Uli, der härtere Franz
Die harsche Art, in der Hoeneß die Entlassung van Gaals verkündete, hat gezeigt, dass er auch als Präsident noch immer den Ton angibt. Beckenbauer sieht „eine Steigerung” zu sich selbst
München - Auf die Frage an Uli Hoeneß, ob er denn nun, nach der Entlassung von Louis van Gaal, wieder näher an die Mannschaft rücke, entgegnete der Präsident zuletzt ebenso erstaunt wie entrüstet: „Nein, wieso denn?
Man könnte die Antwort auch anders deuten. Er selbst sieht sich in seiner neuen Rolle als Präsident, in die er Anfang 2010 schlüpfte, nur rein körperlich etwas entfernter vom Zentrum des Geschehens. Im Vergleich zu seinen 30 Jahren als Manager sitzt er nicht mehr am Puls des Gefechts, unten auf der Bank, er ist auch nicht mehr so oft in seinem Büro an der Säbener Straße, das er behalten hat. Benefiz-Veranstaltungen und Termine für Stiftungen nimmt er stattdessen häufiger wahr. Zu Trainingslagern reist er nicht mit, bei Auswärtsspielen kommt er oft erst am Spieltag ins Teamhotel.
Doch mit dem Kopf und dem Herzen hat er sich nie wirklich vom Manager-Job getrennt, die direkte Linie vom Bauch zur Zunge besteht fort. Und so war es Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende, der die Beurlaubung des Trainers mit vorsichtig gewählten Worten analysierte – bis Hoeneß an der Reihe war: Emotionen auf Knopfdruck, Kraftausdrücke inklusive.
Der erste Fan des FC Bayern war schwer getroffen von der Dickschädeligkeit des Louis van Gaal, und so vergaß er sich und seine Rolle mal eben – die Rolle des zurückhaltenden, sich gewählt ausdrückenden Supervisors des Unternehmens FC Bayern, des Grandseigneur, der elegant-geräuschlos im Hintergrund die Fäden zieht. Von der „Hau-den-Louis”-Veranstaltung am Sonntag wird den Leuten vor allem der Satz „Mit der Entscheidung, Jörg Butt aus dem Tor zu nehmen, ging die Scheiße los” in Erinnerung bleiben. Vornehm ist anders. Präsidenten-like schon gar nicht.
Jahre lang war es insbesondere Hoeneß, der seinen Präsidenten Franz Beckenbauer, dem nonchalanten Plauderer aus den Kitzbüheler Bergen, zu einem bewussteren Umgang mit seinen Wortmeldungen ermahnt hatte. Nun toppt Hoeneß Beckenbauer, er ist der härtere Franz. Was der wiederum, seit einem Jahr Ehrenpräsident, höchst vergnügt zur Kenntnis nimmt.
„Ich denke, dass sich Uli Hoeneß einmischt, das steht ihm immer noch zu”, sagte Beckenbauer am Sonntagabend bei „sky90” und fügte hinzu: „Das ist zwar nicht mehr seine Aufgabe, sich als Präsident in das operative Geschäft einzumischen, aber wir sind froh, dass er es tut.” Und auf Nachfrage zum Vergleich mit seiner eigenen Einmischungsquote von anno dazumal, meinte Beckenbauer: „Ich sehe jetzt eine Steigerung.”
Und weiter: „Er ist derjenige, der die richtigen Worte findet. Ob die immer gut ankommen, wage ich zu bezweifeln.” Zumindest nicht bei Christian Nerlinger, dem Sportdirektor und Teil-Nachfolger von Hoeneß, für den es „schwierig” sei, „sich da zu etablieren, sich durchzusetzen, wenn Hoeneß mit seinem Schatten da ist.” Franz weiß: „Uli ist mit seiner emotionalen Art immer noch derjenige, der den Ton angibt. Aber ich bin der Meinung, dass er sich das nach 30 Jahren Zugehörigkeit an vorderster Front erlauben kann." Hoeneß bleibt Hoeneß – egal, in welchem Amt.