Robben: Der will doch nur spielen!

Arjen Robben muss sich bei Bayern mit einer neuen Rolle arrangieren. Er, der das Team 2010 fast im Alleingang ins Finale schoss, kämpft nun um einen Stammplatz. Denkt er an einen Wechsel?
MÜNCHEN Im Nachhinein wirkt Arjen Robbens Aussage wie ein Eigentor. „Ich saß heute in der Kabine und habe mir gedacht: Wow, wir haben eine richtig gute Mannschaft!”, sagte der Star des FC Bayern vergangenen September – und dachte dabei wohl nicht im Traum daran, dass er am Ende dabei der Leidtragende sein könnte. Weil auch beim FC Bayern immer nur elf Mann spielen können. Weil er, wenn alle fit sind, derzeit nur der zwölfte Mann ist.
Fakt ist: Der Niederländer hat seine Ausnahmestellung verloren. Da war die von Verletzungen durchzogene Hinrunde, da ist jetzt die atemberaubende Konstanz seiner Konkurrenten Toni Kroos und Thomas Müller. „Arjen ist körperlich in einer sehr guten Verfassung. Er brennt”, sagt Trainer Jupp Heynckes zwar. Beim Pokalspiel gegen Borussia Dortmund (bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht angepfiffen) spielt Robben aber nur, weil Franck Ribéry rotgesperrt zusehen muss.
Robben und Ribéry – das war einst die gefährlichste Flügelzange Europas, Rib & Rob nannte man sie, oder auch einfach „Robbery”, zwei kongeniale Individualisten als Aushängeschild der Bayern. Mit seinen Toren sorgte Robben 2010 fast im Alleingang dafür, dass es Bayern nach neun Jahren mal wieder in ein Champions-League-Finale schaffte, die Deutschen wählten ihn zum Fußballer des Jahres.
2013 ist das nun anders. Ribéry hat Robben abgehängt. Auf dem Platz, in der Gunst der Fans. Und das, obwohl es der Franzose war, der Robben im April 2012 in der Halbzeit des Spiels gegen Real Madrid ein Veilchen verpasst hatte. Robben spielte den Vorfall anschließend runter, meinte erst später: „Es war eine Enttäuschung für mich, dass so etwas passiert ist. So etwas gehört in keine Fußballmannschaft, das weiß er.” Die Südkurve hat ihrem Filou längst verziehen. Das staccatoartige „Ribéry, Ribéry, Ribéry” hört man dauernd in der Arena.
Dort hörte man die Pfiffe im Mai 2012 beim Spiel der Bayern gegen die Niederlande. Gegen Robben, nach dessen verschossenem Elfer im „Finale dahoam” gegen Chelsea. „Finale verlorn” – wegen ihm, so dachten die Pfeifenden. Robbens Karriere ist trotz 13 Titelgewinnen zuletzt gezeichnet von der Kunst des Versagens. Zwei Champions-League-Endspiele, ein WM-Finale, ein DFB-Pokalfinale hat er seit 2010 verloren. Dazu kommen die vielen Verletzungen. Doch er hat gelernt, mit seinem Körper umzugehen, mit seinen Tücken, seiner Anfälligkeit. Was er jetzt lernen muss, ist, dass er nun nicht mehr automatisch in der Startelf steht, wenn er fit ist. Er empfindet das nach wie vor als persönlich beleidigend. Weil er nicht anders kann. Weil er immer hundert Prozent zu geben versucht. „Ich habe so etwas selten bei einem Spieler erlebt, mit welcher Intensität er die Einheiten und jede Übung angeht”, sagt Sportvorstand Matthias Sammer. Wer Robben nach einer kräftezehrenden Einheit unzählige Liegestütze in den Platz hat pumpen sehen, weiß, was er meint.
Für Bayern hat Robben sich sogar dazu entschieden, beim Nationalteam kürzer zu treten. Er hat sich als Führungsspieler angepriesen, die Kapitänsbinde mit Stolz getragen. Als er beim 6:1 gegen Bremen mal wieder durchspielte, ein Tor und zwei Assists beisteuerte, sagte er: „Ich habe meinen Beitrag geleistet, mehr kann ich nicht tun.” Stammspieler ist er dennoch nicht. Und Stimmen mehren sich, dass er zum Saisonende mit einem Wechsel liebäugeln könnte. Der AC Milan war im Sommer schon an ihm dran.
Vergangenen Oktober sagte Präsident Uli Hoeneß noch: „Er ist einer der besten Profis, die je in unserem Verein gearbeitet haben – und deswegen wird er immer bei uns bleiben.” Nun sagte er der „Sport Bild”: „Arjen braucht einen Verein, der gute Ärzte hat, da ist er bei uns gut aufgehoben.”
Es klingt irgendwie nach Rente. Dabei ist Robben mit 29 im besten Fußballeralter. Und will doch nur spielen.