Guardiola vs. Simeone: Ein Kampf der Kulturen

Atlético-Trainer Diego Simeone ist der absolute Gegenentwurf zu Bayerns Guardiola. Er provoziert, er beleidigt, ihm ist jedes Mittel recht. Pep: „Er ist einer der besten Trainer der Welt – und wie ein Fan“.
Patrick Strasser |
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Zwei, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Bayern-Trainer Pep Guardiola (l.) und Atlético-Coach Diego Simeone.
dpa Zwei, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Bayern-Trainer Pep Guardiola (l.) und Atlético-Coach Diego Simeone.

München/Madrid - Pep Guardiola führt 1:0 gegen Diego Simeone. Und das vor dem Anpfiff des Halbfinalhinspiels der Champions League bei Atlético Madrid. Ein Mal standen sich der Bayern-Trainer, damals in Diensten des FC Barcelona, und der Atlético-Coach bisher gegenüber. Im Februar 2012 gewann Barça im „Vicente Calderón“ 2:1.

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Ein Mini-Detail im Duell der 45-Jährigen, beim Showdown des Argentiniers und des Spaniers. „Es wird ein heißer Tanz“, prophezeit der mitgereiste Ex-Präsident Uli Hoeneß, während Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge an ein „50:50-Spiel“ glaubt. „Der Ruhm ist nur für den Sieger, für die Nummer eins, nicht für die Nummer zwei“, erklärte der Bayern-Trainer, der in seinem dritten und letzten Bayern-Jahr endlich den Henkelpott gewinnen, seine Bestimmung erreichen will.

Ein Kampf der Kulturen

 

Zwei Mal war Spanien Endstation im Champions-League-Halbfinale. 2014 gegen Real Madrid, 2015 gegen Barcelona. Erst war es Carlo Ancelotti, letztes Jahr Luis Enrique, nun will Diego Pablo Simeone den Finaleinzug verhindern. Er ist Peps Gegenentwurf. Mehr als das Alter haben sie kaum gemein. Es ist ein Kampf der Kulturen.

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Die Philosophie: Guardiola will den Ball, liebt den Ball. So will er den Gegner dominieren, erdrücken. Ballbesitz, Kontrolle, Dominanz. Zuletzt kamen „deutsche Tugenden“ wie absoluter Kampfeswille (durch den Chilenen Vidal) hinzu und simple Mittel wie Ecke, Kopfball, Tor. Atlético folgt der Ideologie von Simeone bedingungslos. Kampf und Provokation als Stilmittel, überfallartiger Konterfußball als Antwort. Simeone : „Ballbesitz ist ein Märchen, das interessiert mich nicht. Wenn ich Schlamm sehe, werfe ich mich hinein. Arbeit ist alles. Ich glaube, dass Spieler, die gewinnen wollen, eine Mannschaft verbessern.“ Die ekligste Mannschaft Europas nahm so den Stars von Barça im Viertelfinale die Lust am Spiel.

Das Benehmen: Alles, was an der Seitenlinie passiert, ist Mittel zum Zweck. Simeone tobt, brüllt, wütet – gegen alle und alles. Während Pep taktische Nachhilfe an seine Spieler gibt, provoziert der Argentinier den Gegner. Vergangenes Wochenende, bei Atléticos 1:0 über Malaga, flog von der Bank ein zweiter Ball ins Feld, um einen Malaga-Konter zu stören. Ob es Simeone selbst war oder ein von ihm instruierter Balljunge? Ungeklärt. Der Heißblütige wurde auf die Tribüne verbannt, eine Sperre droht.

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Der Stil: Simeone ist stets ganz schwarz gekleidet wie ein Mafia-Pate. Fehlt nur, dass er sich eine Sonnenbrille an der Seitenlinie aufsetzt. Guardiola trägt auch gerne dunkel, meist Weste zum Anzug. Die Hosen auf Hochwasser-Höhe. Was daran liegt, dass er immer die Hände in die Taschen vergräbt. Spitzname: Simeone trägt den Spitznamen „El Cholo“, ein Latino-Slang für Menschen mit indigenen Wurzeln. Für die meisten Argentinier eine Beleidigung, für ihn eine Art Glaubensbekenntnis.

Sein Credo: „Cholismo bedeutet, dass man an den Erfolg glaubt, wie man an seinen Gott glaubt. Und von meinen Spielern erwarte ich, dass sie mir in diesem Glauben folgen. Denn genau darum geht es beim Fußball.“ Und Pep? Spitzname Fehlanzeige. Manche sagen zu seiner Philosophie „Guardiolismus“.

Er über ihn: „Müsste ich zwischen Guardiola und Mourinho wählen, bevorzuge ich Mourinho. Mir gefiel es sehr, wie sein Real gespielt hat“, so Simeone. Pep, wie immer ganz Gentleman, über Simeone: „Ich habe vielleicht zweimal in meinem Leben mit ihm gesprochen. Die Spieler machen genau das, was er will, folgen ohne Zweifel. Er ist vielleicht einer der besten Trainer der Welt. Und wie ein Fan.“ Anerkennend gemeint. Setzt sich der Anarchist durch – oder doch der Ästhet? Patrick Strasser

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