Hermann Gerland: Eine Frage des Talents

Hermann Gerland kehrt mit dem FC Bayern zu seinem Ex-Verein Bochum zurück. Guardiolas Co-Trainer formte Schweinsteiger, Lahm, Müller – und kritisiert den Umgang mit dem Nachwuchs.
Rainer Nachtwey |
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Längst ein überzeugter Bayer: Hermann Gerland.
dpa Längst ein überzeugter Bayer: Hermann Gerland.

München - Es ist der letzte Test. Am Freitagabend (18 Uhr, live bei Sport1) tritt der FC Bayern beim VfL Bochum zur Generalprobe für den Rückrundenauftakt gegen Wolfsburg an. „Danach kann man schon sagen, wie es läuft“, sagt Co-Trainer Hermann Gerland. Für den Assistenten von Trainer Pep Guardiola ist die Partie im Ruhrgebiet etwas Besonderes, ist doch der VfL, für den er zwischen 1972 und 1984 204 Bundesligaspiele bestritt und den er von 1986 bis 1988 trainierte, eine Herzensangelegenheit. Daher setzte sich Gerland auch dafür ein, mit einem Freundschaftskick dem finanziell angeschlagenen Zweitligisten zu helfen. Nur eine Rückkehr als Trainer kommt für ihn nicht mehr in Frage. „Warum soll ich wieder in die Tretmühle, Klassenkampf, Klassenerhalt, kein Geld, gute Spieler verkaufen, junge holen – und wenn das nicht aufgeht, bist du der Depp. Das brauche ich nicht mehr“, sagt Gerland.

Bei den Bayern hat der inzwischen 60 Jahre alte gebürtige Bochumer seinen Platz gefunden. „Ich fahre jeden Tag gerne zur Arbeit“, sagt Gerland. Mittlerweile arbeitet er den Cheftrainern zu, erst Louis van Gaal, dann Jupp Heynckes, nun Guardiola. Zuvor formte er aus den vielversprechenden Talenten Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm, Thomas Müller oder Mats Hummels die späteren Weltmeister.

Gerland hat den Blick und das Händchen für Jungspunde, die jetzt Gianluca Gaudino, Mitchell Weiser, Sinan Kurt und in der kommenden Saison Joshua Kimmich heißen. Zuletzt bewies er bei Gaudino sein Auge. Vor fünf Jahren sah er den 18-Jährigen das erste Mal. „Da habe ich gesagt: Der wird Bundesliga-Spieler. Die Leute lächelten und meinten, ich hätte keine Ahnung. Auf einmal feiert der Junge sein Debüt – mit 17 Jahren, und das beim FC Bayern“, sagte Gerland auf der Bayern-Homepage.

Und auch das nächste Talent ist auf bestem Wege, sich bei Bayern durchzusetzen, nachdem es zu Saisonbeginn noch Unkenrufe gab: Mitchell Weiser. Beim Trainingslager in Katar spielte sich Weiser in den Vordergrund. „Ich habe erst kürzlich zu ihm gesagt: Mitch, du hast hier zwei Jahre verschlafen. Aber seit einem halben Jahr gibst du Gas und zeigst, warum der FC Bayern dich als Jugendspieler geholt hat“, sagt Gerland.

Nur einen wird der Weltmeistermacher nicht unter seine Fittiche nehmen können: Das 16 Jahre alte Super-Talent Martin Ödegaard. Der Norweger entschied sich gegen Bayern und für Real Madrid, wurde am Donnerstag bei den „Königlichen“ vorgestellt. Was hält einer wie Gerland von Ödegaard? „Wenn über so einen 16-Jährigen so viel geschrieben wird, muss er ein außergewöhnlicher Spieler sein“, sagt er. Aber in Gerlands Augen hat Ödegaard den falschen Klub gewählt. Nicht wegen ihm, nicht wegen dem FC Bayern an sich. „Ich habe mit dem Jungen kurz gesprochen. Ich habe gesagt: ‘Du musst sehen, dass Du zum besten Trainer kommst. Und der beste Trainer ist für mich bei Bayern München, der ideal, genial mit jungen Spielern umgehen kann.’“

Wobei er die Tendenz der Klubs, immer jüngere Spieler unter Vertrag zu nehmen, auch kritisch sieht: „Es ist immer dann eine gute Entwicklung, wenn der junge Spieler es bei dem Verein schafft. Wenn die Jungs aber aus ihrem Zuhause, aus ihrer Umgebung weggerissen werden, und wenn sie dann nach drei Jahren wieder nach Hause geschickt werden und die Leute sagen: Hier, der hat es wieder nicht geschafft, dann ist das für die Jungs schlimm. Nicht aus all den Transfers werden große Spieler. Viele werden gleich nach kurzer Zeit wieder abgeschoben, verliehen. Ich weiß nicht, ob das gesund ist.“

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