Hoeneß' mutige Forderung: Soli-Zuschlag für die Bayern
MÜNCHEN - Der Bayern-Manager träumt von höheren TV-Gebühren: „Meine große Hoffnung ist, dass die Leute bereit sind, zwei Euro im Monat für Fußball zu bezahlen."
ManU, Chelsea, Barca – und wie Bayerns große Rivalen in der Champions League alle heißen, sie alle kassieren mehr TV-Geld. Viel mehr sogar. Mit schöner Regelmäßigkeit erinnert Karl-Heinz Rummenigge an diese Tatsache. „Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass wir so international keine Chance mehr haben“, sagt Rummenigge dann gerne – und: „So gut kann kein Manager oder Trainer der Welt arbeiten, um diesen Wettbewerbsnachteil zu kompensieren.“ Doch Uli Hoeneß wäre nicht Uli Hoeneß, hätte er keine Vision, daran etwas zu ändern.
Die Idee des Bayern-Managers allerdings ist sehr mutig: Eine Abgabe von jedem Fernseh-Zuschauer, der bereits bezahlt. „Meine große Hoffnung ist, dass die Leute irgendwann bereit sind, zwei Euro im Monat für Fußball zu bezahlen. Das ist nicht mal eine halbe Schachtel Zigaretten oder ein kleines Bier in der Kneipe“, sagt der 57-Jährige in der „Wirtschaftswoche“. Eine Zulage zu den aktuell 17,98 Euro Rundfunkgebühren pro Monat. Der Manager träumt den Traum vom Soli-Zuschlag – für den FC Bayern, für den Profi-Fußball.
Mit diesem pro Person vergleichsweise kleinen Betrag kämen bei rund 37 Millionen angemeldeten Haushalten pro Jahr rund 900 Millionen Euro zusammen. „Ich habe immer noch die Hoffnung, dass jemandem einfällt, wie man Pay-TV in Deutschland profitabel betreiben könnte“, erklärt Hoeneß, „am besten wäre es allerdings, wenn die öffentlich-rechtlichen Sender alle Fußballrechte kaufen und dem Bürger Fußball quasi gratis nach Hause senden würde.“ Dies sei sein Traum, sagt Hoeneß. Und dies wäre wohl das Ende des Pay-TVs (derzeit macht „Premiere“ Jahr um Jahr Verlust).
Würde die Hoeneß-Vision Realität, käme die Bundesliga im TV-Bereich jenen exorbitanten Summen, die beispielsweise in England (1,2 Milliarden Euro) und Italien (1,1 Milliarden Euro) gezahlt werden, sehr nahe. Hoeneß: „Das wäre mal was, das wäre dreimal so viel, wie die erste und die zweite Liga derzeit pro Saison bekommen.“ Nämlich derzeit rund 300 Millionen Euro pro Jahr.
Natürlich kämen die neuen Millionen nicht nur dem FC Bayern zugute, sondern dem Profifußball insgesamt. Doch Hoeneß, der zum Jahresende seinen Job als Bayern-Manager aufgeben will, träumt seinen Soli-Traum weiter: „Stellen Sie sich vor, wir hätten 100 Millionen Euro mehr zur Verfügung“, sagte er, „da würde ich unseren Fans glatt den Champions League-Sieg in Aussicht stellen.“ Derzeit kassiert der FC Bayern rund 50 Millionen Euro an Fernsehgeldern, davon 30 Millionen aus der Bundesliga. Die europäischen Rivalen „erhalten aus der TV-Vermarktung der nationalen Ligen jeweils zwischen 80 und 130 Millionen Euro“ (Hoeneß).
Die sich anschließende Diskussion ist absehbar: Darf die Rückkehr des Henkelpotts an die Säbener Straße mit öffentlich-rechtlichen Euro-Millionen bezahlt werden? Staatsgelder für Fußball-Millionäre? Für einen Verein wie den FC Bayern, der Millionengewinne verbucht? Fakt ist, dass nicht nur Fußball-Fans Gebührenzahler sind. Und mit welcher Begründung sollten andere Sportarten – Basketball, Eishockey oder sogar Wasserball – nicht ebenfalls alimentiert werden? Was ist Allgemeingut – und was nicht?
Hoeneß jedoch ficht das nicht an. Er sagt: „Schauen Sie sich das Fernsehprogramm doch mal in seiner Gänze an und rechnen aus, wie gering der Anteil des Fußballs daran ist und für welche Einschaltquoten er gleichzeitig sorgt. Welche Sendung außer vielleicht ,Wetten dass...’ erreicht denn vergleichbare Zuschauerzahlen wie Fußball?“ Und er gibt zu bedenken: „Ich werde doch auch monatlich abkassiert, obwohl ich nur Nachrichten, Sport und politische Diskussionen anschaue.“
So kann man’s natürlich auch sehen. Schließlich haben ARD und ZDF allein 2007 insgesamt fast 7,3 Milliarden Euro an Gebühren kassiert – und damit unter anderem auch „Feste der Volksmusik“ (ARD) und zahllose Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen (ZDF) produziert.
Jochen Schlosser