Ralph Siegel über den FC Bayern: "Jupp Heynckes kann das bis 80 machen"

Musikproduzent Ralph Siegel (72) spricht in der AZ über Heynckes (72) und erklärt, warum der Beruf den Bayern-Trainer fit hält. "Er ist ein großes Vorbild für alle älteren Menschen."
München - AZ-Interview mit Ralph Siegel Der 72-jährige Musiker und Komponist aus München gewann mit Nicole 1982 den Eurovision Song Contest. Er ist Fan des FC Bayern.
AZ: Herr Siegel, Sie sind wie Jupp Heynckes 72 Jahre alt – und wie der Bayern-Trainer noch immer im Geschäft. Was ist der Schlüssel dazu?
RALPH SIEGEL: Es ist Kopfsache. Sonntagnacht bin ich etwa erst um zwölf aus dem Studio gekommen. Man muss in dem Alter Ziele haben. Das hält einen gesund und in Form. Und man sollte die Sache beherrschen, die man macht, seinen Beruf verstehen. Jupp Heynckes kann da nur ein großes Vorbild für alle älteren Menschen sein. Wenn man aktiv bleibt, kann man sehr viel erreichen. Das zeigt er gerade beim FC Bayern.
Heynckes geht gern mit Schäferhund Cando spazieren, um sich fit zu halten, er schwimmt am Morgen und macht Krafttraining. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Mein Geheimnis ist nicht, mit dem Hund spazieren zu gehen (lacht). Das habe ich ja auch in meinem Buch geschrieben: Das Leben ist zu kurz, um Gassi zu gehen. In seinem Fall ist es aber vielleicht anders. Er muss ja auf dem Platz sehr agil sein. Wobei ihm sein Co-Trainer auch einiges an Arbeit abnimmt. Mein Geheimnis ist ganz einfach der Kopf. Ich esse einigermaßen gesund und ja, ich schwimme auch jeden Morgen.
Hält die Arbeit mit jungen Leuten den Kopf fit?
Ja, definitiv. Ich habe immer junge Menschen um mich herum, Künstler im Alter von 20, 30, 40 Jahren, meine Tonmeister. Und ich bin selbst dreifacher Vater. Wenn man allein im Altersheim ist, ist es schwierig, neue Motivation zu finden.
Mit der Motivation hat Heynckes keine Probleme – trotzdem will er am Saisonende aufhören.
Man sagt in dem Alter ja immer, dass man aufhören will. Aber wenn das alles so passt mit der Mannschaft und seinen Co-Trainern, dann kann Jupp das bis 80 machen! Ich hoffe es jedenfalls, ich wünsche es mir. Es ist doch wie bei einem Maler oder einem Komponisten: Bis zum Lebensende bleibt man seiner Liebe treu. Jupp scheint ja auch sehr fit zu sein, er lebt auf der Bank mit während der Spiele. Warum also nicht?
Kennen Sie Heynckes eigentlich persönlich?
Ich habe ihn vor vielen Jahren mal kennengelernt. Karl-Heinz Rummenigge kenne ich auch, Uli Hoeneß, Franz Beckenbauer – die alte Mannschaft. Früher saß ich oft bei Bayern-Spielen auf der Tribüne im Olympiastadion. Jetzt bin ich zu dieser Zeit meist im Studio und schalte dann am Abend die Sportschau ein.
Also sind Sie eindeutig ein Roter?
Ich war mein Leben lang Bayern-Fan. Ganz früher, als ich so 20 war, war ich auch mal bei den Sechzgern draußen. Aber irgendwann lernte ich den Willi Hoffmann (früherer Bayern-Präsident, d.Red.) kennen, die ganze Bayern-Mannschaft, da war ich sogar auf Weihnachtsfeiern dabei. Speziell in der Zeit mit Beckenbauer und Sepp Maier war ich großer Fan.
Dann dürfte Ihnen die aktuelle Phase beim FC Bayern gefallen. Unter Heynckes gab es 16 Siege in 17 Spielen, die Vereinsbosse schwärmen von ihrem Trainer, ganz München scheint Heynckes zu Füßen zu liegen.
Jupps Arbeit ist ja zu sehen auf dem Platz, viel besser geht es nicht. Bei Bayern passt es einfach: Das Management mit Rummenigge und Hoeneß, dazu haben sie eine Topmannschaft. Aber klar: Erfolg hat viele Freunde. Wenn Bayern ständig gewinnt, lieben die Münchner ihren Trainer. Erst recht, wenn er wie Heynckes nach einer längeren Auszeit zurückkommt und so ein Comeback hinlegt. Ich würde mich auch freuen, noch mal für Deutschland beim Eurovision Song Contest antreten zu dürfen.
Apropos ESC: Ist der Song Contest, an dem Sie 25 Mal teilnahmen und 1982 mit Nicole ("Ein bisschen Frieden") triumphierten, schwieriger zu gewinnen als die Champions League?
Die beiden Dinge sind nur schwer vergleichbar. In der Champions League kannst du den Erfolg mit deiner Leistung selbst beeinflussen. Beim ESC bist du abhängig von der Jury, ganz wenige Leute entscheiden, wer überhaupt mitmachen darf. Seit vielen, vielen Jahren geben sie mir so gut wie keine Chance.
Würden Sie Heynckes zum Abschied ein Lied schreiben?
Da müsste man mich beauftragen, aktuell steht nichts an. Ich schreibe gerade erst mal ein Lied für die Fußball-Weltmeisterschaft.