Manuel Neuers Millionen-Parade
Neuers erster Dreier bei Bayern: Sein grandioser Reflex rettet den Sieg in Augsburg. Hoeneß sagt, damit sei die erste Million abbezahlt. Nur Altstar Lehmann mäkelt über die „fragwürdige Technik”
Augsburg - Sie hatten den Gegner im Griff, alles wie gehabt. Mario Gomez erzielte das 1:0. Diesmal eben bei Aufsteiger FC Augsburg. Franck Ribéry setzte das 2:0 drauf. Der Ball lief, die Gegenspieler hinterher und die Fans schlossen Wetten ab, wie hoch die Bayern wohl siegen würden.
Doch dann wurden die Seriensieger erst lässig im nicht-konsequenten Ausspielen ihrer Torchancen, später fahrlässig in der Abwehr. Hosogai traf zum 1:2, den Schuss des Japaners konnte David Alaba erst knapp hinter der Linie wegschlagen. „Wir haben in der zweiten Halbzeit nicht mehr sauber gespielt, nicht präzise genug, zu fahrig”, kritisierte Mario Gomez.
Aber immerhin verhalfen die lieben Mitspieler durch ihr Laissez-faire einem Kollegen zu seinem ersten Matchball beim FC Bayern: Manuel Neuer. Als der eingewechselte FCA-Stürmer Edmond Kapllani in Minute 83 von der Münchner Abwehr vergessen wird und plötzlich frei vor dem Tor steht, zeigt Neuer, was er kann. Er macht sich breit und pariert den Schuss mit einer Hand. Wie ein Handball-Torwart. Es bleibt beim 2:1 für Bayern – Neuers erster Dreier, jetzt ist er ein Roter. Herzlich willkommen!
„Jetzt hat er eine Million abbezahlt”
„Wenn er heute Nacht einschläft und nochmal über das Spiel nachdenkt, dann wird er sich freuen, dass er auch mal einen großen Teil zum Sieg beigetragen hat”, sagte Gomez, der seinen 13. Saisontreffer erzielt hatte und lobte: „Man hat in den letzten Wochen gar nicht gesehen, wie gut und wie wichtig er für uns ist.” Stimmt. Denn meist war Neuer nur Zuschauer. Nach dem 3:2 gegen Neapel hatte er auf seiner Facebook-Homepage gepostet: „Gestern hatte ich in der Allianz Arena 45 Minuten lang praktisch einen Logensitz in der Bayernoper.” In Augsburg wurde er endlich richtig gebraucht. „Manuel hat uns mit einer Weltklasse-Aktion den Sieg gerettet”, freute sich Sportdirektor Christian Nerlinger. „Er hat seinen Job gemacht”, meinte Präsident Uli Hoeneß und witzelte: „Jetzt hat er eine Million abbezahlt.” Von der Ablöse, die man im Sommer an den FC Schalke überwies. Fehlen noch etwas mehr als 20 Weltklasse-Paraden, dann sind der Keeper und die Bayern quitt.
Die Bayern in der Einzelkritik:
Nur einer sah die Sache gestern Abend ganz anders: Ex-Nationaltorhüter Jens Lehmann. Über die Neuer-Parade mäkelte er bei „Sky90”: „Die Technik ist fragwürdig. Er geht schnell runter und macht eine stereotype Bewegung – da hat er Glück, dass er ihn noch hält. Besser wäre gewesen, er wäre länger stehen geblieben.” Fragwürdig? Glück?
Neuer, der sich beim Duell vis-à-vis mit einem Stürmer viel von Handball-Torhütern abgeschaut hat, beschrieb seine Rettungstat so: „Das sind Automatismen, die sind zum Teil einstudiert. Der Stürmer ist unter Druck, weil der Verteidiger schon von hinten kommt. Ich habe versucht, lange stehen zu bleiben und erahnen, was der Stürmer macht. Aus seiner Position konnte er nur noch in die eine Ecke schießen.” Der Sekunden-Plan ging auf.
Altstar Lehmann (42) meinte weiter: „Neuer wird in fünf, sechs Jahren wesentlich besser sein als jetzt. Ein junger Torwart kann noch nicht so gut sein. Man versteht das Spiel mit 20 nicht so gut wie mit 30.” Die Weisheit kommt wohl erst mit dem Alter.
Im Netz erntete Lehmann dafür Spott. Tennisprofi Julia Görges twitterte: „Unglaubliche Parade von Neuer und leider kein Respekt von Lehmann. Für mich eine Schande. Absolute Weltklasse ist Neuer. Nur Neid!”