Nervenschlacht mit Jupp Heynckes

Mit dem 8:1 auf St. Pauli hat der FC Bayern Platz 3 und damit das Minimalziel gesichert. Jetzt hoffen sie, dass Bayer Leverkusen patzt – damit der direkte Einzug in die Champions League geschafft wird.
München - Thomas Müller hatte das Megafon eines Fans schon in der Hand. Auf geht’s zur Kurvenparty mit dem eigenen Anhang. Grund zu feiern gab’s ja genug. Ein 8:1 beim FC St. Pauli – ein Auswärtsrekord in der Bayern-Historie – dazu die Pleite von Hannover in Stuttgart (1:2), Rang drei gesichert. Schluss mit Zittern, das Ticket zu Quali-Spielen für die kommende Saison in der Champions League ist vorzeitig gesichert. Und da geht sogar noch mehr: Leverkusen torkelt auf der Zielgeraden, nur 1:1 gegen den HSV. Ja, geht denn da noch was mit Platz zwei, der direkten Teilnahme im Kreise der Großen Europas?
Doch dann besannen sich die Bayern-Profis am Millerntor. Nicht etwa aus Scham über die titellose Saison. „You’ll never walk alone“ dröhnte aus den Lautsprechern, mit hängenden Köpfen verabschiedete sich der Heimverein als Tabellen-18. gerade aus der Liga. Tschüss, Pauli. Robben und Schweinsteiger gestikulierten wie wild: keine Party, Jungs! Zeigt Respekt! Und so machten sie nur schnell die Welle und dann die Biege – unter Ovationen der Gastgeber.
Ausgelassener könnten die Bayern kommenden Samstag um ca. 17.20 Uhr feiern. Bei einem Heimsieg gegen die – bereits geretteten – Stuttgarter und einer gleichzeitigen Pleite von Bayer in Freiburg dank des weitaus besseren Torverhältnisses. Welch’ pikantes Duell. Coach Robin Dutt möchte doch bei seinem künftigen Job in Leverkusen die Champions League erleben, oder etwa nicht. Und Jupp Heynckes, ab Sommer wieder in München? Er ist sicher: „Wir sind seit langer Zeit Zweiter und werden das auch nach dem 34. Spieltag sein.“ Für Bayern wäre der Silber-Platz auf dem Trepperl die beste Saisonplatzierung. Und ein versöhnliches Ende.
„Wir haben jetzt unser Minimalziel erreicht“, sagte Kapitän Philipp Lahm, „nun lastet der Druck auf Bayer Leverkusen.“ Die Nervenschlacht mit Jupp hat begonnen, Bayern legt vor. Schafft Leverkusen, aus Tradition Zweiter, diesmal nicht mal den Vize-Titel?
Fünf-Spiele-Trainer Andries Jonker hat mit drei Erfolgen und einem Remis (1:1 in Frankfurt) bei 18:4 Treffern seine Mission nach dem Rauswurf von Louis van Gaal erfüllt. Das größte Lob kam von Franz Beckenbauer: „Die Leichtigkeit ist zurückgekehrt. In den Monaten vorher war es ein bisschen schleppend und daher eine gewisse Unzufriedenheit zu verspüren. Man spielt wieder so leicht wie in den besten Zeiten.“
„Ich bin erleichtert und sehr froh und glücklich, dass es schon gelungen ist“, meinte der Holländer nach dem Dreierpack von Gomez, dem Viererpack von Robben/Ribéry (je 2) und dem Kopfballtreffer von van Buyten. Sein Ausblick auf Samstag: „Es wird ein schönes Spiel mit viel Druck, kein lockeres Spiel, wir wollen volle Kanne spielen.“ Und Leverkusen nervös machen.
„So, wie die Saison gelaufen ist, wäre Platz drei okay“, bilanzierte Rummenigge, „aber Rang zwei ist jetzt noch drin. Eine kleine Chance besteht.“ Beckenbauer dagegen hat wenig Hoffnung. „Wenn ich mir diese verrückte Saison anschaue, dann ist alles möglich“, meinte der Ehrenpräsident bei „sky“, „aber wenn man die Auswärtsbilanz der Leverkusener anschaut, dann ist die schon erstklassig. Ich traue ihnen zu, dass sie den einen Punkt, den sie noch brauchen, holen werden.“ Vielleicht täuscht sich auch der Kaiser mal.