Schenk: "Bayern muss seine Haltung deutlich machen"

m AZ-Interview spricht die Korruptionsexpertin Sylvia Schenk über das Trainingslager des FC Bayern in Katar. Man müsse aufpassen, dass man "sich nicht instrumentalisieren" lasse.
Maximilian Koch |
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Bayern-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge (rechts) erntete deutliche Kritik von Sylvia Schenk.
Imago, dpa Bayern-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge (rechts) erntete deutliche Kritik von Sylvia Schenk.

Im AZ-Interview spricht die Korruptionsexpertin Sylvia Schenk über das Trainingslager des FC Bayern in Katar. Man müsse aufpassen, dass man "sich nicht instrumentalisieren" lasse.

Die SDP-Politikerin Sylvia Schenk (64) ist eine ehemalige Leichtathletin leitet die Arbeitsgruppe Sport bei "Transparency International".

AZ: Frau Schenk, sollte der FC Bayern auf ein Trainingslager in Katar verzichten, weil es dort immer wieder Menschenrechtsverletzungen gibt?
SYLVIA SCHENK: Generell würde ich das nicht sagen. Es ist ja das Gute am Sport, dass man in Verbindung treten und einen Austausch erreichen kann. Boykott ist nur ein Mittel, wenn gar nichts anderes mehr geht. Allerdings dürfen Probleme nicht totgeschwiegen werden.

Welche Probleme gibt es konkret in Katar?
Das Hauptproblem ist das Kafala-System (Arbeits- und Aufenthaltsrecht, Anm. d. Red), bei dem Migrantenarbeiter bisher ihren Pass abgeben mussten, keine Ausreiseerlaubnis bekamen, wenn ihr Arbeitgeber nicht zustimmte. Es gibt keine Gewerkschaften in Katar, insofern für die Arbeiter auch gar keine Möglichkeit, über ihre Arbeitsbedingungen zu verhandeln. Die Sicherheitssituation auf den Baustellen sowie die Unterbringung müssten sich verbessern, nur bei den WM-Stadien gibt es bereits höhere Standards. Der FC Bayern sollte dazu beitragen, dass sich noch mehr bewegt.

Welchen Beitrag könnte der FC Bayern leisten?
Es geht nicht um Aktionismus, eine Anzeige in der Zeitung mit der Überschrift: "Hier gibt es Menschenrechtsverletzungen", bringt nichts. Es kommt darauf an, wie man mit bestimmten Themen umgeht, wie man sich äußert, ob man die Reformkräfte, die in Katar an einem gesellschaftlichen Wandel arbeiten, stärkt. Letztes Jahr hat Karl-Heinz Rummenigge gesagt, dass es in Katar "eine andere Kultur" gebe. Die Frage, ob dort Mindeststandards beim Arbeitsrecht eingehalten und die Leute menschlich behandelt werden, ist aber keine Frage der Kultur. Solche Äußerungen sind völlig kontraproduktiv.

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Sie haben Rummenigge außerdem für seine Aussage kritisiert, ein Trainingslager sei "keine politische Äußerung".
Ein Trainingslager an sich ist keine politische Äußerung. Aber wenn man in ein Land geht, um das es heftige politische Diskussionen gibt, und der Besuch dort werbemäßig genutzt wird, muss man aufpassen, sich nicht instrumentalisieren zu lassen. Es wäre wichtig, sich mit der Situation in Katar auseinanderzusetzen und seine Haltung deutlich zu machen. Falls man denn eine Haltung hat. Die Bayern sollten auch offenlegen, wer die Reise zahlt. Also, ob sie dort hinfahren, weil die Bedingungen super sind und sie selbst zahlen oder sie sich einladen lassen.

Der Flughafen Doha zählt auch zu den Partnern des FC Bayern, der Klub baut seine Beziehungen nach Katar weiter aus. Wie bewerten Sie das?
Wenn die Bayern auf Veränderungen drängen, ist es positiv. Wenn sie sagen: Wunderbar, alles andere interessiert uns nicht, Hauptsache wir kriegen unser Sponsorengeld, und sich um gar nichts kümmern und letztlich sogar noch legitimieren, was in Katar nicht den internationalen Mindeststandards entspricht, dann ist es negativ.

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Wird der FC Bayern seiner gesellschaftlichen Verantwortung insgesamt gerecht? Sicher machen die Bayern viel. Gerade Uli Hoeneß hat sich immer sehr für soziale Belange eingesetzt. Die Bayern schauen nicht nur auf den Fußball, was ich positiv finde, auch Basketball und andere Sportarten kommen zum Zug. Aber für ein Unternehmen wie den FC Bayern ist neben all den Spenden und all der Hilfe für Benachteiligte das Entscheidende, was im Kerngeschäft passiert. Und das ist die erste Profi-Mannschaft der Fußballer, das eigentliche Produkt mit allem drum und dran. Und da ist die Frage: Macht man ein Trainingslager in Katar? Lässt man sich instrumentalisieren? Hilft man dabei, schlechte Zustände zu verschleiern oder sogar zu zementieren? Oder nutzt man seine Popularität, um Dinge anzusprechen und zu ändern?

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