Toni Kroos: „Bayern plant mit mir“
Zuletzt Leverkusen, jetzt Nationalmannschaft und bald wieder in München: Hier erklärt Toni Kroos seine bemerkenswerten Perspektiven – und wieso sich Uli Hoeneß bei ihm nicht entschuldigen muss.
AZ: Herr Kroos, Sie machen ja gerade mit der Nationalmannschaft so etwas wie einen Giro d'Italia: Erst Sizilien, nun Südtirol – und da wird auch noch geradelt.
TONI KROOS: Ja, das hat Spaß gemacht, ist eine schöne Abwechslung auf dem Sattel. Denn ansonsten ist das Training ganz schön anstrengend – aber wir sind ja auch keine Urlauber hier. Die Bedingungen sind super. Hotel, Trainingsplatz, das passt alles.
Wenn Sie nach der WM in Urlaub fahren, wo geht's dann hin? Mal wieder nach Südtirol? Oder Sizilien?
Hat beides was. Hier ist es etwas gemütlicher. Ich bin eher der Mittelmeer-Typ, will mal was anderes sehen. Andererseits war ich dann ja lange genug weg, da kann man auch mal in die Heimat fahren zur Familie.
Oder beginnt der Urlaub doch schon am 1. Juni, wenn Bundestrainer Joachim Löw seinen endgültigen WM-Kader nominieren muss? Sie zählen zu den möglichen Wackelkandidaten im vorläufigen Aufgebot. Hat er Ihnen gegenüber schon was verraten?
Nein, noch nicht. Ich fühle mich gut, bin gut in Form, trainiere gut. Ich denke, dass ich meine Form aus der Saison mit Bayer Leverkusen hierher ins Trainingslager mitgenommen habe.
Die Nationalelf ist nun Ihre dritte Mannschaft. Wie fühlt es sich an, so zwischen Leverkusen, dem FC Bayern und dem DFB-Team hin- und her zu springen?
Als ich von Bayern nach Leverkusen gegangen bin, war es ein kleiner Schritt zurück. Aber ich wollte Spielpraxis sammeln. Jetzt kehre ich zurück, das ist wieder ein Schritt nach oben.
Sie sehen die Sache so nüchtern?
Unter Jürgen Klinsmann war es ein verlorenes halbes Jahr. Jetzt warte ich ab, was passiert.
Was hat Ihnen Louis van Gaal für die neue Saison für Perspektiven aufzeigen können? Wo könnte Ihr Platz sein? Im offensiven Mittelfeld spielen mit Ribéry und Robben zwei Weltklassespieler, dazu der Saisonaufsteiger Thomas Müller als hängende Spitze.
Als meine Rückkehr perfekt gemacht wurde, war Ribérys Vertragsverlängerung noch nicht klar, eher fifty-fifty. Dennoch: Ich habe immer gehofft, dass Franck bleibt, weil er die Mannschaft nach vorne bringt. Ich freue mich darauf, mit ihm zusammen zu spielen. Mit Herrn van Gaal habe ich ein positives Gespräch geführt. Er hat mir nichts versprochen, aber Bayern plant mit mir. Sonst hätten sie mich nicht zurückgeholt, das würde ja keinen Sinn machen.
Die Bayern-Offensive hatte keine so schlechte Saison.
Klar, die haben ein Superjahr, aber ich auch. Ich habe in Leverkusen gezeigt, was ich kann – und das konstant über einen längeren Zeitraum.
Hat sich Uli Hoeneß schon bei Ihnen entschuldigt?
Wieso denn?
Na, weil er Ihnen vor Jahren mal die Rückennummer 10 versprochen hat. Die trägt nun Arjen Robben, der Mann der Saison. Er wird sie nicht hergeben.
Ach, Uli Hoeneß muss sich nicht entschuldigen. Aber die „10“ war nie mein Traum. Die Rückennummer spielt keine Rolle, es war für mich immer zweitrangig. Außerdem: Mit der „39“ bin ich gut gefahren in Leverkusen, da lief es. Also, warum nicht? Diese Nummer ist bei den Bayern auch noch nicht vergeben.
Sie sind erst 20 Jahre alt. Sie hatten einen recht prominenten Kreis an Trainern in den letzten Jahren: Hitzfeld, Klinsmann, Heynckes, nun Löw bei der Nationalelf.
Ja, das ist ungewöhnlich – so viele große Trainer. Und jetzt kommt van Gaal noch dazu. Ich konnte und kann von allen vieles lernen und mitnehmen. Die beste Zeit hatte ich bisher unter Jupp Heynckes, weil er der Trainer war, der mir am meisten Vertrauen geschenkt hat.
Noch ein Wort zur WM: Was erhoffen Sie sich persönlich von der Endrunde in Südafrika – und was kann diese Mannschaft trotz der Ausfälle von Kapitän Michael Ballack, René Adler, Simon Rolfes und nun auch Christian Träsch erreichen?
Erstmal hoffe ich, dass ich dabei bin. Wenn ja, will ich die Mannschaft in Südafrika weiterbringen und auch meine Spielanteile bekommen. Ich denke, dass wir immer noch eine hohe Qualität haben, vor allem im spielerischen Bereich. Es hört sich immer doof an, aber es ist so: Wir müssen erstmal die Vorrunde überstehen, dann kann in den K.o.-Spielen alles passieren. Wir gehören zwar nicht zu den absoluten Topfavoriten, doch unser Traum vom Titelgewinn ist weiterhin aktuell.
Interview: Patrick Strasser