Ribéry: Jetzt wieder ohne Rucksack
München - Sein Tor. Ja, klar. Schön – und gut für ihn. Für Franck Ribéry und sein Form-Comeback, seine Tor-Auferstehung gegen Bremen.
Doch noch wichtiger als sein Treffer per Linksschuss-Tunnel gegen Werder-Keeper Wolf in der 20. Minute war eine Szene aus der zweiten Halbzeit. Spielunterbrechung, Behandlungspause. Trainer Pep Guardiola ruft den Franzosen zu sich an die Außenlinie – zur Besprechung. Guardiola will erklären, feinjustieren. Öffentliche Nachhilfe. Er deutet in Richtung Platz, gestikuliert wild, steht dabei einen Meter im Feld. Ribéry schaut nicht glücklich drein, gibt Widerworte. Nicht einer Meinung? Ein Zoff gar? Dann tätschelt Guardiola Ribérys Wange, beide klatschten sich wie zur Versöhnung aggressiv ab. Hand drauf! Einmal, zweimal. Ribéry ist zurück in der Spur. Revive le Franck! Real kann kommen.
Kommen die Bayern gegen Real weiter? Die AZ-Sportumfrage!
Der 31-Jährige ist wieder Ribéry, wieder auf Touren. Nach sieben Pflichtspielen ohne Treffer glänzte er als Torschütze, hatte die meisten Ballkontakte (106).
„Jeden Tag, jede Woche denke ich, was ich mit Franck machen kann, um ihn zu unterstützen“, hatte Guardiola am Freitag gesagt. Nach dem 5:2 gegen Werder, das Ribéry neben Doppelpacker Claudio Pizarro mit am meisten angeschoben hatte, meinte der Spanier: „Franck hat besser gespielt. Wir brauchen seine Aggressivität.“ Und am Dienstag seine Durchbrüche über die linke Seite, um die Abwehr von Real aufzureißen. Ribérys letzter Champions-League-Treffer ist nämlich verdammt lange her: Im Oktober 2013 traf der Franzose beim 5:0 gegen Pilsen zwei Mal. Danach war Flaute, wenig Leben.
„Franck Ribéry hat gegen Bremen Schritt für Schritt an Leichtigkeit gewonnen“, sagte Bayerns Markenbotschafter Paul Breitner im „Sport1-Doppelpass“ und sagte: „Es ist doch sein Anspruch, in jedem Spiel das Beste zu zeigen, was er draufhat.“ Vor allem Cristiano Ronaldo, der im Januar in Zürich die Wahl zum Weltfußballer 2013 gewonnen hatte. Seitdem war Ribéry, nur Dritter der Wahl, bedrückt. Am Dienstag tritt der Franzose erneut auf den Portugiesen – und deshalb glaubt Ex-Bayern-Kapitän Thomas Helmer: „Du willst es doch jetzt erst recht zeigen – und allen beweisen: Ihr habt euch geirrt, ich bin doch der Beste!“
Über den Blues nach dem verpassten Lebensziel Weltfußballer sagte Bayerns Ehrenpräsident Franz Beckenbauer bei „Sky“: „Es scheint so wie er spielt, dass er irgendwas hat. Ich weiß nicht was, keine Ahnung. Ich denke jeder hat einmal das Recht, ein bisschen durchzuschnaufen, dann aber auch die Pflicht, wieder die beste Leistung abzurufen.“
Was Ribéry gegen Bremen tat. Voller Adrenalin bis in jede Faser seines Körpers sprang er nach seinem Tor in die Luft und zeigte die Ribéry-Faust. Monsieur 100000 Volt. Im Anschluss drehte er auf wie in besten Tagen. Lauffreudig, spielfreudig, versuchte Hackentricks und Fallrückzieher.
Die Mitspieler glauben an Franck – und eine magische Nacht gegen Real. „Ich mache mir um Franck überhaupt keine Sorgen und bin davon überzeugt, dass er am Dienstag ein überragendes Spiel machen wird – und wir ins Finale einziehen“, sagte Kapitän Philipp Lahm, während Arjen Robben meinte: „Das Spiel war nicht nur für Franck wichtig, sondern für uns alle. Wir müssen aufhören, Franck hier, Franck da. Auch wenn er keinen guten Tag hat, ist er gut.“
Lesen Sie hier: Die Einzelkritik der Bayern gegen Werder
Die Fans feierten ihn mit Sprechchören, Dante küsste ihn nach seinem Treffer auf den Kopf – ein kollektives Ribéry-Aufbauprogramm lief da gegen Bremen. „Er braucht die Unterstützung, die Aufmunterungen, das Lob“, sagte Beckenbauer, „ich glaube, er hat sich so ein bisschen befreit von dem Rucksack, den er mit sich herumgetragen hat.“
Damit es auch am Dienstag heißt: Vive le Franck! Es lebe Ribéry.