Supermacht FC Bayern: Wer soll diese Truppe stoppen?

Die Bayern und der Abend, an dem sie mit einer Gala das Double perfekt machten: Nach der Feinkost auf dem Rasen gab’s vom Feinsten auf dem Bankett – dieses Team ist einfach unersättlich
von  Abendzeitung
Der Pokal und Bastian Schweinsteiger führen die Jubel-Bayern an
Der Pokal und Bastian Schweinsteiger führen die Jubel-Bayern an © GES/Augenklick

BERLIN - Die Bayern und der Abend, an dem sie mit einer Gala das Double perfekt machten: Nach der Feinkost auf dem Rasen gab’s vom Feinsten auf dem Bankett – dieses Team ist einfach unersättlich

Hunger, plötzlich hatten sie Hunger. Und wer derzeit irgendetwas mit dem FC Bayern zu tun hat, der hat nicht mal so einfach ein kleines Hungergefühl, der hat Heißhunger.

Es war bereits vier Uhr nachts. Die Servicekräfte in der Hauptstadtrepräsentanz von Sponsor Deutsche Telekom am Berliner Gendarmenmark sehnten den Feierabend herbei, es saßen ja nur noch an einer der mit großen weißen Tischdecken veredelten Tafeln ein paar Herrschaften. Ob sie denn noch etwas wollten, die Damen und Herren? Eine rhetorische Frage. Zu Bett wollten sie sicher gehen, es waren ja auch nicht mehr die Jüngsten, diese Unermüdlichen.

Die Spieler, die Werder-Zertrümmerer, die 4:0-Pokalhelden also, damit nun auch Doublegewinner und Triple-Anwärter waren schon fort. Ab in die In-Schuppen der Stadt, etwas abrocken, klar doch. Eine halbe Stunde nach Mitternacht erst war die Bayern-Familie per Bus vorgefahren zur Champions-Party in der Hauptstadt, die gerade einen Absteiger zu beklagen hat.

Kartoffelschnee mit Rahmspinat, dazu ein pochiertes Ei und frisch gehobelter Trüffel – so der erste Gang. Meister sind sie letzte Woche geworden, gefeiert wurde in München – im kleinen Kreise und Tags darauf mit über hunderttausend Schalenschaulustigen in der Innenstadt. „Wir sind die Besten in Deutschland“, schmetterte Trainer Louis van Gaal vom Rathausbalkon und niemand in der Republik nahm es ihm, dem Entert(r-)ainer übel. Man sympathisiert mit diesen Bayern, mit diesem Holländer.

Erntefrischer Beelitzer Stangenspargel mit einer zartrosa Tranche von Kalbsfilet mit jungen Kartoffeln und himmlisch schmelzender Sauce Hollandaise – so heißt es im Text der Menükarten des Abends. Der zweite Gang. Ein Gaumenschmaus. Ein Genuss. Wie auf dem Rasen, so auf dem Teller.

Der zweite Streich war dieses beeindruckende 4:0 gegen Werder Bremen, eine Fußball-Demonstration. „Wenn mir das einer vor einem halben Jahr gesagt hätte, hätte ich ihn in die Nervenheilanstalt weitergeleitet. Heute ist es eine Wonne, dieser Mannschaft zuzuschauen.“ Sagte Franz Beckenbauer. Nun schwärmt sogar der Grantler. Aber auch er war schon fort. Der Mann ist ja Großvater. Wie Hermann Gerland, der Assistent von van Gaal. Am Dienstag kam Paul zur Welt, der Enkel. „Nun schaue ich aus wie ein Opa“, scherzte Gerland und machte sich auf den Weg ins Hotel. Ein Ausnüchterungsfußmarsch entfernt hatte man sich im Regent eingebucht.

Schließlich kapitulierte auch das Feierbiest, er nahm die Feierbiestehefrau Truus an seine Hand, schleppte die Handtasche Richtung Ausgang. Da winkte einer der letzten Party-Mohikaner.

Es war Uli Hoeneß, im Mund eine dicke Zigarre. Er war übrig geblieben, ihm gegenüber Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsboss und alte Krieger. Nie hatten sie das Triple gewonnen, Karl Hopfner, der Finanzvorstand auch nicht. Da hatte Rummenigge eine Idee: Spiegeleier. Warum nicht jetzt schon frühstücken? „Prima Sache“, rief Hoeneß. Der Auftrag ging ans Personal. Eine Runde Spiegeleier, bitte, auch Sportdirektor Christian Nerlinger setzte sich.

Der dritte Gang, die lockeren Biskuit-Beerentörtchen auf Waldbeerensauce mit frischer Minze, waren längst intus. Rummenigge stand plötzlich auf, wollte flüchten. „Das bringt mich jetzt nicht weiter“, sagte er, doch der Präsident hielt ihn zurück. „Karl-Heinz, du hast bestellt, du musst bleiben.“ Er blieb. Wenige Minuten später kam eine für eine Bundeswehr-Kompanie ausreichende Pfanne. Das Endergebnis: Rummenigge ein Teller, Hoeneß zwei, Nerlinger – klar, wie Hoeneß, auch zwei. „Das war sensationell, das beste Spiegelei“ seit langem“, rief Hoeneß dem Personal zu. Es gibt nur Superlative derzeit bei Bayern. Um fünf Uhr war Feierabend, auch für die AH-Feierbiester.

Das Training am Sonntag ließ van Gaal ausfallen. Eine Supermacht kann sich das erlauben. „Abends ein Mann, morgens ein Mann“, sagt er. Auch der Balkonbesuch fiel aus. Was ist schon ein Pokal?

Das Beste ist gerade gut genug, der Henkelpott soll es sein am Sonntag. Sie wollen am Marienplatz feiern. Die Bayern haben Hunger. Immer mehr, immer noch.

Patrick Strasser

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