Toni, die Tormaschine
MÜNCHEN - Egoist, entzückender. Luca Toni, die Tormaschine beim FC Bayern, hat die Mentalität von Oliver Kahn verinnerlicht - und lässt Gesten sprechen.
Dieser Blick. Diese wachen Augen, das schnelle Drehen des Kopfes. Gerichtet ins irgendwo. Wenn Luca Toni (30) Interviews gibt, glaubt man, er sei schon wieder ganz woanders. Sein Blick schweift weit über die Gesichter der Reporter hinweg (was freilich auch an seinen fast zwei Metern Körpergröße liegt). Doch Luca Toni wirkt noch weiter weg, vermutlich ist er gedanklich schon längst wieder im Strafraum. Beim nächsten Spiel, bei seinem nächsten Tor.
Immer weiter! Sempre avanti! Und sempre drin. Wie in Frankfurt. 2:1, Toni. 3:1, Toni. Unermüdlich. Unerbittlich. Und,was die Zahlen betrifft, unglaublich. Getafe, Dortmund, Frankfurt: drei Gegner in sieben Tagen, drei Toni-Doppelpacks. „Ich bin glücklich, dass ich so viele Tore machen konnte“, sagte er, „aber erst jetzt kommen die Spiele, in denen die Tore wirklich zählen.
Jetzt zählen die Tore doppelt
Sie zählen doppelt.“ Titel-Tore eben. Toni-Tore. Sempre Toni. „Ich bin seit 14 Jahren hier und habe viele Spieler erlebt“, sagte Kapitän Oliver Kahn gestern, „aber was das Tore schießen betrifft, ist er einer der Besten, die je bei Bayern waren.“ Die Fakten: Toni hat nun 20 Tore in 27 Bundesligaspielen erzielt. In allen Wettbewerben kommt er auf sagenhafte 33 Treffer (zehn im Uefa-Cup, drei im DFB-Pokal) in 40 Pflichtspielen. Manager Uli Hoeneß: „Lucas Stärke ist: Er will auch in der 95. Minute noch ein Tor machen. Und wer so heiß ist, macht dann auch die Tore.“
Darum schont sich Toni höchstens im Training, nie im Spiel. Auswechseln? Ma, prego! Wie schon beim 5:0 gegen Dortmund (Ottmar Hitzfeld: „Ich habe ihn in der Halbzeit gefragt, ob er runter möchte, aber er meinte nur: ,Nee, Tore, Tore, Tore!’“), versuchte es der Coach auch in Frankfurt wieder – ohne Erfolg. Toni blieb drin und machte die Treffer zum Sieg. Am Donnerstag sagte er: „Ich bin ein Egoist, will immer spielen, immer Tore schießen. Erst, wenn der Trainer es befiehlt, dann gehe ich raus.“ Ein entzückender Egoist.
Ist er der wahre Kahn-Nachfolger?
„Luca hat wieder seinen Killer- Instinkt gezeigt“, lobte Trainer Hitzfeld, „er lebt für seine Tore. Es ist unglaublich,welche Mentalität er hat.“ Die Winner-Mentalität. Die Kahn-Mentalität. Seit Stefan Effenberg hat kaum ein Bayern-Profi Kahns Credo („Immer weiter machen!“) so ausgelebt wie Toni. Ist er der wahre Kahn-Nachfolger, wenn der Torwart seine Karriere im Mai beendet? „Er hat mit Italien die WM gewonnen, das darf man nicht unterschätzen“, sagte Kahn gestern, „das bringt einen dazu, dass man überzeugt ist, immer zu gewinnen. Und auch wenn es mal nicht so läuft, spricht er mit anderen Spielern, versucht, sie zu motivieren.“
Mit Händen und mit Erfolg. „Was ich auf Deutsch sagen kann, sage ich auf Deutsch, sonst auf englisch“, berichtete Toni. „Auf dem Platz reicht oft auch eine Geste. Und mit Oliver verständige ich mich über die Hände.“ Gestik und Mimik: die Zeichensprache der Erfolgreichen.
"Ich! Tor! Stopp!"
Am Ende der Saison stemmen solche Hände dann Pokale. Tonis Rezept in Sachen Kommunikation: „Es ist immer angenehmer, wenn die anderen denken, man versteht nichts und man versteht trotzdem einiges.“ Und wenn Hitzfeld etwas sagt? „Das hängt davon ab.“ Was er auf Deutsch sagen könne, wurde Toni gefragt. „Ich! Tor! Stopp!“, sagte er und lachte laut. Dieses Lachen. Dieser unschuldige Blick.
P. Strasser, Ch. Paschwitz
