Schon wieder ein Hattrick: Harry Kanes Bilanz beim FC Bayern wird immer absurder

Damals in der Schule, verriet Harry Kane am Samstag nach getaner Arbeit, also dem fast schon üblichen Dreierpack, nannten ihn seine Freunde "Hattrick-Harry". Wieder einmal erfüllte der Brite die Erwartungen, die dieser Spitzname mit sich bringt.
Drei Tore, darunter zwei Elfmeter, waren der Grundstein des 4:1 der Bayern bei der TSG Hoffenheim. Vierter Sieg im vierten Spiel, 18:3 Tore – bester Saisonstart in der Bundesliga-Geschichte, die 18 Tore nach vier Spieltagen sind ebenfalls Rekord.
Kane in Über-Form: 16 Torbeteiligungen in sieben Spielen
Vor allem dank "Hattrick-Harry". Der 32-Jährige ist für elf Torbeteiligungen (acht Tore, drei Assists) verantwortlich, kommt in Bayerns ersten sieben Pflichtspielen dieser Spielzeit (alle Wettbewerbe) auf 13 Tore und drei Torvorlagen.
Der Makel: Nicht jeder Dreierpack ist ein Hattrick. "Ich weiß, dass das in Deutschland ein bisschen anders ist", sagte der gebürtige Londoner und meinte trotzig: "Ich feiere es wie einen Hattrick."
Die Wahrheit ist eher: Die Münchner feiern ihn. "Was er beim FC Bayern seit über zwei Jahren leistet, ist einfach herausragend", meinte Sportvorstand Max Eberl in Sinsheim, "das habe ich ihm heute persönlich gesagt."
Und noch ein paar Zahlen als Beleg: Seit seinem Wechsel von Tottenham Hotspur zum FC Bayern im Sommer 2023 für knapp 100 Millionen Euro liefert Kane beständig: In 103 Pflichtspielen 98 Tore und 29 Assists.
Bei der TSG stellte er einen weiteren, persönlichen Liga-Rekord auf: Kein Spieler verwandelte seine ersten 17 Elfmeter. 16 waren es einst bei Hans-Joachim Abel und Max Kruse. "Manche denken, das ist einfach – aber das ist es nicht", sagte Kane, "ich trainiere es viel."
Kane ist bei Bayern der unumstrittene Elfmeter-Chef
Meist nach jeder Übungseinheit. Dann fliegen den armen Keepern Manuel Neuer, Jonas Urbig und Sven Ulreich die Bälle nur so um die Ohren. Meist reine Statisten bei Kanes Elfmeter-Feuerwerk.
Jonathan Tah weiß das. Vor dem zweiten Elfmeter, nach dem Foul an Michael Olise – es stand bereits 2:0 – übergab Joshua Kimmich den Ball demonstrativ an Kane. Da darf sich kein anderer einmischen. Eine Art natürliche Auslese und Hierarchie. "Er will eben so viele Tore machen wie es nur geht. Wir haben auch andere gute Elfmeterschützen", meinte Abwehrchef Tah, "aber, wenn ich einen aussuchen müsste, würde ich 100 Mal Harry Kane nehmen." Die Umstehenden lachten. Weil es Tah so ehrfürchtig sagte.
Auch, dass Kane nahezu alle Positionen während einer Partie auf dem Platz ausfüllt, beeindruckt Tah: "Wie viel er fürs Team arbeitet, wie viel er nach hinten arbeitet, wie sehr er mit seinem Mann mitläuft, auf einmal ist er Linksverteidiger – obwohl er Stürmer ist. Man kann ihn zwischen den Linien anspielen, dann dreht er sich auf und löst auch unter Druck Situationen auf – das macht er überragend. Mit so einem Stürmer habe ich noch nie zusammengespielt."
Eberl schwärmt von Kane: "Das ist ein wahrer Leader"
Nicht nur wegen seiner Elfmeter, vor allem wegen seiner Spielweise ist Kane ein Vorbild, "eine Persönlichkeit auf dem Platz", führte Eberl aus, "er will den Ball, unterstützt die Jungs, fightet. Das ist ein wahrer Leader. Er spricht auf dem Platz mit seinen Aktionen, aber auch mit seiner Stimme." Mit der tiefen Stimme. "Sein Wort, auch aufgrund seines Basses, hat schon einen Widerhall", findet Eberl und erklärt den Kabinen-Kane: "Es ist nicht so, dass er viel spricht, aber wenn hat das Hand und Fuß. Da können sich einige immer daran aufrichten."
Kane ist anerkannt im Team. Ein Wortführer, der damit den nach Kanada abgewanderten Thomas Müller ein Stück weit ersetzt – auch in Sachen Medienarbeit. Geduldig absolviert Kane nach nahezu jeder Partie seinen persönlichen Interview-Marathon, obwohl er das in der Menge aus der Premier League nicht so gewohnt war.
Und die Mitbringsel für seinen vierjährigen Sohn Louis stapeln sich im Hause Kane. Unter der Woche bringt Papa die Uefa-Trophäen für den "Man of the Match" heim, an den Wochenenden Bundesliga-Bälle, neun sind es mittlerweile, auf dem die Mitspieler unterschreiben. Am Samstag kritzelte einer: "I need a Panenka" – da wünscht sich einer einen gechippten Panenka-Elfmeter in die Tormitte.
Nichts leichter als das, oder Hattrick-Harry?