Karriere!
Der Mittelfeld-Star will künftig "mehr als Ehemann und Papa für meine Frau und meine drei Kinder da sein", wie er erklärte. Eine nachvollziehbare Entscheidung. Und bei Real Madrid hat Kroos schließlich auch noch genug zu tun.
Es war ein Schritt, den man so erwartet hatte nach dem deutschen EM-Aus gegen England. Bereits 2018 habe er "überlegt", beim DFB-Team aufzuhören, verriet Kroos. Bundestrainer Joachim Löw aber stimmte ihn noch einmal um. Die Sehnsucht nach mehr Zeit mit seiner "Jessi" und den drei Kindern Leon, Amelie und Fin ist seither noch größer geworden - nun hat sie gesiegt über den Wunsch, noch einmal einen Titel im DFB-Trikot zu gewinnen.
"Ich hätte mir sehnlichst gewünscht, und dafür habe ich nochmals alles gegeben, dass es am Ende 109 Länderspiele gewesen wären und dass noch dieser eine große Titel, der EM-Titel, zum Schluss dazugekommen wäre", ließ Kroos zum Abschied wissen.

Es sollte nicht sein. Und doch klingt nun kaum Wehmut durch bei einem, der nicht unumstritten war. "Es war mir eine große Ehre, dass ich dieses Trikot über so einen langen Zeitraum tragen durfte. Ich habe es mit Stolz und Leidenschaft getan", sagte er.
An Kroos schieden sich die Geister
Kroos war in Deutschland immer ein Spieler, an dem sich die Geister schieden. Für die einen war er ein eleganter Spielmacher von Weltklasseformat, für die anderen der zu langsame Querpass-Toni. Dabei sprechen die vielen Erfolge mit Real Madrid und der Nationalelf klar für Kroos. Im Ausland verehren ihn Fans wie Mitspieler, Gegner und Experten.
Den Nörglern gab der gebürtige Greifswalder deshalb auch noch mal einen mit, mit einen Schuss Ironie, versteht sich. "Danke an alle Kritiker für ihre Extramotivation", schrieb er, der ja auch von sich behauptet hat: "Ich zweifle nie an mir selbst."
Das hat vor allem auch Löw nie getan, und so war der Bundestrainer a.D. auch der einzige, bei dem sich Kroos nun zum Abschied persönlich "ganz herzlich" bedankte: "Er hat mich zum Nationalspieler und Weltmeister gemacht. Er hat mir vertraut."
Kroos will Karriere bei Real Madrid beenden
Unter Flick wäre es nun ohnehin schwerer geworden für Kroos. Joshua Kimmich und Leon Goretzka, beide 26, sollen in Zukunft das zentrale Mittelfeld bilden, sie gelten wie in Flicks Ära beim FC Bayern als gesetzt. Und ein Bankplatz ist mit dem Anspruch eines Toni Kroos nicht vereinbar.
Dessen Vertrag bei Real Madrid läuft noch bis Mitte 2023. "Danach kann man sich zusammensetzen und gemeinsam entscheiden, ob wir die Zusammenarbeit noch um ein oder zwei Jahre verlängern wollen. Das ist für mich noch total offen", sagte Kroos. Er sei sich "aber sehr sicher, dass ich meine Karriere bei Real Madrid beenden werde".
Die beim DFB ist jetzt schon vorbei - nach einer tollen Karriere.