Interview

Rummenigge schwärmt über München: "Ist meine Heimat" – was er besonders daran liebt

Karl-Heinz Rummenigge spricht im ersten Teil des AZ-Interviews zu seinem 70. Geburtstag über seine große Karriere, die Bedeutung des FC Bayern, Uli Hoeneß und Franz Beckenbauer.
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© IMAGO / Fred Joch

AZ: Herr Rummenigge, Sie können zu Ihrem 70. Geburtstag auf ein beruflich und privat erfülltes Leben blicken. Gibt es einen Traum, den Sie sich noch erfüllen möchten?
KARL-HEINZ RUMMENIGGE: Ich habe alles erleben dürfen, was im positiven Sinne möglich ist. Ich glaube, es ist wichtig, auch mal zufrieden zu sein. Und das bin ich.

Wie feiern Sie Ihren Geburtstag?
Beim 50. und 60. bin ich in meine alte Heimat nach Italien gereist und habe dort mit meiner Familie gefeiert. Diesmal meinte meine Frau, wir sollten das mit ein paar Freunden etwas größer feiern – denn niemand weiß, was in zehn Jahren ist.

Rummenigge: "München ist meine Heimat"

Ist München der Ort, den Sie als Heimat bezeichnen?
Ja, München ist meine Heimat geworden. Meine ersten 18 Jahre habe ich in Lippstadt verbracht – eine kleine, aber sehr liebenswerte Stadt, in der ich eine schöne Jugend erleben durfte. Und nun sind es schon 47 Jahre in München. Alle meine Kinder, alle meine Enkel leben hier und dementsprechend ist München meine Heimat. Es ist eine sehr schöne Stadt, eine sehr sichere Stadt. Man kann es sich hier schon gut gehen lassen.

Wenn Sie mal abschalten wollen, wie machen Sie das?
Den Sommer verbringe ich sehr gerne auf Sylt, weil ich kein Freund mehr bin von dieser großen Hitze, die ja leider hier auch in München neuerdings Einzug gehalten hat. Sylt ist für mich ein Refugium geworden – ein Ort, an dem ich mich rundum wohlfühle und wir als Familie einen ganz eigenen, entspannten Rhythmus haben. Und die Leute sind auch sehr nett im Norden, habe ich festgestellt. Diesen Sommer waren sie besonders nett, weil ihr HSV wieder aufgestiegen ist.

"Auf dem Platz war Paul Breitner mein kongenialer Partner, wir haben uns blind verstanden"

Gibt es jemanden in Ihrem Leben, dem Sie besonders dankbar sind?
Zunächst natürlich meiner Frau Martina, die ich bereits als Teenager kennengelernt habe. Ich hatte das große Glück, auf und neben dem Platz immer Menschen um mich zu haben, die mich gefördert und geprägt haben. Als junger Spieler braucht man gute Trainer – und die hatte ich mit Udo Lattek, Dettmar Cramer und Pal Csernai. Auf dem Platz war Paul Breitner mein kongenialer Partner, wir haben uns blind verstanden, ohne je darüber reden zu müssen. Gemeinsam holten wir nach einer langen Durststrecke zwei deutsche Meisterschaften. Und auch außerhalb des Rasens hatte ich verlässliche Begleiter wie Uli Hoeneß, Karl Hopfner, Herbert Hainer oder Jan-Christian Dreesen, mit dem ich acht Jahre im Vorstand eng zusammenarbeiten durfte – loyale, kompetente Menschen, auf die man sich verlassen konnte und kann.

Die Frau an seiner Seite: Martina Rummenigge.
Die Frau an seiner Seite: Martina Rummenigge. © IMAGO

Welche Bedeutung hat der FC Bayern in Ihrem Leben?
Das ist eine außergewöhnliche Beziehung geworden. Mit 18 hatte ich rund 15 Angebote aus der Bundesliga – und in Lippstadt rieten mir viele, nicht zum FC Bayern zu gehen, weil ich es dort ohnehin nicht schaffen würde. Damals war der Klub schon außergewöhnlich erfolgreich, und ich war unschlüssig. Entscheidend war mein Jugendtrainer, der sagte: ‚Wenn man ein Angebot vom FC Bayern hat, nimmt man es an – es gibt keinen besseren Klub in Deutschland. Diese Chance darfst du dir nicht entgehen lassen.’ Diese Geschichte habe ich auch später oft jungen Spielern an der Säbener Straße erzählt: Wer beim FC Bayern Mut und Willen mitbringt, setzt sich durch. Einige konnte ich überzeugen, leider nicht alle.

Rummenigge über Beckenbauer: "Franz war nicht nur ein guter Typ, er war herausragend in allem"

Wie wichtig war Ihre Erfahrung in Italien bei Inter Mailand für Ihr weiteres Leben?
Nach zehn sehr erfolgreichen Jahren beim FC Bayern spürte ich mit 28, dass es Zeit für eine neue Erfahrung war. Es gab mehrere Angebote, auch aus Spanien, aber mein Herz zog mich nach Italien – für dieses Land hatte ich schon immer ein Faible. Die drei Jahre bei Inter Mailand haben nicht nur mich, sondern auch meine Familie nachhaltig geprägt: ein neues Land, eine neue Sprache, eine neue Kultur. Es war eine wunderbare Zeit, die mir auch für meine zweite Karriere enorm geholfen hat.

"Wir haben uns blind verstanden, ohne je darüber reden zu müssen", sagt Rummenigge über Paul Breitner (l.). In der Mitte: Der damalige Bayern-Meistertrainer Pal Csernai.
"Wir haben uns blind verstanden, ohne je darüber reden zu müssen", sagt Rummenigge über Paul Breitner (l.). In der Mitte: Der damalige Bayern-Meistertrainer Pal Csernai. © IMAGO

Sie haben eben schon Paul Breitner angesprochen als einen Ihrer besten Mitspieler. Wer zählte da noch dazu?
Meine Karriere entscheidend geprägt – auf und neben dem Platz – hat natürlich Franz Beckenbauer. Er hatte nicht nur diese außergewöhnliche Gabe und Qualität als Spieler, sondern war auch als Persönlichkeit einzigartig. Vor Kurzem wurde ich gefragt, was dem FC Bayern heute vielleicht fehlt. Meine spontane Antwort: die Leichtigkeit und Lässigkeit eines Franz Beckenbauer. Er konnte unglaublich kritisch sein, wenn wir schlecht gespielt hatten – doch mit seiner bayerischen Nonchalance nahm ihm das niemand übel. Franz war nicht nur ein guter Typ, er war herausragend in allem. Und dann war da natürlich Uli Hoeneß. Als ich mit 18 zu den Profis kam, war er mein Zimmergenosse – damals gab’s ja noch Doppelzimmer – das war für mich wie ein Sechser im Lotto. Obwohl er erst 22 war, war er bereits Weltmeister, Europameister, Deutscher Meister und Europapokalsieger. Ich konnte unglaublich viel von ihm lernen. Uli war schon mit allen Orden behängt, als ich da neben ihm im Bett lag. (lacht)

 Rummenigge: "Vor meinem ersten Training beim FC Bayern hatte ich einen Pulsschlag von 200"

Denken Sie oft an Beckenbauer und den ebenfalls verstorbenen Gerd Müller?
Ja, sehr oft. Ich durfte eine wunderbare Zeit mit beiden verbringen. Vor meinem ersten Training beim FC Bayern hatte ich einen Pulsschlag von 200, war unglaublich nervös, ich kannte Franz und Gerd ja nur aus dem Fernsehen. Eine Stunde vor Beginn des Trainings saß ich schon allein in der Kabine, bis nach und nach die ganzen Superstars hereinkamen. Gerd war immer einer der Ersten, Franz der Letzte – und er verließ die Kabine auch stets als Letzter. Ich weiß noch genau, wie ich ihn damals ehrfurchtsvoll ansprach: 'Herr Beckenbauer, ich habe die große Ehre, mit Ihnen trainieren zu dürfen.' Er sah mich an, lächelte und sagte nur: 'Geh Burschi, i bin der Franz.'

Wird es eine Persönlichkeit wie Beckenbauer noch mal geben beim FC Bayern?
Wenn man in den Rückspiegel schaut, dann gibt es solche Leute meistens nur einmal. Das ist so mit Pelé in Brasilien, mit Maradona in Argentinien, vielleicht haben sie jetzt mit Messi einen zweiten, der auf Maradona folgt. Aber diese Persönlichkeiten sind rar und werden wahrscheinlich in unserer Welt heute auch immer ein Stück rarer. Umso schöner ist es, dass ich sie erleben durfte.

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2 Kommentare
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  • sircharles am 25.09.2025 11:09 Uhr / Bewertung:

    auch von mir.

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  • Perlacher am 25.09.2025 06:23 Uhr / Bewertung:

    Alles Gute zum 70. Geburtstag!

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