Lahm und Schweinsteiger: Vergoldet!
Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger krönen ihre Karrieren endlich mit einem internationalen Titel. „Die Zeit wäre ihnen beinahe weggelaufen”, sagt Jupp Heynckes. Nun ist der Makel beseitigt.
London - Am Ende saß Bastian Schweinsteiger wieder so da wie ein Jahr zuvor – und doch war alles anders. Während der Henkelpott auf die x-te Ehrenrunde ging, hockte der Vize-Kapitän des FC Bayern mit gespreizten Beinen auf dem Rasen und griff sich nach vorne gebeugt an die Unterschenkel.
Doch anders als nach dem „Finale dahoam” rannten da keine blauen Chelsea-Spieler ekstatisch mit der Trophäe ums Karree. Und Schweinsteigers Miene war jetzt auch nicht versteinert, sondern gelöst, sein Blick nicht leer, eher voller Genugtuung.
„Wir haben immer gesagt: Wenn wir eine goldene Generation sein wollen, müssen wir einen internationalen Titel holen”, sagte Kapitän Philipp Lahm alsbald und meinte:
Er, 29, und Schweinsteiger, 28, trugen bis zum Samstagabend eben immer diesen Makel mit sich rum, zwar viele Meistertitel und DFB-Pokale gewonnen zu haben, aber nie den Champions-League-Pokal oder einen Nationalmannschaftstitel.
„Die Zeit wäre ihnen beinahe weggelaufen”, sagte Trainer Jupp Heynckes über seine Kapitänsgeneration: „Aber diese Weltklasse-Spieler haben nun endlich auch ihren internationalen Titel, ihre Krönung.”
Und damit das Recht, später mal in einem Atemzug mit Beckenbauer/Breitner (70er Jahre) oder Effenberg/Kahn (2000er Jahre) genannt zu werden – eben jenen Führungsdynastien der Bayern, die den Henkelpott zuvor schon nach München holten.
„Sie haben gezeigt, dass der Leitsatz gilt: Du musst einmal mehr aufstehen, als du hingefallen bist. Das macht echte Champions aus”, sagte Sport-Vorstand Matthias Sammer. „Für sie war das unglaublich wichtig.”
Was hatte man Lahm und Schweinsteiger nicht schon alles vorgeworfen; zu wenig Hau-Drauf-Mentalität attestierte man ihnen, zu leise seien sie. Nur Chefchen bei Bayern und in der Nationalmannschaft?
„Hier kommen die Führungsspieler, die keine Führungsspieler sind!”, kündigte Thomas Müller am Samstag lauthals an, als er mit den beiden im Schlepptau die Interviewzone des Wembley-Stadions enterte: „Haben wir nun die Champions League gewonnen, oder nicht?” Schweinsteiger hielt sich hinter ihm an einer Flasche Champagner fest und strahlte.
Ihn hatte die Kritik nach dem verlorenen Finale 2012 und der EM schließlich am härtesten getroffen. „Man fühlt sich anders in so einem Finale”, sagte er. „Es war schwierig heute.” Lahm präzisierte und sprach von einem „enorm hohen Druck”, der zu Spielbeginn wie Blei über dem Bayern-Spiel lag.
Doch da war eben auch dieser Hauch von Schicksal. „2010 waren wir glücklich im Finale, 2012 hätten wir es verdient gehabt. Jetzt wurden wir endlich belohnt”, meinte Lahm. „Vielleicht waren sie einfach an der Reihe”, meinte Bundestrainer Joachim Löw aus dem fernen Miami.
Nächstes Jahr, zur WM, werden beide dann über 100 Länderspiele auf dem Buckel haben (aktuell 98). Folgt dann der WM-Titel, als Krönung der Krönung? „Die Deutschen haben eine Riesensehnsucht danach”, sagt Löw. „Wir werden alles dafür tun – und wir haben die Qualität.”
Vielleicht sitzt Schweinsteiger in einem Jahr in Rio dann ja wieder so auf dem Rasen. Freudestrahlend.