Schweinsteiger, der Suchende
München - Wenn Pep Guardiola in seinem ordentlichen, aber noch nicht perfekten Deutsch Lob verteilen will, gehen ihm oft die Worte aus. Vor allem, wenn es um Einzelkritik geht. Als Trainer des Bastian Schweinsteiger. Dabei ist dessen Situation nicht wirklich super.
Der Vizekapitän ist auf der Suche nach seiner Rolle im System Guardiola. Das in der so erfolgreichen Vorsaison erprobte 4-2-3-1-System mit dem Duo Schweinsteiger und Javi Martínez als Chefabräumer scheint erstmal ausgedient zu haben. Stattdessen setzte der neue Starcoach in der Vorbereitung vornehmlich auf ein 4-1-4-1, das er bereits zu glorreichen Barça-Zeiten nahezu zur Perfektion entwickelt hatte.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Guardiola auch zum Bundesligastart auf die neue taktische Formation setzt, ist groß – wenngleich er dazu bisher jede konkrete Aussage vermied. Klar ist, dass die Unsicherheiten bei den Bayern-Profis steigen – allen voran bei Schweinsteiger, gerade erst zum Fußballer des Jahres gekürt.
In der vergangenen Saison hatte er zusammen mit Martínez eine stabile Doppel-Sechs gebildet, die in Europa ihresgleichen suchte. Nun plant Guardiola seinen Landsmann aber als Innenverteidiger ein und holte zudem aus Barcelona Wunschspieler Thiago – einen weiteren gelernten Sechser.
Von zwei Planstellen im defensiven Mittelfeld gibt es künftig also nur noch eine im Guardiola-Schema, aber umso mehr Kandidaten. Kaum vorstellbar, dass der Trainer Thiago für die Bank einplant.
Die könnte gar Schweinsteiger drohen, zumal der 29-Jährige nach seiner Fußoperation jede Menge Nachholbedarf aufweist. Der Trainer beschwichtigt: „Basti ist jeden Tag viel besser. Aber er ist noch nicht auf seinem Niveau, das normalerweise unglaublich ist. Er braucht noch etwas Zeit.” Die Zeit wird knapp bis Freitag – Schweinsteigers Form immerhin steigt tatsächlich an.
Beim Audi-Cup vergangene Woche lief er zweimal von Beginn auf, als alleiniger Sechser. Thiago testete Guardiola stattdessen zentral in der offensiven Vierer-Mittelfeldreihe. Gut möglich, dass so auch die Planungen für den Ligaauftakt gegen Gladbach aussehen. Dass Guardiola Schweinsteiger, immerhin Vizekapitän, tatsächlich auf die Bank setzt und damit schon früh in der Saison einen Teil der Fans erzürnt – kaum vorstellbar. „Bastian ist für mich der beste Mittelfeldspieler der Welt. Wer ihn nur ansatzweise infrage stellt, ist respektlos”, betont Sportvorstand Mathias Sammer.
Alternativ könnte auch Schweinsteiger eine der beiden zentralen Positionen im offensiven Mittelfeld bekleiden. Da aber ist die Konkurrenz groß: Thiago, Toni Kroos, Mario Götze, Thomas Müller und Xherdan Shaqiri sind ebenfalls Kandidaten. Zuletzt testete Guardiola gar Philipp Lahm und Jan Kirchhoff in der Zentrale. „Ich habe schon mal gesagt, dass ich mich am wohlsten vor der Abwehr fühle”, sagt Schweinsteiger. Ob es Guardiola genau so sieht?