„O'zapft is“: Bei den Bayern läuft's
Gelsenkirchen - Daheim in München hieß es „O'zapft is“, auf Schalke schenkten sie dem vermeintlichen Titelkonkurrenten zünftig einen ein, und in Hamburg musste auch noch Meister Dortmund die Zeche zahlen: Pünktlich zum Start der Wiesn ist die Fußball-Welt der Bayern wieder in Ordnung. „Nach zwei Jahren ohne Titel sind wir umso heißer“, sagte Arjen Robben nach dem souveränen 2:0 (0:0) im ersten Spitzenspiel der Bundesliga-Saison bei Schalke 04: „Wir haben mehr Qualität als letztes Jahr.“
Gegen Schalke: Die Bayern in der Einzelkritik
Nach sieben Siegen in den ersten sieben Pflichtspielen, dem besten Start der Vereinsgeschichte, steht der Rekordmeister da, wo er nach seinem Selbstverständnis immer stehen muss – ganz oben. Und der Abstand zum Titelverteidiger BVB, der 2:3 beim HSV verlor, beträgt ebenso wie zu den völlig überforderten Schalkern schon fünf Punkte.
Kein Wunder, dass sich Jupp Heynckes derzeit wie im Trainer-Schlaraffenland fühlt. „Wir haben aus der letzten Saison gelernt, dass wir qualitativ mehr Optionen haben müssen“, sagte er. Die hat der Coach dank der 70 Millionen Euro teuren Einkaufstour im Sommer jetzt. „Man muss den Kräfteverschleiß auffangen, indem man mal rotiert“, erklärte Heynckes und fügte schmunzelnd hinzu: „Und es kommt auch noch die Wiesn dazu.“
Auf Schalke rotierte er den 40-Millionen-Mann Javi Martinez raus und Nationalspieler Thomas Müller wieder rein, weil Star-Dribbler Franck Ribery ausfiel. „Jeder muss sein Ego zurückstellen und auch mal auf die Bank“, sagte Heynckes: „Ich werde das so moderieren, damit es funktioniert.“
Gegen die Königsblauen funktionierte es prächtig: Müller bedankte sich mit der Vorlage zum Führungstor des starken Toni Kroos (55.) und düpierte dann die halbe Schalker Abwehr beim 2:0 (58.). „Wir versuchen, die letzten Reserven rauszukratzen, um uns gegenüber dem Vorjahr zu verbessern“, sagte der WM-Torschützenkönig von 2010, und er stellte fest: „Es funktioniert ganz gut im Moment.“
Auch wenn die Bayern vor einem Jahr ähnlich dominant 2:0 auf Schalke triumphierten, sind die Fortschritte auch für den Gegner nicht zu übersehen. „Bayern spielt sehr variabel, ganz anders als letzte Saison“, konstatierte Trainer Huub Stevens und sah den Abstand seines Teams zum Rekordmeister keineswegs verringert: 'Auf Augenhöhe mit Bayern? Wir sind noch Jahre weg."
Für den Bundesliga-Dritten der Vorsaison blieb nach der ersten Niederlage im sechsten Pflichtspiel eine bittere Erkenntnis: „Derselbe Verlauf, dieselben Qualitätsunterschiede, dieselben Muster - es gibt keine Veränderung gegenüber der letzten Saison“, resümierte Manager Horst Heldt ernüchtert. Nach zuletzt vier Niederlagen in vier Spielen gegen die Großen BVB und Bayern setzte sich damit die schwarze Serie fort. „Mut und Leidenschaft“ vermisste Heldt.
Bis auf 15 Minuten vor der Halbzeit und die Konterchance zum 1:0, die Jungstar Julian Draxler leichtfertig verspielte (50.), boten die Königsblauen wenig Gegenwehr. Selbst der Ex-Schalker Manuel Neuer war „selbst ein bisschen verwundert, dass es so klar war“. Entscheidend war vor allem das starke Mittelfeld der Münchner, in dem Bastian Schweinsteiger neben Kroos die dominierende Figur war.
„Er strahlt eine unglaubliche Präsenz aus, ist immer anspielbar. Er hat die Freude am Spiel wiedergefunden“, stellte Bundestrainer Joachim Löw als Tribünengast fest.
Nach dem „Drama dahoam“ mit dem verschossenen Elfmeter im Champions-League-Finale gegen den FC Chelsea und der schwachen EM ist Schweinsteiger auf dem besten Weg zurück zu alter Stärke. Die braucht er auch, um beim Überangebot an hochkarätigen Mittelfeldspielern seinen Platz zu finden. Heynckes meinte zwar den stark aufspielenden Toni Kroos, als er sagte: „Es ist viel Konkurrenz da, er kann sich nicht ausruhen.“ Doch auch Schweinsteiger hat es gehört.