Übergang gescheitert?

Unter Jupp Heynckes hat der FC Bayern in 2012 nicht nur den Vorsprung verspielt, Heynckes bringt das Team nicht mehr weiter. Kommt es bald zur vorzeitigen Trennung?
Patrick Strasser |
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Unter Jupp Heynckes hat der FC Bayern in 2012 nicht nur den Vorsprung verspielt, Heynckes bringt das Team nicht mehr weiter. Kommt es im Sommer zur vorzeitigen Trennung?

LEVERKUSEN So viele bekannte Gesichter, so viele Freunde - und keine Freude. Das Wiedersehen an seiner vorherigen Arbeitsstätte (von 2009-2011) wurde für Jupp Heynckes zu einem höchst unangenehmen Nachmittag.

Sein Nachfolger Robin Dutt, oft geschmäht, harsch kritisiert, hatte den Altmeister mit Bayer Leverkusen 2:0 bezwungen. Und die Pleite der Bayern mit einem taktischen Kniff eingeleitet, er stellte schlicht das System zur Pause um. Zwei Stürmer statt einem. Trainerhandwerk. Flexibilität, das Gespür für den richtigen Moment, den richtigen Spieler – Zutaten von Zeitgeist-Trainern.

Heynckes musste erneut eine Niederlage moderieren. Das kann er. Nie wird der 66-Jährige ausfallend, ungeduldig. Selten emotional. Sich hat Heynckes im Griff. Er ist die Ruhe zwischen den Stürmen. Das war sein Auftrag, dafür wurde er im Sommer 2011 geholt – als Nachfolger von Louis van Gaal. Dem Holländer war stets das Auge des Orkans, der Auslöser eben. Die Bosse bekamen Magengeschwüre, weil der knorrige Alleinherrscher, der Sturkopf, nicht mit sich reden lassen wollte.

Heynckes bekam einen Zweijahresvertrag. Als Moderator. Als Entspannungstrainer. Etwas Gehirn-Yoga für die Bayern-Spieler, vor allem Franck Ribéry war schnell wieder bei Laune. Es juppte im Herbst. Tor auf Tor, Sieg auf Sieg. Leichter Fußball, leichte Siege und große Träume. Die Gute-Laune-Truppe war befreit von Druck und holländischer Unberechenbarkeit. Klima und Punkte stimmten. Die Bosse sprachen davon, mit Heynckes am liebsten nicht nur die Gegenwart, sondern die Zukunft gestalten zu wollen, ihn zum Ü-70-Coach zu machen. Forever Jupp?

Wenige Monate später haben die Bayern nicht mehr acht Punkte Vorsprung, sondern sieben Rückstand auf Dortmund. Und das nach dem „besten Trainigslager aller Zeiten”, O-Ton Heynckes. Schon nach dem 0:1 in Basel fragte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge: „Was ist eigentlich passiert zwischen Weihnachten und heute?” Antworten fehlen.

„Wenn man Trainer beim FC Bayern ist, muss man mit solchen Situationen gelassen umgehen und Souveränität ausstrahlen. Mit meiner Erfahrung kann ich das", sagte Heynckes in Leverkusen, und wirkte dabei wenig gelassen, unruhig: „Wenn man verliert, hat man wenig Argumente."

Er ist nicht unberührt von der Krise, die nicht nur eine Tabellen- und Ergebniskrise ist. Sie könnte sich zu einer Titelkrise ausweiten. Die sportliche Entwicklung der Mannschaft stagniert, großes Risiko geht Heynckes selten – nur nichts falsch machen. Während man sich im Verein in den Armen lag und für den Coup feierte, den alten Kumpel von Präsident Uli Hoeneß ein drittes Mal zu verpflichtet zu haben, fiel die Mannschaft in den Winterschlaf. Die Rückrunde ist der Gradmesser einer Saison, die Preise werden im Mai vergeben – und die Bayern hatten ihre Bestform zum falschen Zeitpunkt. Trainersache?

Heynckes verweist stets auf seine Erfahrung, er hat alles erlebt als Kind der Bundesliga, heute „elder statesman”. Autoritär. Erhaben. Und unantastbar? Die Tatsache, dass sein größter Fürsprecher der Präsident ist, schützt ihn vor einem vorzeitigen Abschied. Einen Heynckes entlässt man nicht (noch einmal). Hat der Zweijahresvertrag womöglich eine um 12 Monate zu lange Laufzeit? Wenn der Übergang scheitert, könnte die Episode bei Halbzeit abgebrochen werden. Einigt man sich im Sommer auf eine vorzeitige Trennung?

Sonntag war Hoeneß beim Basketball. Ein Sieg der Bayern gegen die Artland Dragons (97:70) als Seelenbalsam. „Das Spiel war schön, kann aber das andere nicht ersetzen”, sagte er. Mehr nicht. Der Frust sitzt. Zu deutlich machen es die Dortmunder vor, wie man mit einem Trainer vom Schlage Klopp und der nötigen – an der Säbener nicht vorhandenen – Portion Geduld über Jahre eine Mannschaft aufbaut, ihnen System und Konturen gibt.

Den Reflex der Bayern-Bosse auf einen vorlauten, extrovertierten und experimentierfreudigen (Magath, Klinsmann, van Gaal) stets einen introvertierten, eher konservativen (Hitzfeld, Heynckes) Trainer folgen zu lassen, den gilt es zu überdenken.

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