Interview

Pizarro schwärmt im AZ-Interview von Kane – Kompany "kann sehr lange bei Bayern bleiben"

Legende Pizarro spricht vor dem Duell seiner beiden Herzensklubs über seine Professur, Kanes Chancen den Lewandowski-Rekord zu brechen, Werders Überraschungspotenzial und das Wirken Kompanys.
von  Patrick Strasser
Sag mal, wie gut bist Du eigentlich drauf? Claudio Pizarro (r.) auf der Tribüne im Gespräch mit Harry Kane (.l).
Sag mal, wie gut bist Du eigentlich drauf? Claudio Pizarro (r.) auf der Tribüne im Gespräch mit Harry Kane (.l). © IMAGO/Beautiful Sports

AZ: Herr Pizarro, wie darf ich Sie anreden: Professor Pizarro? Seit Januar sind Sie Ehrenprofessor, wurden in Ihrer Heimat von der peruanischen Hochschule für angewandte Wissenschaften zum "Profesor Honorario" ernannt. Damit wurde - Zitat - Ihre "bemerkenswerte Karriere im Fußball und Ihr Einfluss auf den Sport auf nationaler und internationaler Ebene gewürdigt".
CLAUDIO PIZARRO: Das war toll, eine große Ehre für mich, dafür bin ich sehr dankbar. Ich weiß, dass die Universidad Peruana de Ciencias Aplicadas den Sport in Peru sehr unterstützt. Das ist etwas, das ich schon immer machen wollte. Ich hoffe, dass wir gemeinsam die Entwicklung junger Menschen in unserem Land fördern und somit helfen können. Nachdem ich dort eine Rede gehalten habe, bekam ich die Urkunde für meine Professur und einen Talar. Das macht mich sehr stolz.

Und damit zum Elfmeter-Professor des FC Bayern, zum Mann mit dem Torjäger-Diplom: Harry Kane. Wie viel Angst muss man um Werder Bremen haben? Im Duell Ihrer ehemaligen Klubs, die Ihnen beide sehr am Herzen liegen, droht den Gästen in der Allianz Arena am Freitag eine Packung.
Die Bayern spielen momentan überragend, sind vor allem in der Offensive sehr stark. Ich bin sehr gespannt, wie sich Kane diesmal behauptet. Er ist in absoluter Top-Form.

Ging jahrelang für den FC Bayern und die peruanische Nationalmannschaft auf Torejagd: Claudio Pizarro
Ging jahrelang für den FC Bayern und die peruanische Nationalmannschaft auf Torejagd: Claudio Pizarro © imago/Sven Simon

Pizarro traut Kane den Lewandowski-Rekord zu

Sie haben in Ihrer Karriere als Stürmer für Bayern 125 Pflichtspieltore erzielt, für Werder bei vier Engagements 153, haben mit unzähligen Stars im Angriff gespielt.
Da fällt mir ein: Neulich wurde ich gefragt, mit welchem Stürmer ich gerne einmal zusammengespielt hätte.

Und?
Natürlich mit Harry Kane. Er macht nicht nur unglaublich viele Tore, sondern arbeitet so enorm intensiv für seine Mannschaft. Dazu kommen seine große Erfahrung und die Spielintelligenz. Er weiß in jedem Moment auf dem Platz genau, was er zu tun hat. Was mich beeindruckt: Er findet immer Lösungen und seine Elfmeter - Wahnsinn, wie cool er das macht. Dahinter steckt viel Arbeit im Training.

In der Saison 2020/21 brach Robert Lewandowski den uralten Gerd-Müller-Rekord, erzielte 41 Tore in einer Bundesliga-Saison. Kane hat nach nur vier Spieltagen bereits acht Treffer auf seinem Konto. Könnte der Engländer Lewandowski übertrumpfen?
Ja, das könnte er in meinen Augen. Wenn es weiter so gut läuft und er sich nicht verletzt. Ein wichtiger Punkt ist, dass Mitspieler wie Serge Gnabry und Jamal Musiala ihn nach zwei gemeinsamen Jahren gut kennen, dazu kam letzten Sommer der wunderbar aufspielende Michael Olise. Sie alle, wie auch Neuzugang Luis Díaz, spielen für Kane. Weil sie alle wissen, wie wertvoll er als Vollstrecker ist.

Pizarro vermisst bei Ex-Klub Bremen noch die Konstanz

Was hat Werder diesen Bayern und der Tormaschine Kane überhaupt entgegenzusetzen?
Sie werden in München vermutlich defensiv, sehr vorsichtig agieren. Werder wird nicht wie verrückt nach vorne rennen, das geht gegen Bayern nach hinten los. Als Bremen 4:0 in Mönchengladbach gewonnen hat, habe ich mich gefreut. Eine Woche später verlieren sie 0:3 gegen Freiburg - da fehlt leider ein bisschen die Konstanz, das ist aktuell das Problem. Der neue Trainer Horst Steffen und die Mannschaft müssen sich noch finden, das ist nicht so einfach nach der Zeit unter seinem Vorgänger Ole Werner, der fast vier Jahre im Amt war. Dennoch: Werder ist immer für eine Überraschung gut, gerade auch in München wie beim vorletzten Auswärtsspiel (1:0 im Januar 2024, d.Red.).

Was kann Werder in dieser Saison erreichen? Geht es gegen den Abstieg?
Nein, wieso? Nach dem achten Platz letztes Jahr können die Bremer auch nach Europa schielen, sich mit etwas mehr Konstanz und Stabilität für einen europäischen Wettbewerb qualifizieren. Mit Victor Boniface haben sie einen körperlich starken Stürmer dazubekommen, der in Leverkusen viele Tore gemacht hat. Vielleicht überraschen sie wie letztes Jahr die Mainzer (Platz sechs, d.Red.).

In der Champions-League-Saison 2014/15 im direkten Duell: Bayern-Stürmer Pizarro (l.) gegen ManCity-Verteidiger Kompany
In der Champions-League-Saison 2014/15 im direkten Duell: Bayern-Stürmer Pizarro (l.) gegen ManCity-Verteidiger Kompany © imago/Annegret Hilse

Und die Bayern? Sehen Sie ernsthafte Konkurrenz in der Bundesliga?
Borussia Dortmund habe ich auf dem Radar - dahinter muss sich die Konkurrenz sortieren. Leverkusen ist im Umbruch, hat nach dem Abschied von Xabi Alonso nun schon den zweiten Trainer, der Kader wurde fast völlig umgekrempelt. Das ist eine schwierige Situation. Die Bayern sind jetzt schon voll da und haben gegenüber der letzten Saison einen großen Vorteil: Vincent Kompany kennt nun das Umfeld in München, die Erwartungen und seine Mannschaft. Für mich ist er fachlich und aufgrund seiner empathischen Art ein sehr guter Trainer, kann dank seiner mutigen, offensiven Spielidee sehr lange bei Bayern bleiben. Er denkt zum Teil noch wie ein Spieler. Ich erinnere mich ungern an unsere Duelle auf dem Platz, als er für den Hamburger SV spielte. Vincent war ein Riese - ein knallharter Verteidiger.

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