72, 80, 96 - 2012 - holen Löws Männer den Titel?
Spätestens seit dem 6:2-Sieg gegen Österreich reift beim DFB-Team die Überzeugung: Im kommenden Jahr ist der EM-Titel drin. „Was wir für einen Fußball spielen – Wahnsinn!“
Düsseldorf - Erster! Deutschland ist Erster, die beste, weil schnellste Nationalmannschaft Europas. Kein anderes Land – abgesehen von den Gastgebern Polen und Ukraine – hat sich bereits jetzt für das EM-Turnier kommenden Sommer qualifiziert. Acht Spiele, acht Siege – besser geht’s nicht. Und schöner auch nicht. Das 6:2 gegen Österreich in Gelsenkirchen war der würdige Abschluss einer souveränen Qualifikation, in der die Mannschaft Entschlossenheit, Tempo und spielerischen Glanz zeigte.
Das (nahezu) perfekte Spiel. „Österreich war ein, ich würde sagen, ordentlicher Gegner“, meinte Thomas Müller, „wenn wir so ein Spiel im EM-Finale abziehen würden, dann wäre es Weltklasse.“ Seine aktuelle Bestandsaufnahme der Nationalelf klingt vielversprechend: „Es macht Spaß – jedem. Uns auf dem Platz und den Zuschauern. Wir sind uns bewusst, dass wir stark sind. Also: Es sieht ganz gut aus für die EM, wir hatten schon ganz andere Zeiten vor Turnieren.“
Und ein anderes Selbstverständnis. Früher hieß es: Um Gottes Willen, Vorsicht! Die Kleinen! Erstmal die Gruppenphase überstehen und dann mit viel Glück, mal sehen. Und überhaupt: diese Spanier! Ach, unbezwingbar. Vorbei. Jetzt spricht Mesut Özil, der kreative Kopf der Mannschaft, unverfroren wie unwidersprochen klar aus: „Unser Ziel muss es sein, den Titel zu holen.“ Und Miroslav Klose ergänzte: „Für uns ist alles möglich. Wir sind noch nicht am Ende des Weges, da ist noch Potenzial, da ist bei jedem einzelnen noch was drin.“
Er muss es wissen. Mit 33 Jahren ist Klose „der Team-Opa“, wie ihn Toni Kroos nannte. Er hat alles mitgemacht, gute wie schlechte Zeiten – einen Titel wie den von 1996 in England haben die meisten als Schüler miterlebt. Klose sagt: „Wenn ich sehe, was wir früher manchmal für Spiele abgeliefert haben und was wir heute für einen Fußball spielen – Wahnsinn. Das ist die beste deutsche Mannschaft, in der ich je war – das kann ich sehr deutlich sagen. Ich bin ja auch schon seit 2001 dabei.“
Mehr Vielfalt, mehr Auswahl war nie. „Ein schönes Problem, das wir da haben“, sagte Mittelfeld-Chef Bastian Schweinsteiger, „der Trainer hat die Qual der Wahl.“ Eher: die Lust der Wahl. Wer einen wie Mario Götze auf die Bank setzen kann, ist zu beneiden. Wer einen Özil hat, sowieso. Dieses Mittelfeldangebot an Artisten großer Klasse (mit Müller, Podolski, Schürrle, dahinter Schweinsteiger, Kroos oder Khedira) ist nicht mehr weit weg vom spanischen Nonplusultra mit Xavi, Iniesta und Fabregas.
Glücklich, wer einen Trainer hat wie Joachim Löw, der das Kreativ-Puzzle immer wieder hervorragend aufgehen lässt und sich von der Außenseiterrolle verabschiedet hat. Man macht sich nicht mehr klein. „Wir haben uns sicherlich weiter entwickelt und sind auf einem guten Weg“, sagte Löw am Sonntag, „aber wir haben in Europa noch einige andere Nationen, die bei der EM zum Favoritenkreis zählen. Dazu gehören Spanien und Holland, die auch permanent ihre Spiele gewinnen.“ DFB-Präsident Theo Zwanziger rief den Spielern zu: „Der deutsche Fußball ist stolz auf diese Mannschaft. Ihr habt eine klasse Qualifikation gespielt, attraktiven Fußball geboten.“
Bis zum Juni 2012 folgen nun nur noch Tests, kein harter Wettkampf. Die Arbeit haben die Verantwortlichen. „Es geht darum, wieder einen Slogan zu entwickeln, ein Motto, mit all den Maßnahmen, die man auch rund um die Mannschaft macht“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff, „wir wollen damit die Identifikation des Teams vorantreiben.“ Wie wäre es mit: Denn: die Zeit ist reif für den vierten EM-Erfolg. 72, 80, 96 – 2012. Jetzt muss noch die Uefa die Zeichen der Zeit erkennen.
Nach aktuellem Stand wäre die DFB-Elf bei der EM-Auslosung am 2. Dezember nicht als Gruppenkopf gesetzt. Sondern Spanien und Holland plus die Gastgeber. Die Reaktion ist typisch: Na, und?