Neuer Xavi: Spaniens Hoffnung in Thiagos Füßen

Nach 19 Monaten Pause aufgrund diverser Verletzungen gibt Bayern-Star Thiago sein Comeback im Nationalteam des Europameisters. Er soll in die Rolle von Xavi hineinwachsen.
Maximilian Koch |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
In Topform: Thiago (r.), hier mit Robert Lewandowski
sampics/Augenklick In Topform: Thiago (r.), hier mit Robert Lewandowski

München - Zuletzt gegen Dortmund konnte man dieses spezielle Verhältnis zwischen Pep Guardiola und Thiago wieder beobachten. Der Bayern-Spielmacher drehte sich in der Nähe des Mittelkreises um die eigene Achse, er schaute nach rechts, und dann entschied er sich für jene Variante eines Passes, die seinen Trainer zum Kochen bringt: Thiago chippte den Ball über wenige Meter hinweg zum Mitspieler – und provozierte damit die erwartete Reaktion.

An der Seitenlinie sah man Guardiola, der nichts mehr liebt als den flachen, harten Pass, mit den Händen auf die Schenkel trommeln. Er fluchte in Richtung seiner Assistenten und schien in bestem Trapattoni-Deutsch zu sagen: „Was erlauben Thiago?!“ Diese Szene zeigte einmal mehr: Der Bayern-Trainer, der Thiago einst aus Barcelona nach München holte („Thiago oder nix“), erwartet von seinem Mittelfeld-Genie mehr als von anderen. Er sieht in dem kleinen Spanier mit brasilianischen Wurzeln ein Ausnahmetalent.

Deshalb duldet er keine Schlampigkeiten. Im Pep-Kosmos fallen auch Chip-Pässe in diesen Bereich, selbst wenn sie ankommen. Ob Guardiola auch am Dienstag mit Vicente del Bosque über dieses Thema sprach, ist nicht überliefert. In Madrid, am Rande einer Tagung des spanischen Fußballverbandes, sah man den Bayern-Trainer im Plausch mit dem Coach der Nationalelf. Thiago wird ziemlich sicher in diesem Gespräch vorgekommen sein.

Lesen Sie hier: Hitzfeld warnt Pep: "Da möchte ich nicht Trainer sein"

Spätestens seit der U21-EM 2013 gilt Thiago als größtes Versprechen des spanischen Fußballs. Beim 4:2 im Finale gegen Italien erzielte er damals drei Treffer. Für die A-Auswahl hat der 24-Jährige aber erst fünf Länderspiele absolviert und gehört nun erstmals seit 19 Monaten wieder zum Kader. Thiago letztes Länderspiel datiert vom 5. März 2014 (1:0 im Test gegen Italien). Anschließend verhinderten Knieprobleme seine WM-Teilnahme und auch einen Großteil der EM-Quali. Doch nun, nach konstant guten Leistungen bei Bayern, ist Thiago wieder da. Am Freitag gegen Luxemburg könnte er in der Startelf stehen. „Thiago war schon mehrfach bei uns, wir kennen ihn und schätzen ihn sehr“, sagte del Bosque bei der Bekanntgabe des Kaders.

Aus seinen Worten war herauszuhören, wie wichtig Thiago für die Selección ist: Das Team, das sich nach den Erfolgen der Vergangenheit (EM-Titel 2008, WM-Sieger 2010) noch immer im Umbruch befindet, sucht nach Halt und Orientierung. Seit dem Rücktritt von Xavi hat del Bosque keinen Ersatz für den einst besten Spielmacher der Welt gefunden. Thiago, der für diese Rolle prädestiniert ist, könnte deshalb schon bei der EM 2016 zum Fixpunkt werden – sofern er die Eindrücke aus der Startphase dieser Saison betätigen kann.

Lesen Sie hier: Insider sicher: Guardiola verlängert beim FC Bayern

„Er muss uns und der Welt zeigen, dass er 20, 25 Spiele so spielen kann“, sagte Guardiola zuletzt nach Thiago Galaauftritt in der Champions League gegen Zagreb: „Wenn er fit ist, ist er ein sehr wichtiger Spieler für mich. Er braucht Spiele, Spiele, Spiele.“ Die bekommt Thiago aktuell, weil er endlich von Verletzungen verschont bleibt. Die Belastungen mit vielen englischen Wochen machen ihm laut eigener Aussage nichts aus. Ein Blick in die Statistik unterstreicht dies. In dieser Saison hat der Bayern-Star eine Zweikampfquote von 59 Prozent gewonnen Duellen vorzuweisen. Für einen Techniker wie ihn, der in viele Dribblings geht, eine beeindruckende Bilanz.

Aber sind Zahlen die richtigen Einheiten, um den Wert Thiago festzustellen? „Er hat eine große, große Qualität, aber vor allem hat er seine Mentalität: Er hat ein überragendes Selbstbewusstsein und keine Angst, egal wo wir spielen“, hat Guardiola einmal über seinen Lieblingsspieler gesagt. Angst scheint Thiago nicht zu kennen. Vor wenigen Tagen gönnte er sich mit Freunden einen Besuch auf der Wiesn – Guardiola erfuhr davon erst, als Journalisten ihn dazu befragten. „Ich bin nicht ihr Vater, und auch nicht ihre Mutter“, sagte der Coach überraschend cool: „Ich bin ihr Trainer und nicht dazu da, um sie zu kontrollieren.“ So viel Nachsicht hatte man Pep bei Thiago, seinem speziellen Schüler, gar nicht zugetraut. Aber ein Wiesnzelt ist eben kein Fußballplatz.   

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.